mich dort einzugewöhnen. In der Schule fand ich einfach keine Einsatzmöglichkeiten für meine Kreativität.
Ich träumte in dieser Zeit immer wieder, dass ich suchend durch die Flure der Schule irrte und alle Türen verschlossen waren. Nach drei Jahren wechselte ich meinen Beruf.
Schlimmer empfand ich noch, dass mein Mann sich gerade an seiner neuen Arbeitsstelle einarbeitete und wenig Zeit für unser Privatleben hatte. Nach der Trennung von meinem ersten Mann hatte ich lange allein gelebt. Ich war kein Kind von Traurigkeit und konnte mich nicht über einen Mangel an Männerbekanntschaften beklagen, aber ich hatte einfach nicht den Richtigen gefunden. Meinen Mann hatte ich durch einen Glücksfall kennen gelernt und die Beziehung war perfekt. Als mein Mann für seine neue Stelle so viel arbeitete, kamen bei mir alte Verletzungen an die Oberfläche. Ich reagierte in alten Mustern, fühlte mich vernachlässigt und nicht ausreichend gewürdigt. Instinktiv wusste ich aber, dass es nichts nützen würde, noch einmal wegzurennen und mein Glück woanders zu suchen. Mein Mann, nach dem ich so lange gesucht hatte, war der Richtige. Ich musste mich meinen persönlichen Traumata und einschränkenden Glaubenssätzen stellen.
Es gab noch eine Baustelle in meinem Leben, die ich auch lieber verdrängen wollte. Ich hatte eine sehr glückliche Kindheit in einem Pfarrhaus mit vielen Geschwistern erlebt. Seit ich nun selbst ein Kind hatte, konnte ich besonders schätzen, was meine Eltern und insbesondere meine Mutter für uns getan hatten. Ich fühlte mich wohl im Kreis meiner Verwandten und liebte meine Familie, die mich immer großzügig unterstützt hatte. Allerdings grassierte auf der mütterlichen Seite meiner Familie chronische Alkoholsucht mit allen typischen Begleiterscheinungen von Verzweiflung, Hilflosigkeit, Streit, Co-Alkoholismus und enttäuschten Hoffnungen. Ich quälte mich mit Sorgen um meine Verwandten, aber das Schlimmste war, dass ich, wenn ich mich unglücklich und einsam fühlte, einen unwiderstehlichen Drang verspürte, zur Flasche zu greifen.
Dabei reagierte ich äußerst empfindlich auf Alkohol. Wir fuhren regelmäßig zum Familienurlaub in die Niederlande und freuten uns, dort andere Gäste, die wir schon kannten, wiederzusehen. Weil Ferien waren, war ich nicht besonders vorsichtig mit dem Rotwein. Ich brauchte höchstens zwei Gläser, damit ich mich am nächsten Morgen an nichts mehr erinnerte. Mein Mann erzählte mir dann, dass ich einen anderen Mann aus der Clique massiv angebaggert hätte, und mir war das furchtbar peinlich. Die anderen verloren kein Wort über diesen Zwischenfall. Aber ich hatte das Gefühl, mir selbst fremd zu werden, denn den Mann, den ich angemacht hatte, mochte ich nicht einmal. Mir war nur aufgefallen, dass er von seiner Frau permanent schlecht gemacht und untergebuttert wurde. Also hatte ich mir instinktiv doch den Richtigen ausgesucht, denn er schien anschließend das Kinn sichtlich höher zu tragen. Mein Mann war enttäuscht von mir und hatte nur klare Worte zu meinen Entgleisungen übrig. Er fand es ganz einfach unerträglich.
Einige Tage später passierte ein tragischer Unfall in der Nähe unseres Hotels. Die Kinder konnten dort unter Aufsicht im Wald reiten und ein Mädchen stürzte vom Pferd und wurde schwer verletzt. Der Unfall hing wie eine dunkle Wolke über uns. In dieser Nacht trank ich wieder ein Glas Rotwein zu viel und konnte mich am darauffolgenden Tag an nichts mehr erinnern. Weil ich nach Rechtfertigungen für mein Verhalten suchte, rückte allerdings das schreckliche Geschehen des Unfalls verstärkt in mein Bewusstsein. Als ich auch in der Gruppe über meine Gefühle sprach, brach das Eis und alle konnten ihrem Entsetzen, ihrer Trauer und ihrem Mitgefühl Ausdruck geben. Ich konnte selbst erkennen, dass meine Rauschanfälle sogar einen tieferen Sinn zu haben schienen, aber ich litt trotzdem, vor allem unter meinem Kontrollverlust.
Eigentlich zeichneten sich damals schon die Themen ab, die mich über Jahre beschäftigen sollten: Trauma und familiensystemische Verstrickungen, toxische und segensreiche Beziehungen, Selbstwert, Kreativität und Heilung.
Zunächst einmal wusste ich aber einfach nicht weiter und begab mich auf die Suche nach Erlösung. Phasenweise hatte ich panische Angst, dem Alkohol zu verfallen. Außerdem bewegte mich sicherlich ein unbewusster Wunsch, anderen Menschen zu helfen. Ich fand auch sehr schnell eine Perspektive, indem ich anfing, an einer Heilpraktiker-Schule Homöopathie zu studieren. Die Homöopathie faszinierte mich von Anfang an und vermittelte mir eine ganzheitliche und energetische Sichtweise auf den Körper. Mir eröffnete sich die neue Welt der Energieheilung.
Trotzdem überfiel mich von Zeit zu Zeit eine tiefe Depression, aus der ich oft gar nicht so schnell einen Ausweg fand. Es äußerte sich so, dass ich abends, wenn mein Mann sich in sein Arbeitszimmer zurückgezogen hatte, oft allein im dunklen Zimmer saß und weinte. Wir hatten ein kleines »Fernsehzimmer«, in das ich mich dann verkroch. Selbst wenn der Fernseher lief, interessierte er mich nicht. Ich fühlte mich nur leer, ausgebrannt, unglücklich und verzweifelt. Ich konnte keinen Sinn mehr in meinem Leben entdecken. Schon damals fiel es mir schwer, jemandem meine »Not« zu erklären, denn ich wusste, dass mich niemand verstehen würde. Es gab in meinem Leben doch keine gravierenden Probleme und eigentlich hatte ich es doch gut. Manchmal am Wochenende goss ich mir im Fernsehzimmer auch noch die zwei Gläser Wein hinter die Binde, die mich ausknockten. Das machte es aber nur noch schlimmer, denn ich war dann nicht nur traurig, sondern verachtete mich auch noch selbst.
Im Rückblick möchte ich diese Phase als spirituelle Depression bezeichnen, denn ich spürte schon damals deutlich, dass die innere Leere und Verzweiflung von mir forderten, in meinem Leben Bilanz zu ziehen und Veränderungen vorzunehmen. Ich spürte, dass die Depression mehr ein Weckruf meiner Seele als eine echte Krankheit war. Instinktiv wusste ich, dass ich Heilung für meine Depression nur in mir selbst finden konnte, dass also eine bewusste innere Einkehr nötig war. Deshalb kam ich auch gar nicht auf die Idee, einen Therapeuten aufzusuchen und mir Tabletten verschreiben zu lassen. Inzwischen ist Depression zu einer Volkskrankheit geworden. Durch meine eigene Erfahrung bin ich überzeugt, dass das Phänomen »spirituelle Depression« sehr oft auftritt und durch die Energieveränderungen, die gerade auf der Erde stattfinden, eher noch zunehmen wird.
Die dunkle Stimmung, in die ich zeitweise geriet, führte mich automatisch nach innen und zu mir selbst. Ich fühlte mich zu schlecht, um etwas zu unternehmen oder mich abzulenken. Dabei war ich immer noch in der Lage, alle meine Pflichten angemessen zu erfüllen. Dass man seinen Alltag noch bewältigen kann, auch wenn es einem schwerfällt, ist ein wesentliches Kriterium, um eine spirituelle Depression von einer depressiven Erkrankung abzugrenzen. Ich funktionierte also noch in meinem Beruf und meinem Alltag, aber wenn ich allein war und Zeit für mich hatte, zog ich mich sofort in eine äußerst düstere Stimmung zurück. Manchmal empfand ich es so, als sei die gedrückte Stimmung ein Schutzwall, den ich um mich aufbauen konnte, um getrost allein zu sein und mich mit mir selbst zu beschäftigen.
Ich spürte immer deutlicher, wie wenig Sinn ich in meinem Beruf sah. Demgegenüber faszinierte mich die Welt der ganzheitlichen Heilkunde und die damit verbundene Selbsterfahrung immer mehr. Neben der Homöopathie-Ausbildung nahm ich daher auch noch ein Heilpraktiker-Studium auf. Meinen Fokus auf Heilung, inneres Wachstum und persönliche Veränderung zu richten empfand ich als sehr hilfreich, während es in meinem Beruf als Lehrerin immer nur um Bewertung, letztlich auch Abwertung zu gehen schien, wenn etwas nicht funktionierte. Ich begann tatsächlich immer mehr die Entwicklungspotenziale meiner Schüler zu sehen und spürte leider auch, dass für Heilungs- und Veränderungsprozesse in der Institution Schule praktisch kein Platz war. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, musste ich mir eingestehen, dass ich wohl nach Bestehen meiner Heilpraktiker-Prüfung den Beruf wechseln würde. Ich tat das dann auch, indem ich mein Beamtenverhältnis kündigte und eine Praxis eröffnete.
~Erleuchtung
Als mich die Leidenschaftslosigkeit, Apathie und Leere meiner spirituellen Depression noch ziemlich beherrschte und ich eines Nachts im Bett lag, hatte ich zwischen Wachen und Traum plötzlich eine Erscheinung. Ein lichtvolles weibliches Wesen stand an meinem Bett und sprach mich an. Die Erscheinung war so lebensecht, dass ich furchtbar erschrak. Gleichzeitig war das Wesen, das sich da in der Nacht an mich wandte, in so strahlendes Licht gehüllt, dass es mich blendete. Ich wusste sofort, dass es sich nicht um eine menschliche Gestalt handelte.
Ich fragte: »Wer bist du?«
Sie