Pierre Dietz

King Artus und das Geheimnis von Avalon


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hoffe, du machst nur Spaß? Hast du Beweise? Denkst du dir das aus, um mich auf den Arm nehmen? Was weiß ich, der Junge aus der Stadt, über die Witze aus der Provinz? Jetzt sei bitte wieder ganz normal!“

      „Bei uns Feen sind deine sogenannten Scherze fundierte Überlieferungen!“

      „Seit wann bist du eine Fee?“

      „Du bist durch Propaganda-Märchen verdorben, die uns Feen und Druiden diffamieren! Erst hat Rom, anschließend die Kirche, schließlich die vorgeblichen Aufklärer die Idee vom Leben mit der Natur diffamiert und uns in den Untergrund gedrängt. Wissen basiert auf den Lehren der Schöpfer. Wir haben die Kenntnisse zum Wohle der Menschen und aller Lebewesen angewandt. Schau nur, was Forscher dem Planeten angetan haben! Waffen und Umweltzerstörungen.“

      „Ihr habt versäumt“, provoziert Marcel, „selbst Waschmittel und Fahrzeuge zu entwickeln. In diesem Fall wäre euer Ansehen in der Bevölkerung deutlich besser!“

      Der Kellner bringt die frisch aufgebrühten Taschenkrebse, die der Koch fachgerecht geöffnet hat.

      „Falls Sie einen Nussknacker oder Ähnliches benötigen, winken Sie mich kurz herbei.“

      „Das geht schon!“, lächelt Louane die Bedienung an und führt ihre Ausführungen fort. „Die Allmächtigen haben uns solche Entwicklungen nicht erlaubt! Ihrer Aussaat und Schöpfung hat niemand Schaden zuzufügen. Nicht mehr lange und die Umwelt ist dank deiner Wissenschaftler, Waschmitteln und Autos dem Untergang geweiht! Bald ist die Erde wieder wüst und leer. So, wie die Götter unsere Erde vorgefunden haben.“

      „Und die Fee, die mir gegenübersitzt, eine alte stinkende Karre fährt, und die Wissenschaft verurteilt, rettet die Welt vor der Apokalypse?“

      „Von mir aus. Laufe jetzt gerne auf der Stelle zurück nach Hause in dein von miefenden Vehikeln und Reinigungsmitteln verseuchtes Paris!“

      „Tut mir leid, das mit der ausgedienten Möhre ist mir so raus gerutscht!“

      Die Tante schaut hinaus auf den ehemaligen See. Die Ebbe hat eingesetzt und die Furt zur Insel zeichnet sich deutlich ab. In der Strömung zwischen den Buhnen üben Paddler den Umgang mit den Kräften der Natur.

      „Ich fahre den Schrotthaufen, bis dieser auseinanderfällt, um dem größten Übel, der Profitgier, entgegenzutreten. So ein Auto führe fünfzig Jahre und mehr. Wenn Konzerne Interesse am Naturschutz hätten, wären alle Teile in Modulen verbaut, die eine Werkstatt bei Defekt oder technischer Weiterentwicklung bequem austauscht.“

      „Das ist ein Denkfehler! Wie baust du in einen Oldtimer nachträglich Airbags, Sicherheitsgurte, Kassettenrekorder, elektrische Fensterheber oder leistungsfähigere Motoren ein?“

      „Das ist gar nicht nötig! Früher sind die Menschen mit dem zufrieden gewesen, was der Einzelne besessen hat. Neid ist in den Dorfgemeinschaften verpönt gewesen und ist in extrem harten Fällen bestraft worden.“

      „Wie viele sind ums Leben gekommen, weil die alten Fahrzeuge unzureichende Sicherheitsvorrichtungen gehabt haben? Aber um erneut auf die Artussage zurückzukommen: Woher weißt du so genau, was damals geschehen ist? Aufgrund der vagen Hinweise aus der Gralsgeschichte ist die Forschung nicht von der Authentizität der Überlieferungen überzeugt.

      Die Orte lassen sich nicht finden und die Geschichte ist vermutlich nur ein Idealbild des Mittelalters gewesen.“

      Louane schüttelt unablässig den Kopf. Begreift der Junge nichts?

      „Weil die Wissenschaft in England, Irland oder Skandinavien und nicht in der Bretagne nach den Fakten sucht! In den Köpfen der Bevölkerung ist weit mehr überliefert als in allen Büchern der Welt!“

      „Von wem ist das Zitat? Einstein? Wallenstein? Freiherr von Stein?“

      „Von Merlin persönlich, der gewusst hat, wie manipulierbar geschriebene Worte sind!“

      „Soviel ich weiß, sind von ihm keine Aufzeichnungen vorhanden!“

      „Wir kennen jedes Wort von unserem göttlichen Meister! Diese sind bis heute mündlich weitergegeben.“

      „Ach! Merlin ist göttergleich gewesen?“

      „Sein Vater ist der Teufel und die Mutter eine Gläubige.“

      „Meinst du den drei Meter aufragenden Darth-Vader-Verschnitt, dem ich in Paris begegnet bin?“

      Marcel schaut in weit aufgerissenen Augen.

      „Jetzt überraschst du mich!“

      „Vor dem Louvre ist bei Nacht so eine Art Ufo gelandet und der Gigant ist ausgestiegen.“

      „Wenn der Herr der Finsternis dich bemerkt hat, bist du in großer Gefahr! Der hohe Herr hasst Zeugen, die nicht zu den Auserwählten zählen.“

      „Du glaubst mir?“

      „Warum nicht? Nur weil die Geschichte für normale Charakteren unglaubwürdig klingt?“

      „Da sind Uniformierte mit Glatzen und kleinen Ohren aufgetaucht.“

      „Das sind die Nachkommen seiner Brut! Nimm dich vor denen höllisch in Acht! Ich habe bei anderer Gelegenheit von der heimlichen Armee gehört.“

      Der Junge runzelt die Stirn. Bringt die Tante die Zeiten nicht arg durcheinander?

      „Was haben Menschen von heute mit der Spätantike zu schaffen?“

      „Die Götter versuchen seit Anbeginn der Menschheit, uns für ihre territorialen Machenschaften zu missbrauchen. In jener Zeit sind die Franken die »Kleinohren« gewesen. Für den Diabolus existiert die Zeit nicht! Ich warne dich vor den Häschern!“

      „Einer ist mir bis in den Zug gefolgt. Ich bin ihm nur knapp entkommen!“

      „Ich habe mich über dein vorzeitiges Aussteigen gewundert. Jetzt ist mir so einiges klar. Große Vorsicht ist geboten! Am besten rufst du die Eltern aus einer Telefonzelle an. Und nur, wenn wir unterwegs sind.“

      „Übertreibst du nicht ein bisschen?“

      „Alle Telefongespräche laufen über Paris durch die Telecom-Zentrale unter den Tuilerien. Dort bist du leicht zu lokalisieren.“

      „Das ist technisch unmöglich! Alle Gespräche zu belauschen, erfordert eine Unmenge an Personal.“

      „Der Teufel verfügt über Techniken, die du dir in deiner kühnsten Fantasie nicht auszudenken vermagst. Und selbst im Traum reicht Vorstellungskraft nicht aus, um sich den Umfang auszumalen. Ich habe eine Freundin, die in »Comper am See« wohnt. Was hältst du davon, wenn wir die Nachfahrin der Viviane besuchen?“

      „Ich kenne die Frau nicht!“

      „Und weiter? Sie ist liebenswert und äußerst mitteilsam. Ihre Geschichten sind unbezahlbar.“

      Marcels Laune sinkt auf den Tiefstpunkt.

      „Ist dieser Tag nicht anstrengend genug für mich verlaufen? Ich sehne mich nach dem Meer.“

      „Du verbringst sechs Wochen am Meer. Da fällt eine Übernachtung auf dem Lande nicht ins Gewicht. Der geschichtsträchtige Ort ist nur ein paar Kilometer entfernt. »Garçon«! Hat das Lokal ein öffentliches Telefon?“

      „Neben den Toiletten, Madame.“

      „Ich bin kurz weg.“

      „Louane!“

      „Keine Widerrede!“

      Der Junge hofft, die Telefonverbindung kommt nicht zustande. Der Kellner tischt das Salzlamm auf.

      „Die Dame möge sich beeilen. Das schmeckt kalt nicht besonders lecker und ist warm gestellt schnell zäh.“

      „Danke! Meine Tante ist nur kurz weg.“

      „Nehmen Sie zum Hauptgang einen Rotwein oder lieber einen Cidre?“

      „Ein Apfelwein passt zur