Soldaten bei den Paraden und Triumphmärschen in der Stadt Rom keine Rüstung tragen durften. Im Schmuck ihrer Waffen traten die Soldaten allerdings bei ihrem Soldempfang an, wo sie nicht nur ihre militärischen Auszeichnungen trugen, sondern auch ihre besten Kleider und Rüstungen (Abb. 6, 9). Diese Ausrüstung ist uns durch das „Prätorianer-Relief“ im Louvre (Abb. 32) bestens bekannt. Die Soldaten tragen einen Helm mit Federbusch, ein großes, gewölbtes Ovalscutum, Tunika, gladius, Brustpanzer, calceus equestes und ein cingulum militare. Im Hintergrund sind die Spitzen der pila zu erkennen.
Abb. 6: Prätorianer beim jährlichen Aufmarsch in Rom (Natale di Roma) (siehe auch www.cohors-praetoria.eu).
Der „kleine Dienstanzug“ (Abb. 7)
Dieser Dienstanzug ist uns sowohl von dem berühmten Cancelleria-Relief als auch vom Marmorsockel aus Puteoli bekannt. Er besteht aus der Tunika, der paenula oder dem sagum, dem cingulum mit pugio, dem gladius, dem großen gewölbten Ovalscutum und dem pilum mit zusätzlichem Gewicht. Das sagum als Mantel für die Garde bezeugt uns Cassius Dio 78, 13, 5 für die Zeit des Marcus Aurelius sowie die Abbildungen auf der Traianssäule. Im Gegensatz zur „Paradeuniform“ werden hier kein Helm oder Körperpanzer getragen. (Abb. 7)
Abb. 7: Prätorianer der Gruppe Cohors I. Praetoria im „kleinen Dienstanzug“.
Die Kampfausrüstung (Abb. 8)
Diese Ausrüstung, der procinctus, ist auf den großen Reliefplatten des Konstantinbogens, der Traians- und Marc Aurel-Säule dargestellt. Der Ausdruck „esse in procinctu“ bedeutet, „im Kampfanzug gekleidet“ zu sein. Die Prätorianer trugen dazu einen Helm, der sehr archaisch erscheint und u. a. durch einen Skorpion oder einen Donnerkeil mit Blitzen auf den Wangenklappen und großen Federn gekennzeichnet ist. Die Reliefplatten des Konstantinbogens bestehen aus vier großen Ausschnitten, die aus traianischer Zeit stammen und ursprünglich zusammengehörten. Wahrscheinlich waren sie Teil des Traiansforums. Sie werden als der große traianische Fries bezeichnet. Auf diesen Reliefs werden die Reiter der Prätorianer im Schuppenpanzer und im Kettenhemd dargestellt. Auch die Helme der berittenen Garde sind durch den Skorpion auf den Wangenklappen gekennzeichnet. Auf dem Helm ist eine Helmzier aus Federn und einem kreisrundem Gebilde befestigt. Der normale Prätorianer wird auf dem Traianischen Fries mit der lorica segmentata, Rechteckscutum und caligae abgebildet. Die Cornicen und Tubicen tragen Schuppenpanzer. Die Ausrüstung entspricht also genau der der Legionäre. Wenn schon der gemeine Soldat seine Ausrüstung aufwertete, indem er sie u. a. mit Silber ausschmückte, so kann man davon ausgehen, dass die Prätorianer, aufgrund ihres höheren Soldes, dem in Nichts nachstanden.
Abb. 8: Prätorianer der Gruppe Cohors I. Praetoria im procinctus (Kampfausrüstung).
Es gibt zudem eine schriftliche Quelle, die über das Aussehen der Prätorianer zur Zeit des Macrinus (Kaiser von 217 – 218 n. Chr.) aussagt:
„Dort errang er (Macrinus), dank der Entschlossenheit der Prätorianer einen Sieg – er hatte ihnen nämlich ihre Schuppenpanzer und röhrenförmigen umgreifenden Schilde genommen und sie auf diese Art für die Kämpfe erleichtert, …“
(Cassius Dio, Buch 79).
Die Ausrüstung muss wohl so hinderlich gewesen sein, dass er, entgegen jeder üblichen Praxis, die Prätorianer von dieser befreite.
Besondere Merkmale der Uniformen (Abb. 9,10)
Es gibt allerdings noch weitere Merkmale der Uniform, anhand derer wir die Prätorianer von anderen Soldaten unterscheiden können: Abzeichen, Signa und Tierfelle.
Abzeichen
Dass es Abzeichen zur Unterscheidung an den Uniformen gab, wissen wir, aber wir kennen diese insignia nicht. Tacitus schreibt in den Historien I 38:
„Dann ließ er das Zeughaus öffnen; sofort rissen alle die Waffen an sich, ohne militärische Zucht und Ordnung, sodass sich ein Prätorianer oder ein Legionär durch seine Abzeichen unterschieden hätte. Im Durcheinander bewaffneten sie sich mit Helmen und Schilden der Hilfstruppen …“
Dies bedeutet, dass die Helme und die Schilde der Prätorianer anders ausgesehen haben müssen als die der gemeinen Legionäre und Auxiliare. Die in Rom lagernden Truppen mussten ihre Waffen im Zeughaus (armamentarium) des Prätorianerlagers abliefern.
Abb. 9: Prätorianer der Gruppe Cohors I. Praetoria im vollen Ornat.
Im Allgemeinen geht man davon aus, dass der Skorpion das Abzeichen der Prätorianer war. In der Tat tritt dieses Abzeichen sehr oft in Verbindung mit Soldaten auf, die in der Nähe des Kaisers zu sehen sind. Ein deutlicher Hinweis befindet sich auf dem Grabstein des Marcus Pompeius Asper (Abb. 12). Dort ist in der Standarte der III. Prätorianerkohorte ein Abbild eines Skorpions angebracht. Skorpione tauchen auch auf einem Fries aus Puteoli auf, der Soldaten zeigt, die rechts und links auf ihrem Schild einen Skorpion aufgemalt haben. Auch auf dem großen Traianischen Fries treten Soldaten auf, die auf ihren Wangenklappen einen Skorpion angebracht haben. Weshalb gerade der Skorpion das Zeichen der Prätorianer war, ist nicht ganz zweifelsfrei zu erklären. Vielleicht wurde dieses Zeichen aus Dankbarkeit der Prätorianer gegenüber dem Kaiser Tiberius übernommen: Denn er hatte den Prätorianern ihr eigenes, festes Lager errichten lassen und war im Zeichen des Skorpions geboren. Es treten aber auch andere Zeichen in Verbindung mit den Prätorianern auf: Stern und Halbmond. Prätorianergrabsteine des 3. Jhs. n. Chr. tragen stets diese Zeichen (Abb. 55). Schon Caligula verlieh den Prätorianern für die Überquerung des Rheins und den anschließenden Scheinangriff eine Krone mit Sternen und Mond. Auch auf dem berühmten Cancelleria-Relief (Abb. 18) sind die Schilde mit diesen Zeichen versehen. Es ist gut möglich, dass diese unterschiedlichen Zeichen nebeneinander existierten und vielleicht als Erkennungszeichen der einzelnen Kohorten dienten.
Abb. 10: Beschlagplatte aus Buntmetall mit in Silber eingelegter Inschrift des Prätorianers C. Iulius Gratus, Cohors V. Praetoria (Fundort unbekannt, Privatbesitz). Aufnahme: Andreas Pangerl, www.romancoins.info.
Signa und Tierfelle
Feldzeichen, die signa, sind z. B. auf dem Grabrelief des Pompeius Asper dargestellt (Abb. 11,