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Ankunft in Nordamerika bestürzt über das kulturelle Chaos und den Mangel an wirksamer medizinischer Praxis. Er betrachtete den Mesmerismus als natürliche Erweiterung einer nützlichen Phrenologie und sprach diese Verbindung auch an. Als sein Enthusiasmus und die Anwendungsbereiche des Mesmerismus zunahmen, änderte er seine Vorträge jedoch und wurde nun ein sehr bekannter und viel umherreisender Förderer des Mesmerismus. Collyer ist damit ein gutes Beispiel dafür, wie Vortragende zum Thema Magnetismus schnell den Vorteil des bereits etablierten Netzwerks nutzten, in welchem der Mesmerismus die Phrenologie in den Hintergrund drängte.212

      1842 ‚entdeckten’ mehrere Phrenologen zur gleichen Zeit den ‚Phrenomagnetismus’ und Collyer galt als einer seiner bekannteren Entdecker. 1842 publizierte er The Mesmeric Magazine und noch im selben Jahr begannen er und andere damit, bestimmte Bereiche des menschlichen Kopfes zu stimulieren, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Für eine gewisse Zeit wurden die Begriffe ‚Mesmerismus’ und ‚Phrenologie’ nahezu synonym gebraucht. Gleichwohl wurde der Phrenomagnetismus durch den an Mesmer orientierten Ansatz verdunkelt. Die Nordamerikaner interessierten sich mehr für Mesmers Heilungsansatz durch Magnetismus als für die Phrenologie. So mutierten viele Phrenologen zu Vortragenden über magnetisches Heilen. Der aktive mentale Zustand der Magnetisierten wurde als dynamischer und stärker veränderungsfähig wahrgenommen als derjenige, der auf der Psychologie der Phrenologen beruhte. In den späten 1840ern hatte der Magnetismus die Phrenologie an Popularität überholt, wobei die Mesmeristen und die magnetischen Heiler entlang der früheren Pfade der Phrenologie erblühten. Über den Mesmerismus wurde in den vormals phrenologischen Zeitschriften und der entsprechenden Literatur geschrieben. Magnetische Heiler waren damit überall im Land präsent.213

      Der Mesmerismus wurde nicht zuletzt deshalb in Nordamerika integriert, weil er als auf Erfahrung beruhendes Verbindungsglied zwischen Körper und Geist fungierte. Die Nordamerikaner waren in dieser Zeit durch eine religiöse Revitalisierung gegangen, die viel von jenem Enthusiasmus in sich trug, welcher die Bewegungen des 19. Jahrhunderts allgemein begleitet hatte, und sie glaubten, dass der Mesmerismus den ganzen Menschen behandle. Auch wenn der Mesmerismus keine Religion verkörperte, gingen einige doch davon aus, dass er einen religiösen Aspekt besitze, und sie waren der festen Überzeugung, er unterstütze swedenborgianische Ideen. Aber obgleich manche swedenborgianische Vorstellungen innerhalb dieser Bewegung durch Zeitschriften wie The Magnet verbreitet wurden, wurde der Mesmerismus niemals wirklich swedenborgianisch. Er schien einige Individuen in intensive Erfahrungssituationen und zu einer stärkeren inneren Harmonie mit unsichtbaren Kräften zu bringen. Zudem umfasste er eine Verbindung von bisher unerforschten Bereichen und Fähigkeiten des Mentalen sowie deren Einfluss auf den Körper. Wie auch immer man zu seinen fluidalen Erklärungsmodellen stand, der Magnetismus schien eine Art Einströmen zwischen Geist und Körper zu implizieren, was eine neue Wissenschaft vom Geist nahelegte. Man glaubte, im Trancezustand könnten Körper und Seele sich mittels einer magnetischen Flüssigkeit wechselseitig beeinflussen. Man meinte außerdem, die hypnotisierte Person befinde sich in diesem Zustand in einem harmonischeren und friedlicheren Kontakt mit einer geistigen Kraft214.

      Einige Vertreter des institutionellen Swedenborgianismus betrachteten den Mesmerismus als Beweis für Swedenborgs Ausführungen über Körper, Mentales und Geist. Sie sahen in den mesmerischen Phänomenen den Nachweis für Swedenborgs Paradigma des Menschen als duale Geist-Körper-Natur sowie für die Existenz einer parallelen geistigen Wirklichkeitsebene, die mit dieser materiellen Welt koexistiere. Andere institutionelle Swedenborgianer standen dem Mesmerismus hingegen skeptisch gegenüber oder verhielten sich ihm gegenüber indifferent. Die mesmerische Bewegung entzündete großes Interesse im Swedenborgianismus aller Spielarten, in der institutionellen Neue Kirche ebenso wie bei nicht-separatistischen, kirchlichen gebundenen und bei kirchenfernen Swedenborgianern. Die Hellsichtigkeit wurde zu einer neuen Wissenschaft, zur ‚wahren Philosophie’ des Zeitalters, worin ‚das Geistige’ einen Bereich von Ursachen bildete – und die ‚Welten der Materie und des Verstandes’ vereint wären. Ende der 1840 er ließ sich ein plötzlicher Anstieg im allgemeinen Interesse am Swedenborgianismus beobachten, oft aufgrund seiner Verbindung mit dem populären Mesmerismus und dem magnetischen Heilen. Fowler & Wells halfen dabei, Material zu diesen Themen im Land zu verbreiten.215

      Die 1840 er und frühen 1850 er wurden von einer enormen Popularität des Mesmerismus begleitet, der sich wie bereits erwähnt über viele Wege verbreitete, die von der Phrenologie bereits erschlossen worden waren. Dies korrelierte mit einem zunehmenden Interesse an swedenborgianischen Überlegungen, das sich wiederum durch die Neugier am Mesmerismus verstärkte. Viele Menschen schrieben dem Mesmerismus die Wiedereinführung swedenborgianischer Ideen zu und umgekehrt diente die Kosmologie Swedenborgs als eine Erklärung für die Phänomene des Mesmerismus. Obgleich sie anfänglich verschiedene Bewegungen bildeten, so koinzidierten sie doch im Nordamerika jener Zeit. Ein wichtiger Vertreter dieser Verschmelzung von Mesmerismus und Swedenborgianismus war Professor George Bush. Das Zusammenspiel von Mesmerismus und Swedenborgianismus bereitete zudem die Bühne für Andrew Jackson Davis, den wichtigsten Philosophen der nächsten bedeutenden Bewegung: des Spiritismus. Dies soll aber erst im Anschluss an einen Überblick über die swedenborgianischen Impulse der 1840 er und 1850 er erörtert werden.

      In den 1840ern lies sich ein Anstieg des Interesses der Nordamerikaner an Swedenborg beobachten, wie es ihn zuvor nicht gegeben hatte und seither auch nicht mehr geben sollte. Obgleich die Ideen Swedenborgs seit über 50 Jahren in der Neuen Welt präsent waren, schien es in jener Zeit eine kritische Masse zu geben, die von verschiedenen Auslösern entzündet wurde, letztlich zu flammender Begeisterung führte und sich rasch über Neuengland und den Rest des Landes ausbreitete. Im Nordosten des Landes, insbesondere im westlichen Teil des Bundesstaates New Yorks, hatte es verschiedene Wellen enthusiastischer und Erweckungsbewegungen gegeben, die diesem Bereich des Bundesstaates seinen Spitznamen gaben: ‚Burned-over District’.29* Die swedenborgianische Welle schwappte im Kielwasser der Phrenologie und in Verbindung mit dem Mesmerismus über New York und den Nordosten. Umgekehrt sollte diese swedenborgianische Welle ihrerseits eine weitere Bewegung befeuern: den Spiritismus.216

      Der Mesmerismus half dabei, ein populäres Interesse an der Erforschung von Körper, Mentalem und Geist zu wecken. Zu dieser Zeit gab es kein dominierendes Paradigma, welches die neuen psychischen Phänomene des Mesmerismus erklärte. Viele Suchende fanden plötzlich Antworten in den Anschauungen Swedenborgs. Viele Unitarier, Universalisten, Quäker und andere aus den fortschrittlichen Traditionen studierten den animalischen Magnetismus und gingen davon aus, dass er auf höhere Sachverhalte verweise. Sie betrachteten die mesmerischen Phänomene als Zeichen einer neuen Wissenschaft des Geistes. Die Welten der Materie und des Mentalen würden sich verbinden, wobei der Geist als Ursache und die Natur als Wirkung fungierten. Es schien, als sei „[…] der Mesmerismus in dieser Zeit als Ausdruck einer Bestätigung der Botschaft Swedenborgs entwickelt worden.” Das Interesse an Swedenborg stieg innerhalb der universalistischen, unitarischen und der Kirchen der Quäker während der 1840 er stark an.217 Obgleich sich der Mesmerismus also nicht unmittelbar auf den Swedenborgianismus bezog, half er dabei, eine swedenborgianische ‚Mode’ ins Leben zu rufen. So entwickelten sich die Anschauungen Swedenborgs in den 1840ern zu einer enthusiastischen Bewegung, „[…] so greifbar und bedeutungsschwer wie jene der Adventisten oder der frühen Erweckungsbewegung.”218 Der Historiker Whitney Cross beschrieb den swedenborgianischen Impuls folgendermaßen:

      „Der Swedenborgianismus drang tiefer in die Herzen der Menschen als jene Reformbewegung, die ihm den Weg bereitete, denn es handelte sich um eine Religion. Die Bibel und die Erwecker hatten die Menschen hungrig nach etwas gemacht, das mehr als soziale Versöhnung bedeutete. Swedenborgs Angebot eines neuen Himmels und einer neuen Erde traf dieses Bedürfnis optimal […] Die wissenschaftlich orientierten Menschen waren entzückt, denn er war primär ein Mann der Wissenschaft und schien das Universum auf eine wissenschaftliche Ordnung zurückzuführen. Die Mystiker waren entzückt, denn er führte sie kühn ein in die Mysterien der Intuition und einer unsichtbaren Welt. Die Unitarier mochten ihn, weil er, während er erklärte, Christus sei ‚Jehovah’ selbst, die orthodoxen Ideen der Gottessohnschaft und der Tripersonalität ablehnte. […] Sogar die Ungläubigen mochten ihn,