Gisela Schäfer

Unerklärliche Geschichten


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Als sie hineintrat, fand dort gerade eine Trauerfeier statt. Sie beschrieb mir den Pfarrer, den sie im Traum dort gesehen hatte, als einen kleinen Mann mit schwarzen Haaren und ganz kleinen Locken. Des Weiteren berichtete sie, dass ihre Nachbarin an diesem Morgen bei ihr geklingelt und erzählt habe, dass in dieser Nacht ihr geliebter Mann gestorben sei. Ein paar Tage später begleitete sie diese Nachbarin zu der Beerdigung. Es war die gleiche Kapelle aus dem Traum (meine Omi war nie zuvor auf diesem Friedhof gewesen!); es gab ein scheußliches Unwetter, und der Himmel war schwarz, und – der Pfarrer war exakt der Mann aus ihrer Beschreibung.

      Ein paar Jahre später lag meine Mutter (ihre Tochter) im Krankenhaus. Eines Nachts träumte Oma wieder, sie gehe über einen Friedhof. Wiederum durchschritt sie die Grabreihen, als sie plötzlich ein frisches Grab mit ganz vielen Blumenkränzen entdeckte. Sie bückte sich nach einer vom Wind umgewehten Kranzschleife. Als sie diese herumdrehte, las sie die Aufschrift: Ein letzter Gruß von Deiner Mutti … In genau diesem Moment wurde sie wach, weil mein Vater anrief, um ihr mitzuteilen, dass meine Mutter soeben verstorben sei …

      Jahrelang machte mich meine Omi fast verrückt mit einem immer wiederkehrenden Traum, dessen Bedeutung wir nicht verstanden. Sie erzählte dabei von unzähligen Türen und ganz vielen Lichtern, die aufblinkten. Sieben Jahre lang träumte sie in regelmäßigen Abständen davon, und immer wieder rätselten wir, was es damit auf sich haben könnte. Dann kam sie selbst eines Tages ins Krankenhaus mit der Diagnose Darmkrebs. Eine Operation sollte stattfinden. Am Vorabend gab man ihr ein Beruhigungsmittel und am nächsten Morgen ein noch stärkeres Mittel und bereitete sie auf die geplante OP vor. Danach kam die Krankenschwester und brachte meine Omi zum Operationssaal, während sie schon fast schlief. Plötzlich wurde sie wach, und die Schwester berichtete ihr, es hätte ein schwerer Verkehrsunfall stattgefunden und ein Notfall sei soeben in selbigen OP-Saal gebracht worden, man müsse ihre Operation leider verschieben. Stark, wie meine Omi immer war, sagte sie lediglich: „Na ja, da kann man nichts machen. Ach Gott, der arme Mann da drin …“ Als sie dann mitsamt ihrem Bett zurück in ihr Zimmer geschoben wurde, blickte sie im Liegen an die Decke. Und sie sah die Lichter von den Leuchtstofflampen an der Decke, die über ihrem Kopf davonzogen. Sie drehte den Kopf zur Seite und sah … Türen. Eine Krankenzimmertür nach der anderen zog an ihr vorbei, während sie noch völlig benebelt lächelte, weil sie endlich ihren Traum verstand. Sie hat die nachfolgende Operation gut überstanden und den Krebs sogar im hohen Alter besiegt.

      Einmal, als sie noch ein junges Mädchen war, lebte sie in einem Pensionat. Dort gab es einen Gasherd, der eines Tages plötzlich explodierte. Überall schossen Flammen empor, und die Mädchen fürchteten sich sehr. Meine Omi war dann schließlich diejenige, die den Mut hatte, mit einem Schürhaken die Gaszufuhr abzudrehen. Seitdem hatte sie eine Heidenangst davor, dass sie zu Hause einmal vergessen könnte, den Herd abzuschalten, und einschlafen würde. Je älter sie wurde, umso mehr dachte sie daran, weil sie ja auch alleine in ihrer Wohnung lebte. Wir telefonierten häufig miteinander, und vier Tage vor ihrem 91. Geburtstag rief sie mich an. Wir erzählten wie üblich über Gott und die Welt. Dann meinte sie plötzlich, dass wir uns nie gestritten hätten, und ich sagte: „Nein, warum auch?“ Sie sagte weiter: „Ja, auch mit deiner Schwester nicht!“ Ich stimmte wieder zu und meinte, dass wir sie ja auch sehr, sehr lieb hätten. Plötzlich ertönte ihre sprechende Uhr (sie konnte sehr schlecht sehen): „Es ist zwölf Uhr.“ Da meinte sie: „Ui, schon zwölfe! Dann mache ich mir jetzt was zu essen. Heute koche ich mir Spargel mit Kartöffelchen und Schinken!“ Es sollte das letzte Mal sein, dass ich ihre Stimme hörte. Sie ging in die Küche, setzte das Essen auf und fiel einfach um. Nach Angaben der Notärztin war sie sofort tot, denn sie hatte noch nicht einmal den Notrufknopf gedrückt, der ihr um den Hals hing. Es war ein gnädiger Tod, und ich war heilfroh, so kurz zuvor mit ihr gesprochen zu haben. So wusste ich, dass es ihr richtig gut ging und sie sehr fröhlich an diesem Tage war. Das Denkwürdige an dieser Geschichte ist allerdings, dass genau das eingetreten war, wovor sie immer Angst gehabt hatte. Eine Nachbarin fand sie erst am frühen Abend, während die Herdplatte immer noch an war. Und nichts ist passiert! Es sieht so aus, dass sich, während sie starb, das Karma ihres Angsttraumas einfach auflöste …

      Ich bin überzeugt davon, dass sie mir kurz nach ihrem Tod einen kleinen Gruß schickte. Ich hatte Wasser zum Abkochen aufgesetzt und während dessen staubgesaugt. Plötzlich ging aus unerklärlichen (?) Gründen der Staubsauger einfach aus, und ich hörte, wie das Wasser wütend überkochte. Ich rannte in die Küche und stellte die Flamme kleiner, während schon alles nass war. Als ich die Küche wieder trocken hatte, ging auf einmal der Staubsauger wieder an … Manchmal spinnen hier immer noch die Elektrogeräte, auch ein Jahr danach, und ich lache dann und sage: „Oma, lass das!“ In diesem Jahr, als meine Schwester mit mir meinen Geburtstag feierte und wir über Omi sprachen, fielen plötzlich ein paar Stücke Kuchen um. Meine Schwester sagte: „Ja, Oma, nimm dir ein Stück, das passt schon!“ Und wir lachten.

      Irgendwann einmal hat Omi mir versprochen, nach ihrem Tode bei mir zu spuken. Ich sagte: „Au ja, aber du darfst mir keine Angst machen!“ Sie antwortete: „Nein, mein Kind. Ich spuke nur lustig!“ Und genau das tut sie … So weiß ich, dass sie immer noch da ist, irgendwo, und auf mich wartet. Ist das nicht wunder-voll?

       Nie reißt es ab, der Liebe Band,

       zerschneiden kann’s auch nicht der Tod.

       Zwar steht dazwischen eine Wand,

       doch sitzt man noch im selben Boot.

       Gisela Schäfer

      *Die Schreibweise mit Bindestrich ist kein Versehen. Sie kommt genauso im Vorgänger-Band „Wunder-volle Erfahrungen“ vor und weist auf die ursprüngliche Bedeutung des Wortes hin: voller Wunder.

      Es war ein Samstag im Mai 2005. Ich hatte meinem Mann versprochen, ihn beim Einkaufen zu begleiten, und so verschwand ich nach dem Frühstück noch schnell im Schlafzimmer, um mich fertig zu machen. Als ich wieder in die Küche kam, wurde mir plötzlich ganz komisch zumute, ohne dass ich wirklich erklären konnte, was mit mir los war. Es dauerte nur einen ganz kurzen Moment, dann war es wieder vorbei. Ich wischte mir über die Augen und sagte zu Fritz: „Das war jetzt ein seltsames Gefühl!“

      „Nur keine Ausflüchte!“, antwortete er grinsend „Heute kommst du mit!“

      „Na sicher komme ich mit, ich hab’s dir ja versprochen“, bestätigte ich und räumte noch schnell die leeren Tassen in den Geschirrspüler.

      Wieder zurück vom Einkauf, trugen wir gemeinsam die Taschen in die Wohnung und stellten sie in der Küche ab. Plötzlich erfasste mich Schwindel, und ich konnte mich im letzten Moment noch an der Sessellehne festhalten und mich setzen.

      Mein Mann sah mich an und fragte besorgt: „Was ist denn mit dir?“

      Ich antwortete ihm: „So ähnlich war es schon in der Früh. Ich glaube, ich lege mich besser hin, mir ist nicht gut. Außerdem fühle ich mich richtig schlapp.“

      Da ich beim Gehen leicht schwankte, begleitete mich mein Mann ins Schlafzimmer und wartete an der Tür, bis ich lag. Irgendwann am Nachmittag wachte ich auf, weil ich zur Toilette musste, aber ich fühlte mich so elend, dass ich Fritz rief und ihn bat, mir zu helfen.

      „So wie du aussiehst, wirst du wahrscheinlich krank“, meinte er nur und brachte mich nach dem Toilettengang wieder ins Bett.

      Ich muss sofort eingeschlafen sein und weiß auch nicht, wie lange ich geschlafen habe, als ich von jemandem geweckt wurde, der viel zu laut redete, mir über Kopf und Stirn strich und mir anschließend etwas unter den Arm schob. Ich wollte weiterschlafen, war es doch so angenehm wohlig warm und wunderschön hell. Ich schwebte in einer Art Tunnel, der erfüllt war von gleißendem Licht, das gegen den Tunnelausgang strömte und mich magisch anzog.

      Erneut redete die Stimme auf mich ein, aber ich war zu weit weg, um zu verstehen, was gesagt wurde. Langsam drang die mir bekannte Stimme ans Ohr, aber das Gesicht konnte ich nicht erkennen. Wozu auch, ich war zu müde, um mich anzustrengen,