Renate Sültz

Spannende Kurzgeschichten für unterwegs


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die Stimmung aufzulockern, spendierte Kitty einen Schnaps. Der eine schluckte ihn, der andere nicht. Der sagte nur: „Ich muss einen klaren Kopf behalten. Wie heißt denn euer Sheriff?“

      „McAllister, Sheriff Lee McAllister.“

      „Schick deine Bedienung zu ihm, denn er ist in dreißig Minuten tot.“

      Kitty tat es und versteckte einen Zettel in Jennys Hand, auf dem stand: Lee, sei vorsichtig, es sind zwei Kerle, die dich umbringen wollen.

      Der Sheriff blieb ganz ruhig und sagte: „Hat man denn nie seine Ruhe? Warum muss denn das sein?“

      Seine Frau rannte herbei. Sie wusste schon, was jetzt kommen würde. „Nein, tu es nicht, Lee! Du bist nicht mehr schnell genug, ich habe Angst!“

      „Ich bringe sie nur zur Vernunft. Pack schon mal unsere Sachen zusammen. Wenn das hier vorbei ist, gehen wir in den Süden und fangen neu an.“

      Der neue Revolver war noch nicht eingeschossen. Lee lud ihn trotzdem. Acht Schuss plus vier extra.

      Einer der Revolverhelden kam auf die Straße und der andere war verschwunden. Der Sheriff verließ sein Büro und wollte mit dem Mann reden. Der rief nur: „Zieh endlich, du Feigling, gleich bist du tot!“

      Lee beobachtete die Augen des Mannes. Er konnte genau abschätzen, wann der andere zog. Der Abstand zwischen den Männern war noch sehr groß. Der Revolverheld zog.

      Der Sheriff verschoss alle acht Kugeln. Der Revolverheld brach zusammen und stand nicht wieder auf.

      Zwei weitere Revolverhelden kamen mit gezogenen Eisen aus der Seitengasse. Sie wussten, dass die Trommel des Sheriffs leer war. Doch der Sheriff gab, ohne zu zögern, vier weitere Schüsse ab und vernichtete die Angreifer. Seine Erfindung hatte ihm das Leben gerettet.

      Er kaufte sich und seiner Frau eine Farm, unten im Süden, und sie lebten dort glücklich mit ihren Söhnen.

      Nun erntete er Gemüse, hauptsächlich Bohnen. Mit den blauen Bohnen wollte er nichts mehr zu tun haben. Den Revolver begrub er auf der Farm, irgendwo im Wilden Westen.

      DAS HAUS AM SEE

      Niemand wohnte in dem Holzhaus unten am See. Es stand bereits seit Jahren leer. Man konnte es nur mit dem Boot erreichen, doch alle Leute aus der Umgebung mieden es. In der Nacht spielten sich in diesem Haus unheimliche Dinge ab. Punkt Mitternacht war es plötzlich hell erleuchtet und es hörte sich an, als weinte eine Frau.

      Eines Tages kam ein junger Mann ins Bürgeramt der Stadt. Sein Name war Klaus Brückner. Er erkundigte sich nach dem Haus unten am See. Gern hätte er es erworben. Angeln war sein Hobby und dies schien ein geeigneter Ort zu sein.

      Die Dame vom Amt sagte ihm, dass dieses Haus zuletzt einem Bauern aus der Umgebung gehört habe, jetzt aber zum Kauf angeboten werde. Sie meinte, dass es dort unheimlich sei.

      Klaus Brückner tat alles nur als Gerede ab.

      „Na ja, Sie müssen wissen, was Sie tun. Sie können es sofort haben, wenn Sie wollen. Wir sind froh, wenn es verkauft ist.“

      Klaus Brückner angelte für sein Leben gern, da kam ihm dieses Haus wie gerufen.

      Am ersten Abend warf er seine Angel aus, befestigte die Rute am Bootssteg und ging zurück ins Haus. Er vernahm ein leises Wimmern, tat jedoch, als hätte er nichts gehört.

      Am darauffolgenden Abend geschah das Gleiche, nur eindringlicher und lauter. Es kam ihm vor, als wäre das Gejammer direkt neben ihm, und er glaubte, er wäre verrückt geworden.

      Ein paar Tage vergingen, bis er wieder Zeit fand, seinem Hobby nachzugehen. Auf dem Weg zum Haus traf Brückner ein paar Leute aus der Umgebung. Eine Frau fragte, ob er der neue Besitzer sei, und meinte, dass es am See doch gewaltig spuke. Sie schaute ihn noch von der Seite an und verschwand.

      Klaus Brückner wurde nachdenklich. Sollte dieses nächtliche Gejammer etwas damit zu tun haben? Was war hier los?

      Doch am Abend machte er sich gut gelaunt auf den Weg. Wie immer legte er die Angel aus und betrat das Haus. Hier herrschte eine unheimliche Stille.

      Plötzlich stand eine junge Frau vor ihm. Blutverschmiert und mit Seetang behangen. Ihm wurde schwindlig vor Angst.

      „Du musst es klären, ich wurde ermordet! Er läuft noch frei herum, er muss bestraft werden, sonst kann ich keine Ruhe finden“, erklärte sie.

      Brückner bekam Angst, versprach ihr aber zu helfen.

      Am Tag darauf fuhr er zum Rathaus und hier konnten sie ihm tatsächlich helfen. Er erfuhr, dass vor Jahren ein Bauer aus der Umgebung mit dem Namen Holger Westermann dieses Haus besessen hatte und gleichzeitig eine junge Frau verschwunden war. Kurz danach hatte er das Haus verkauft. Zeitgleich war das Mädchen als vermisst gemeldet und gesucht worden. Ermittlungen waren angestellt worden. Aber eine Verbindung zwischen dem Verschwinden des Mädchens und H. Westermann schien nicht zu bestehen!

      Brückner bedankte sich für die Information. Er hatte eine Vermutung, er hatte ein Gefühl, er hatte Gänsehaut, ja, er hatte eine schlimme Befürchtung. Er setzte alles auf eine Karte, pokerte jetzt hoch, denn er hatte doch versprochen zu helfen. Sein Vorhaben war riskant und gefährlich. Aber er musste handeln. Also fuhr er sofort zu diesem Westermann.

      Er klopfte erst an, pochte, schlug dann gegen die Tür und schrie: „Mach die Tür auf, du Mörder!“

      Westermann hielt die Tür zu. Er konnte aber nicht gegen den gewaltigen Druck von Brückner ankommen. Mit ganzer Kraft drückte der die Tür auf!

      „Ich habe dieses Haus am See gekauft, was war da los? Sie sind in jener Nacht beobachtet worden! Man hat Schreie gehört!“

      Ein Wort ergab das andere. Es wurde heftig geschrien und gestritten. Holger Westermann knickte ein. Er gestand, sie geschlagen zu haben. Er gestand, sie gefesselt zu haben. Er gestand, dass er sie verhungern ließ und zum Schluss in den See geworfen hat.

      Brückner konnte nicht glauben, was er hörte. Es lief ihm eiskalt über den Rücken. Er rief die Polizei. Der Mörder wurde verhaftet! Endlich hatten die Leute ihre Ruhe. Und auch die Seele der armen Frau fand Ruhe.

      Brückner verkaufte das Haus trotzdem wieder – nach dem, was dort geschehen war –, obwohl sich nun alles aufhellte, das Haus und der See in einem ganz anderen Licht zu sehen waren und der Spuk ein Ende fand.

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