Eva Gerth

Die Suche nach den gestohlenen Ponys


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den Pferden richtig gut. Siehst du, sie haben großen Spaß im Wasser“, antwortet Nicole. Beide Ponys schütteln freudig ihren Kopf und wiehern glücklich.

      Nach dem kurzen Sprint ins Wasser, traben sie nun gemütlich weiter am Ufer des kleinen Sees entlang.

      Die Sonne steht schon recht senkrecht, als sich alle fünf auf den Heimweg zum Reiterhof machen.

      „Mein Magen fängt schon an zu knurren“, meint Nicole, die sich insgeheim etwas ärgert, ihren Müsliriegel vergessen zu haben.

      „Ja, ich könnte jetzt ein ganzes Schwein vertragen“, meint Helene, als ein leichtes Knurren zu hören ist.

      „Ups, muss wohl mein Magen sein“, bemerkt Nicole verlegen. „Ich hoffe Mama hat ein ordentliches Mittagessen gemacht.“

      Die beiden Mädchen genießen die Sonne auf ihrem Rückweg zum Stall und ahnen noch nicht, was sie auf dem Reiterhof erwarten wird.

      DAS WARTEN

      Gideon sitzt nun schon gefühlt den halben Tag auf dem großen Stein vor den Stallboxen. Seinen Ökobeutel1 mit den Badesachen hat er neben sich platziert. Vor lauter Langeweile schmeißt er kleine Steinchen in den Sand.

      „Sind sie immer noch nicht da?“, fragt Antje, als sie in der Ferne Hufgeklapper und Lachen hört.

      „Na endlich. Wird ja auch mal Zeit, dass Nicole kommt. Schließlich waren wir heute Morgen verabredet“, brummt Gideon.

      Als Helene und Nicole den Ponyhof erreichen, sagt Nicole: „Ach du jemine, ich habe Gideon ganz vergessen.“

      „Gideon? Wer ist denn das?“, fragt Helene neugierig.

      „Das ist mein Freund“, schwärmt Nicole und winkt dem wartenden Gideon zu. „Sieht er nicht umwerfend aus?“

      „Ja“, kann Helene nur antworten, denn es hat ihr die Sprache verschlagen. Im Stillen denkt sie sich, dass Gideon wirklich super aussieht. In seiner verwaschenen Jeans und dem T-Shirt, welches seinen dunklen Teint noch mehr betont. Seine grün-grauen Augen leuchten im Sonnenlicht, sodass er blinzeln muss. Und auch das sieht einfach süß aus.

      Kaum haben sie ihre Pferde zum Stehen gebracht, flattert Zacharias mit einem lauten Kikeriki von Blackys Kopf in Richtung Hühnerstall. Währenddessen springt Nicole von Horsti ab und läuft zu Gideon, um ihm einen dicken Kuss auf die Wange zu geben.

      „Hallo Gideon, ich hoffe, du hast nicht zu lange gewartet. Es tut mir leid, aber wir haben komplett die Zeit vergessen. Sei bitte nicht sauer.“

      Man sieht es Nicole richtig an, wie sehr es ihr Leid tut, aber der Vormittag mit Helene hat ihr viel Spaß gemacht. Sie ist schon lange nicht mehr mit einer Freundin ausgeritten. Erst jetzt ist ihr klar geworden, wie sie es vermisst hat.

      „Schon okay“, antwortet Gideon und sieht Helene dabei in die Augen. ‚Ich habe noch nie so blau leuchtende Augen gesehen‘, denkt er sich im Stillen. Dann wendet er sich an Nicole und fragt sie: „Wen hast du denn da mitgebracht?“

      „Das ist Helene. Sie wohnt für ein paar Wochen bei uns in der Ferienwohnung, denn ihr Haus ist, während sie mit ihrer Familie im Urlaub war, abgesoffen.“

      „Wie geht denn das?“

      „Na ja“, fängt jetzt Helene, die inzwischen auch von ihrem Pony abgestiegen ist, an zu erzählen, „ein Wasserrohrbruch.“ Dabei wird ihr bewusst, dass sich ihr Gesicht ganz heiß anfühlt. ‚Hoffentlich laufe ich nicht rot an‘, denkt sie.

      „Ich verstehe“, antwortet Gideon.

      „Nach so einem Vormittag müsst ihr doch einen Bärenhunger haben“, unterbricht Antje das Gespräch der drei.

      „Klar“, rufen Nicole und Helene wie aus einem Mund.

      „Also dann, lasst uns reingehen. In der Küche steht ein Riesentopf Spaghetti auf dem Herd und natürlich könnt ihr zwei auch gerne mitessen“, wendet sich Antje an Gideon und Helene. „Und Helene, von deinen Eltern soll ich dir ausrichten, dass sie erst heute Abend wiederkommen. Sie sind bei euch zu Hause und versuchen zu retten, was noch zu retten ist. Die Handwerker haben wohl mehr zu tun, als sie anfangs gedacht haben.“

      „Ist ja nicht schlimm, dann bleibt Helene einfach bei uns“, meint Nicole und legt dabei ihren Arm um Helenes Schulter.

      „Okay, super. Ich habe nämlich auch verdammt großen Hunger und Spaghetti hören sich richtig gut an.“ Sie strahlt Nicole an und meint zu ihr gewandt: „Übrigens, der Ausritt war richtig super. Das können wir gerne noch mal wiederholen, wenn du möchtest.“

      „Klar, ich fand es auch klasse. Von mir aus jeder Zeit.“

      „So, jetzt aber ab zu den Spaghetti, sonst stehen wir noch Ostern hier“, meint Antje.

      „Wir bringen noch schnell die Ponys in die Boxen, dann kommen wir nach“, sagt Nicole. Worauf die beiden Mädchen mit ihren Ponys und Gideon im Schlepptau sich in Richtung Stall aufmachen.

      Keine zehn Minuten später sind die drei auf den Weg in die Küche, um ihren Hunger zu stillen.

      Die Küche der Familie Schulze-Becker ist so, wie man sich eine Bauernküche vorstellt. Sie ist geräumig und hat große Fenster zum Hof hin, sodass man einen schönen Blick auf den Pferdestall und die Wiesen hat. Die große Essecke, an deren Tisch mindestens zehn Leute Platz haben, strahlt mit den Kerzen und Kissen eine schöne Gemütlichkeit aus. Der Herd, auf dem gerade die Spaghetti kochen, steht in der Mitte des Raumes. An den Wänden stehen schön restaurierte alte Küchenschränke. Und auf der Anrichte befinden sich verschiedene getrocknete Kräuter aus dem eigenen Garten, die Antje zum Würzen verwendet.

      Als die vier mit großem Appetit ihre Nudeln essen, kommt Nicoles Vater herein: „Mhm, hier riecht es aber gut.“

      „Du kommst gerade rechtzeitig. Noch ist etwas von den Nudeln übrig.“ Antje lächelt ihrem Mann zu und zeigt auf Nicole, Helene und Gideon, die gierig die Spaghetti in ihre Münder schaufeln.

      „Da bin ich aber froh.“ Julius grinst und setzt sich mit an den Tisch.

      „Ja, Herr Schulze-Becker, es schmeckt wirklich ausgezeichnet“, bemerkt Gideon mit vollem Mund. Was sich gleich rächt, denn es ist ihm dabei eine Nudel aus dem Mund geflutscht. Peinlich berührt wendet er sich wieder seinem Teller zu. Während alle nun stillschweigend ihre Spaghetti essen, klingelt plötzlich das Telefon.

      Erschrocken über das laute Schrillen blicken alle von ihren Tellern auf, so nach dem Motto, wer stört uns bei dem leckeren Essen. Als sich niemand rührt, seufzt Antje und meint: „Dann gehe ich mal zum Telefon.“ Nach einem kurzen beschämten Blick wenden sich alle anderen wieder ihrem Essen zu.

      Nach ein paar Minuten kommt Antje aus dem Wohnzimmer zurück. „Das war Ede. Er ist noch zwei Wochen krankgeschrieben. Seine Sommergrippe scheint wohl doch etwas hartnäckiger zu sein, als er gedacht hat.“

      Ede heißt eigentlich Eduard Kleinstall, aber alle nennen ihn nur Ede. Seit über zehn Jahren arbeitet er jetzt schon bei den Schulze-Beckers. Er ist sechzig Jahre alt und schon in Rente. Da er noch topfit ist, ärgert es ihn besonders, dass sich seine weiß-grauen Haare langsam verabschieden. Ihm macht die Arbeit auf dem Reiterhof Spaß, vor allem wenn die Ferienkinder wieder da sind. Dann ist endlich wieder Action angesagt und so kann er seine kleine Rente auch etwas aufbessern. Nicht weit vom Ponyhof entfernt hat er eine kleine Doppelhaushälfte. Ede gilt sozusagen als das Mädchen für alles und ist die gute Seele des Reiterhofes.

      „Gerade jetzt, wo wir so viel zu tun haben und heute Nachmittag die ersten Ferienkinder zum Reitunterricht kommen“, entgegnet Julius sichtlich genervt.

      „Ach, wir schaffen das schon irgendwie. Notfalls muss Martin mit Hand anlegen und die Ställe ausmisten“, meint Antje und legt ihre Hand beruhigend auf Julius Schulter.

      Martin Meier ist der Reitlehrer für die kleinsten Kinder hier auf dem Reiterhof. Martin gibt den Unterricht allerdings nur während der Ferien, denn er studiert seit