Wolfgang Machreich

360° um die Welt


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      Tuvalu ist ein Ring im Pazifik.

      Für kommende Generationen versucht Tuvalus Regierung den Status von Umweltflüchtlingen durchzusetzen. Neuseeland hat bereits Klimaflüchtlinge aus Tuvalu aufgenommen. Australien hat abgelehnt – und verweigert den Beitritt zum Kyoto-Klimaschutzprotokoll. Tuvalu kontert mit der Drohung, die am meisten Kohlendioxid ausstoßenden Länder und Unternehmen vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu zerren – Australien und die USA zuerst.

      Mit Nachbar Japan ist Tuvalu hingegen sehr gut gestellt. So gut, dass es für die Wale schlecht ist. Noch nicht lange ist Tuvalu Mitglied der Internationalen Walfangkommission – den Mitgliedsbeitrag zahlt Japan, heißt es, und legt noch ein bisschen drauf. Dafür gibt es zusätzliche Unterstützung für die Waljäger.

      Dabei ist Tuvalu schon lange nicht mehr das arme Nichts im Nirgendwo. Zu asphaltierter Hauptstraße und Straßenbeleuchtung hat die Landesvorwahl 688 verholfen, die Tuvalu weltweit an Telefonsex-Anbieter vermietete. Richtig reich wird der viertkleinste Staat der Welt aber mit seinem Internet-Kürzel „tv“, für das Fernsehsender Millionen hinlegen. Da lässt es sich auf der Insel wieder leicht moralisch sein: „Wir brauchen keine Sex-Anrufe mehr. Das Geschäft schadet unserem Ruf als Christen“, erklärte der Premier. Gleichzeitig schaut man sich nach weiteren Einnahmen um. Die Regierung möchte nationalen Raum im Orbit beantragen. Das brächte Geld von Satellitenbetreibern. Und wenn die Wasser fluten, die Hölle wartet (siehe Zitat oben) ist es in jedem Fall auch gut – man hat sich einen Platz am Himmel reserviert.

       Berühmt, berüchtigt, beneidet für:

      Fidschi gehört zu den zwölf besten Rugby-Nationen der Welt.

Fläche: 18.376 Quadratkilometer, ein wenig kleiner als Slowenien
Einwohner: 884.887, die Hälfte von Slowenien

      Versöhnung unter Palmen

      Fidschi sind wunderbare Inseln mit wundervollen Menschen, die leider abwechselnd von Wirbelstürmen oder Staatsstreichen heimgesucht werden. Statistisch fegen in zehn Jahren zehn bis zwölf Wirbelstürme über die rund 320 Inseln, von denen 110 bewohnt sind. Noch öfter kommen nur Hollywoodstars auf der Suche nach einem luxuriösen Urlaubsdomizil vorbei. Unbeeindruckt von beidem putscht regelmäßig das Militär.

      Der Grund für die politischen Spannungen liegt im Dauerkonflikt zwischen den melanesischen Ureinwohnern und der indischen Bevölkerung Fidschis, deren Vorfahren Ende des 19. Jahrhunderts von den britischen Kolonialherren als Arbeiter für die Zuckerrohrplantagen hergebracht wurden. Aus den Feldarbeitern wurden erfolgreiche Geschäftsleute und heute kontrollieren ihre Nachfahren große Teile der Wirtschaft – zum Ärger der Melanesier, die ein wenig mehr als die Hälfte der Bevölkerung stellen. Nachdem der Hass immer wieder in Gewalt umgeschlagen ist, sind viele Indo-Fidschianer ausgewandert. Diejenigen, die geblieben sind, warten darauf, dass jede Reihe einmal ein Ende hat und die Statistik sich in Zukunft irrt.

      Menschenjagd auf den Fidschi-Inseln – die rituelle Entschuldigung dafür fand 2003 statt.

      Fidschi-Team beim Rugby World Cup 2011

      Dabei ist Versöhnung auf Fidschi durchaus möglich – es dauert eventuell nur ein wenig länger: 1867 wagte es der englische Pfarrer Thomas Baker, die Haare des Dorfhäuptlings von Nabutautau zu berühren und damit ein unverzeihliches Tabu zu brechen. Daraufhin wurden der Missionar und acht seiner Anhänger mit Streitäxten erschlagen und feierlich verspeist. Bereits 136 Jahre später – Kinder, wie die Zeit vergeht! – haben sich die Bewohner des Dorfes im November 2003 bei Bakers Nachkommen für die Tat entschuldigt. Zugegeben nicht ganz freiwillig: „Wir glauben, dass wir Opfer eines schlechten Schicksals sind“, sagte der Dorfvorsteher: „Wir müssen um Vergebung für das bitten, was passiert ist, erst dann werden wir wieder rein sein.“ Der Bakers-Verspeisung folgender Fluch soll mehrere Sippen des Dorfes habe aussterben und das Dorf in Armut, ohne richtige Straßen, fließendes Wasser und einer Schule bleiben lassen. Nur die rituelle Entschuldigung konnte da einen Entwicklungsschub auslösen.

      „Wir haben alles von ihm gegessen, außer seinen Stiefeln“, schrieb übrigens ein Zeuge des kannibalischen Mahls. Was mit dem zweiten Schuh passierte, ist unklar, ein Stiefel von Baker kann aber bis heute im Museum der Fidschi-Inseln bestaunt werden. Und noch ein Relikt aus diesen Zeiten hat Mode und Geschmäcker überdauert: Ein uraltes Hausrezept auf Basis von Südseefrüchten, mit dem die Insulaner einst Menschenfleisch haltbar machten, wurde vom Südpazifischen Institut für angewandte Wissenschaft in Suva neu entdeckt und findet heute zur Konservierung von Lebensmitteln neue Verwendung. Das gibt Zuversicht, denn es ist einer der sehr seltenen Beweise dafür, dass Menschen doch etwas aus der Geschichte lernen können.

       Berühmt, berüchtigt, beneidet für:

      Taumatawhakatangihangakoauauotamateaturipukakapikimaungahoronukupokaiwhenuakitanatahu heißt in der Maori-Sprache ein 305 Meter hoher Hügel in der südlichen Hawke‘s Bay. Das ist mit

      85 Buchstaben der zweitlängste Ortsnamen der Welt. Länger ist mit 168 Buchstaben nur die offizielle Bezeichnung von Bangkok.

Fläche: 269.652 Quadratkilometer, doppelt so groß wie Griechenland
Einwohner: 4.793.700, weniger als die Hälfte von Griechenland

      Kiwis für Kiwis

      Neuseeland ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen und vielen Tieren – teilweise zu vielen Tieren. Zum Beispiel Kühen. Seit einigen Jahren hat sich das Verhältnis umgedreht, gibt es mehr Milchvieh als Menschen. Kein anderes Land exportiert so viele Milchprodukte. Die Folgen für die Umwelt sind dramatisch: Fast die Hälfte der Treibhausgasemissionen kommen in Neuseeland aus der Landwirtschaft – weltweit sind es zehn bis zwölf Prozent. Auch die Stickstoffbelastung für die Böden und der Algenwuchs in Gewässern ist weit über der Norm. 2017 waren sieben von zehn untersuchten Flüssen nicht zum Baden geeignet, drei Viertel der Süßwasserfische sind bedroht.

      Doch die wirtschaftlichen Zwänge sind groß. Die Wissenschaft soll Auswege liefern, Rinder und Schafe mit weniger Methan-Ausstoß züchten. Ein Agrarforscher plädierte für eine sanitäre Lösung: Die Kühe trainieren, damit sie ihre Kuhfladen in eigenen Klosetts entsorgen.

      Der zweitlängste Ortsname der Welt

      Ausrottung bis 2050 lautet das Ziel bei Ratte, Wiesel und Opossum. Diese eingeschleppten Arten bedrohen den Nationalvogel Kiwi und andere heimische Arten. An den Kragen geht es auch den Wildkaninchen, die für Millionenschäden in der Landwirtschaft verantwortlich gemacht werden. Um sie war es in Neuseeland noch nie besonders gut bestellt. Mark Twain notierte 1895 bei einer Reise: „Der Mann, der das Kaninchen nach Neuseeland brachte, wurde gepriesen und festlich bewirtet. Heute würde man ihn an den Strick hängen, wenn man ihn in die Hand bekäme.“ Seither wurde alles Mögliche versucht, um der Plage Herr zu werden: Fallen, Hunde, Gas,