Herbert Seibold

Mordgelüste in der Schlossklinik Buchenhain


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ihm überraschend, dass Muniel im Moment, nachdem sein Kopf klar geworden sei, eher sanfter wirke und das Schroffe und Überhebliche nicht mehr wahrnehmbar sei. Auch sei er mit der Aussicht auf Reha mehr als einverstanden. Er lasse sich auf alles ein, um wieder gesund und leistungsfähig zu werden. Das ließ hoffen! Die genaue neuropsychologische Testung werde, so Professor Pfeifferlich, einen genaueren Einblick in das Arbeitsgedächtnis, die Informationsverarbeitung und das Denkvermögen geben, sodass auch die berufliche Situation und Perspektiven klarer würden. Auch solle eine spezifischere mentale Aktivierung möglich sein, sodass auch das Wiedererkennen des Täters nicht ganz unrealistisch sei.

      Auch Frau Muniel freute sich, dass die rastlose Ungeduld und Aggression ihres Gatten momentan verschwunden war. Er perseverierte nur, indem er immer wieder fragte: „Liebling, sag mir: Habe ich einen Schlaganfall erlitten?“

      Amalie streichelte seine Hand, nickte nur optimistisch und sagte: „Alles wird wieder gut.“

      Professor Pfeifferlich hatte ihr beim Eintreffen Mut gemacht. Der hatte ihrem Mann zuvor fünfmal den Sachverhalt zu erklären versucht. Schließlich sagte er nur noch: „Das wird schon wieder.“

      Herr Muniel schüttelte nur den Kopf, weil er sich an nichts Konkretes erinnern konnte, außer daran, dass er am Vortag in einer Vorstandssitzung gewesen sei und zu Hause mit seiner Frau Wein getrunken habe. Die genaue zeitliche Zuordnung machte ihm wohl große Probleme. Ein klassischer Fadenriss!

      „Da ist noch viel zu tun, um das Hirnprogramm wiederherzustellen“, murmelte der Intensivpfleger, der ein Computerfreak war.

      Amalie hatte ihrem Mann gleich bei ihrer Ankunft einen schmatzenden Kuss gegeben. Sie glaubte, sie könne die Liebe mit dem Wiederbelebten gleich mit beleben oder die Leute der Klinik, die bislang von einer schlechten Ehe gemunkelt hatten, vom Gegenteil zu überzeugen. Es blieben Zweifel.

      „Wird es wirklich wieder gut?“, fragte sie alle möglichen Leute auf der Station.

      Der Chefarzt tröstete sie: „Die Hoffnung stirbt zuletzt, Frau Muniel. Wir sind eher optimistisch. Er hat ja einen Überschuss an Hirnzellen und Nervenverbindungen – auch Synapsen genannt – mitgebracht, was wir auch am Hirnvolumen im CT sahen, und er ist noch jung, sodass er auf ein paar untergegangene Zellen getrost verzichten kann.“

      „Sie sind so gut“, hauchte Amalie Muniel sichtlich gerührt.

      Der gab sich bescheiden: „Jetzt kommt es auch auf Sie an, die Genesung zu unterstützen.“

      Hauptkommissar Moser und Kommissarin Gerngross waren noch einmal auf der Intensivstation aufgetaucht und begrüßten die Ehefrau. Sie wollten sie ebenfalls befragen und gegen Abend ihr Haus aufsuchen.

      „Frau Muniel, wir haben noch einige Fragen. Fühlen Sie sich schon dazu imstande? Außerdem müssten wir Sicherheitsmaßnahmen für Sie und Ihren Mann besprechen.“

      Frau Muniel bedankte sich und versprach, einen Rotwein bereitzustellen. „Oder trinken die Herrschaften lieber einen trockenen Weißwein?“

      „Wir sind im Dienst, aber vielleicht wäre ein Gläschen Rotwein gar nicht so schlecht, um etwas herunterzufahren und einen klaren Kopf zu bekommen.“

      „Sie haben uns ja alle so geholfen. Ich will alles tun, dass dieser Mordanschlag aufgeklärt wird“, flüsterte die Ehefrau.

      „Ist schon gut, Frau Muniel, bedanken Sie sich vor allem bei den Ärzten, besonders beim Oberarzt von Risseck, der Ihren Mann gefunden hat. Ich glaube, er würde einen guten Tropfen auch zu schätzen wissen“, empfahl ihr Joe Moser.

      „Gute Idee. Herr von Risseck ist ja so sympathisch und eine echte Führungskraft, wie mein Mann, als er noch mit mir sprach, immer betont hatte“, flüsterte sie sichtlich gerührt.

      „Hat Ihr Mann zu Hause von Sorgen und Problemen oder Ängsten gesprochen?“

      „Leider in den letzten Monaten nur sehr selten, er war so gestresst, kam spät nach Hause, schlecht gelaunt und aggressiv, als hätte er vor einem Burn-out gestanden.“

      „Wurde er erpresst?“, warf Gertrude Gerngross ein.

      Frau Muniel schaute sie nur verwirrt an.

      „Wir sehen uns ja dann um neunzehn Uhr?“, unterbrach der Hauptkommissar die Unterhaltung und lächelte seine Kollegin an. Beim Weggehen ahnte er zumindest die Logik der möglichen Abläufe der Tat und des Motivs. Er dachte an einen Zusammenhang zwischen kalter verletzender Distanziertheit Muniels und Hass und Wut von Seiten des Täters.

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