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im Zentrum des ideologischen Diskurses. In der Folge hat dies dazu geführt, in den Marxismus psychoanalytische Interpretationen der Frage einzubringen, wie Individuen in die ideologischen Kategorien der Sprache überhaupt eintreten.) Indem er (z.B. in Ideologie und Ideologische Staatsapparate) an der Funktion der Ideologie für die Reproduktion der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse und (in Elemente der Selbstkritik) an dem metaphorischen Nutzen der Basis-Überbau-Metapher festhielt, versuchte Althusser noch einmal so etwas wie eine letzte Umgruppierung auf dem klassischen marxistischen Terrain.

      Seine erste Revision aber war zu ›funktionalistisch‹. Wenn es die Funktion der Ideologie ist, die kapitalistischen Gesellschaftsverhältnisse gemäß den ›Anforderungen‹ des Systems zu ›reproduzieren‹, wie erklärt man dann subversive Ideen oder ideologischen Kampf? Und die zweite war zu ›orthodox‹. Althusser selbst war es, der die ›Basis/Überbau‹-Metapher so gründlich verschoben hatte. Tatsächlich waren die Türen, die er öffnete, genau die Ausgänge, durch die viele die Problematik der klassischen marxistischen Ideologietheorie insgesamt verließen. Sie gaben nicht nur den spezifischen Ansatz von Marx in der Deutschen Ideologie auf, »herrschende Klasse« und »herrschende Ideen« zu koppeln, sondern auch die Beschäftigung mit der Klassenstrukturierung der Ideologie und deren Rolle für die Herstellung und Aufrechterhaltung von Hegemonie.

      Diskurstheorien und psychoanalytische Theorien, die ursprünglich als theoretische Stützen der kritischen Arbeit der Erneuerung und Weiterentwicklung der Theorie gedacht waren, lieferten stattdessen Kategorien, die solche des früheren Paradigmas ersetzten. Auf diese Weise wurden die wirklichen Schwächen und Lücken in der ›objektiven‹ Intention der marxistischen Theorie bei der Frage der Bewusstseinsmodalitäten und der ›Subjektion‹ der Ideologien, auf die Althussers Verwendung der Ausdrücke »Anrufung« (von Freud entlehnt) und »Positionierung« (von Lacan entlehnt) zielen, selbst zum ausschließlichen Gegenstand der Untersuchung. Das einzige Problem der Ideologie war jetzt, wie ideologische Subjekte durch die psychoanalytischen Prozesse geformt werden. Die theoretischen Verbindungsstränge waren damit gelöst. Dies ist der langsame Niedergang der ›revisionistischen‹ Bearbeitung der Ideologie, der schließlich (bei Foucault) mit der Abschaffung der Kategorie ›Ideologie‹ überhaupt endet. Dennoch bestehen diese hochgeistigen Theoretiker – als wären sie von Marx’ Geist verfolgt, der immer noch in der theoretischen Maschinerie herumspukt – aus ziemlich obskuren Gründen weiterhin darauf, dass ihre Theorien ›wirklich‹ materialistisch, politisch, historisch usw. sind.

      Ich habe diese Geschichte in stark verkürzter Form rekapituliert, da ich nicht beabsichtige, mich im Detail mit ihren Argumenten und Gegenargumenten zu beschäftigen. Stattdessen möchte ich ihren Faden aufgreifen und ihre Stärke und Überzeugungskraft insofern anerkennen, als sie zumindest die klassischen Aussagen über Ideologie substanziell verändert haben. Angesichts dessen möchte ich einige der früheren Marxschen Formulierungen erneut untersuchen und überlegen, ob sie im Lichte der vorgebrachten Kritiken um- und ausgebaut werden können – wozu die meisten guten Theorien imstande sein sollten – ohne dabei einige ihrer wesentlichen Eigenschaften und Einsichten (die man gewöhnlich den ›rationalen Kern‹ nennt) zu verlieren. Grob gesagt: ich mache das, weil ich – wie ich zu zeigen hoffe – in vielem die Stärke der vorgebrachten Kritiken anerkenne. Aber ich bin nicht davon überzeugt, dass sie jede nützliche Einsicht, jeden wesentlichen Ansatzpunkt in einer materialistischen Ideologietheorie aufheben. Wenn, dem modischen Kanon folgend, im Lichte der vernichtend vorgebrachten, klugen und überzeugenden Kritiken, nichts weiter übrigbleibt, als die Arbeit einer fortwährenden ›Dekonstruktion‹, dann ist dieser Essay einer kleinen, bescheidenen ›Rekonstruktion‹ gewidmet – ohne, wie ich hoffe, durch die rituelle Orthodoxie allzu sehr entstellt zu sein.

       3. ›Falsches Bewusstsein‹ oder Pluralität der ökonomischen Diskurse?

      Nehmen wir zum Beispiel das äußerst heikle Gebiet der ›Verzerrungen‹ der Ideologie und die Frage des ›falschen Bewusstseins‹. Nun ist unschwer zu sehen, warum solche Formulierungen Marx’ Kritiker dazu brachte, über ihn herzufallen. Der Ausdruck ›Verzerrungen‹ wirft unmittelbar die Frage auf, weshalb Leute, die ihr Verhältnis zu ihren Existenzbedingungen in den Kategorien einer verzerrten Ideologie leben, nicht erkennen können, dass sie verzerrt ist, während wir es mit unserer überlegenen Weisheit, bewaffnet mit richtig gebildeten Begriffen, können. Sind die ›Verzerrungen‹ einfach Unwahrheiten? Sind es absichtlich geförderte Fälschungen? Wenn ja, durch wen? Funktioniert Ideologie wirklich wie bewusste Klassenpropaganda? Und wenn Ideologie vielmehr Produkt oder Funktion ›der Struktur‹ als einer Gruppe von Verschwörern ist, wie erzeugt dann eine ökonomische Struktur einen im voraus garantierten Set ideologischer Effekte? Offensichtlich sind die Ausdrücke, so wie sie sind, hilflos. Sie lassen sowohl die Massen als auch die Kapitalisten wie erklärte Deppen aussehen. Sie ziehen zudem eine merkwürdige Sichtweise der Bildung alternativer Bewusstseinsformen nach sich. Man muss annehmen, dass diese dann entstehen, wenn den Leuten die Schuppen von den Augen fallen, oder wenn sie, wie aus einem Traum erwacht, das Licht erblicken, das durch die Transparenz der Dinge ummittelbar auf ihre essentielle Wahrheit, deren verborgene strukturelle Prozesse strahlt. Dies ist eine Darstellung der Entwicklung des Arbeiterklassenbewusstseins, die auf dem recht wunderlichen Modell des Heiligen Paulus und der Straße von Damaskus beruht.

      Machen wir selbst eine kleine Ausgrabung. Marx nahm nicht an, dass Hegel deshalb, weil er den Höhepunkt spekulativen bürgerlichen Denkens darstellte und die ›Hegelianer‹ sein Denken vulgarisierten und verhimmelten, kein Denker ist, mit dem man rechnen musste, von dem zu lernen sich lohnte. Noch mehr gilt dies für die klassische Politische Ökonomie, von Smith bis hin zu Ricardo, wobei wiederum die Unterscheidungen zwischen verschiedenen Ebenen einer ideologischen Formation wichtig sind: der klassischen Politischen Ökonomie, die Marx ›wissenschaftlich‹ nannte; der Vulgärökonomie, die mit ›bloßer Apologetik‹ beschäftigt ist; und dem ›Alltagsbewusstsein‹, mit dem die praktischen bürgerlichen Unternehmer ihre Gewinnchancen kalkulieren – orientiert, aber (bis der Thatcherismus aufkam) völlig unbewusst, am Denken von Ricardo oder Adam Smith. Noch aufschlussreicher ist es, wenn Marx betont, dass (a) die klassische Politische Ökonomie tatsächlich ein mächtiges und gehaltvolles wissenschaftliches Werk war, welches (b) nichtsdestoweniger eine wesentliche ideologische Grenze, eine Verzerrung enthielt. Diese Verzerrung hat Marx zufolge nicht unmittelbar etwas zu tun mit Fehlern oder Lücken in der Argumentation, sondern mit einem weitergehenden Verbot. Die verzerrten oder ideologischen Merkmale entsprangen der Tatsache, dass sie die Kategorien der bürgerlichen Politischen Ökonomie, als Grundlage jeder ökonomischen Kalkulation, voraussetzten, da sie es ablehnten, die historische Bedingtheit ihrer Ausgangspunkte und Prämissen zu sehen. Andererseits entsprangen sie der Unterstellung, dass die ökonomische Entwicklung mit der kapitalistischen Produktion nicht bloß ihren bis dahin höchsten Punkt erreicht habe (damit stimmte Marx überein), sondern ihren endgültigen Abschluss und Höhepunkt. Danach konnte es keine neuen Formen ökonomischer Verhältnisse mehr geben. Die Formen und Verhältnisse der kapitalistischen Produktion würden ewig fortbestehen. Genaugenommen waren die Verzerrungen in der bürgerlichen theoretischen Ideologie, in ihrer ›wissenschaftlichen‹ Form, nichtsdestoweniger real und substantiell. Zahlreiche Aspekte ihrer wissenschaftlichen Gültigkeit wurden aber dadurch nicht beseitigt, und sie war daher nicht einfach deshalb falsch, weil sie innerhalb der Grenzen und des Horizonts bürgerlichen Denkens befangen war. Andererseits beschränkten die Verzerrungen ihre wissenschaftliche Gültigkeit, ihre Fähigkeit, über gewisse Punkte hinauszugelangen, ihre eigenen inneren Widersprüche zu lösen, ihre Kraft, außerhalb der Hülle der in ihr widergespiegelten gesellschaftlichen Verhältnisse zu denken.

      Diese Beziehung zwischen Marx und den klassischen Politischen Ökonomen repräsentiert auf weitaus komplexere Weise das Verhältnis von ›Wahrheit‹ und ›Falschheit‹ innerhalb einer so genannten wissenschaftlichen Denkweise, als viele von Marx’ Kritikern angenommen haben. Tatsächlich trugen kritische Theoretiker bei ihrer Suche nach größerer theoretischer Strenge, nach einer absoluten Trennung zwischen ›Wissenschaft‹ und ›Ideologie‹ und einem sauberen epistemologischen Bruch zwischen ›bürgerlichen‹ und ›nichtbürgerlichen‹ Ideen selbst erheblich dazu bei, die Beziehungen zu vereinfachen, die Marx weniger theoretisch ausführte als praktisch