eine Weile da und Wellen der Liebe und Glückseligkeit durchströmten mich. Ich verlor jedes Gefühl für Raum und Zeit und mein Körper schien sich aufzulösen. Der wunderbare Zustand schien endlos anzudauern, aber schließlich muss ich wohl eingeschlafen sein.
Am nächsten Morgen erwachte ich tief zufrieden und erfrischt. Ich war von der Erscheinung wie geblendet und schwebte auf Wolken. Am Nachmittag schlenderte ich durch eine Buchhandlung. Auf einmal blieb ich wie angewurzelt stehen und traute meinen Augen kaum: Auf einem gesonderten Präsentationstisch wurde das Buch Die Prophezeihungen von Celestine von James Redfield ausgestellt.1
Ich kaufte das Buch sofort und es bot mir Einsichten, die für mich damals von unschätzbarem Wert waren. Vor allem unterstützte es mich darin, die energetischen Aspekte der zwischenmenschlichen Kommunikation wahrzunehmen.
Meine Begegnung mit Celestine hatte verschiedene Ebenen, wie es wohl für jedes Erleuchtungserlebnis zutrifft. Einerseits eröffnete es mir den Zugang zu neuen Informationen, die ich zunächst einmal in dem Buch von James Redfield fand. Das Erlebnis zeigte mir auch, dass ich geführt wurde und das Universum auf meine Seelenbedürfnisse antwortete. Außerdem musste ich zu meinem Erstaunen feststellen, dass die Himmelsbotin Celestine, die mir erschienen war, mir wie eine lichtvolle Kopie meiner Selbst vorkam. Sie war genauso blond gelockt und trug eine ähnliche Langhaarfrisur wie ich. Mir war schon damals bewusst, dass ich auch meiner inneren Göttlichkeit begegnet war.
Meine Geschichte beinhaltet einige typische Elemente des Aufwachens. Ich meine mit Aufwachen eine Bewusstseinserweiterung, die die Perspektive auf sich selbst, die anderen Menschen und das Leben verändert. Das Wort Aufwachen vergleicht die durch eine spirituelle Öffnung initiierten Veränderungen mit dem Übergang vom Schlaf ins Wachsein. Tatsächlich begleitet ein Gefühl, dass nichts mehr wie vorher ist, viele Menschen, die vom Aufwachen sprechen.2 Für mich gehört zum Aufwachen auch die Erfahrung der göttlichen Liebe. Bewusstseinserweiterung und Herzöffnung gehen Hand in Hand. In letzter Zeit wird der Begriff »Aufwachen« auch im politischen Rahmen verwendet und bezieht sich auf Ideologien und Verschwörungserzählungen, die man sich in sozialen Medien angeeignet hat. Der Begriff wird verbunden mit der Abwertung anderer Menschen, denen man sich überlegen fühlt. Davon möchte ich mich ausdrücklich abgrenzen. Spirituelles Aufwachen, wie ich es meine, lässt Toleranz, Respekt und Mitgefühl gegenüber anderen Menschen wachsen.
Mit dem Aufwachen beginnt oft eine einzigartige Reise zu sich selbst, die in der endgültigen Realisation des wahren Selbst mündet, wie sie Aufgestiegenen Meistern und Erleuchteten zugeschrieben wird.3 Ich sehe einen graduellen Unterschied zwischen dem Aufwachen als spirituelle Initiation und der ultimativen Realisation, dem Erkennen seiner selbst.
Persönliche Herausforderungen sind oft ein Auslöser für das Aufwachen. Man fragt nach »mehr« und möchte die geschlossene Box mentaler Beschränkungen verlassen.
Umbrüche im Leben wie bei Beziehungen, Trennungen, Umzügen, Krankheiten, aber auch Sorgen um nahestehende Menschen lösen das Aufwachen aus. Viele Menschen wachen auf, weil ihre Kinder Probleme haben oder irgendwie aus der Spur geraten. Sie entsprechen nicht der Norm, vielleicht weil sie einfach nur besonders sensibel oder hellsichtig sind.
Oft erwischt einen die Krise in der Mitte des Lebens, wenn man eigentlich erreicht hat, was man anstrebte, und eine gewisse Routine eingekehrt ist. Sinnfragen brennen auf den Nägeln, wenn alles gut läuft, aber auch, wenn die Karriere plötzlich stockt. Suchterfahrungen oder andere Krankheiten sind nicht selten Auslöser des Aufwachens. Man spürt, dass man nicht alles im Leben kontrollieren kann, nicht einmal sich selbst. Suchtmittel sind der Strohhalm, nach dem man auf der Suche nach Erlösung und Bewusstseinserweiterung greift.
Manchmal beginnt der spirituelle Weg mit einem dramatischen körperlichen, seelischen oder mentalen Zusammenbruch, zum Beispiel mit Panikattacken, Burnout, einem allergischen Schock oder einer psychotischen Krise.
Nicht nur ein persönliches Trauma kann das Aufwachen begünstigen, sondern auch indirekte Traumata wie verunsichernde Medienberichte über terroristische Anschläge und unberechenbare Gewalt. Während ich das Buch abschließe, dominiert gerade Corona das öffentliche Bewusstsein, eine globale Herausforderung. Ich sehe darin auch eine kollektive Nahtoderfahrung. Alle Menschen auf der Welt sind sogar gleichzeitig der Konfrontation mit schwerer Krankheit und Tod sowie mit gravierenden Veränderungen, Verlusten und Enttäuschungen ausgesetzt. Das hat ähnliche seelische Auswirkungen wie die persönliche Erfahrung der Todesgefahr oder des Sterbens eines geliebten Menschen. Man wird auf Fragen nach dem Lebenssinn zurückgeworfen.
Die persönliche Bewusstseinserweiterung zeigt sich oft mehr oder weniger spektakulär, indem auf einmal übersinnliche Wahrnehmungen, Visionen oder vorhersehende Träume auftauchen. Manche Menschen werden von einer spirituellen Öffnung regelrecht überrannt und müssen sich dann zwangsläufig mit ihren hellsichtigen Eingebungen auseinandersetzen. Auch Bücher, Filme oder Serien mit mystischen oder spirituellen Inhalten können den persönlichen Entwicklungsprozess in Gang setzen. Nicht zuletzt kann einen die Begegnung mit jemand inspirieren, der bereits aufgewacht ist. Das Aufwachen des Einzelnen zieht automatisch Kreise in seinem Umfeld.
Wie im Alltag wacht man jeden Tag neu auf und kann auf einer neuen Ebene des Bewusstseins landen.
Meine spirituelle Entwicklung begann mit einer Lebenskrise. Allerdings kann auch die spirituelle Initiation, wie immer sie sich vollzieht, die Betroffenen in tiefe Erfahrungen der Entfremdung stürzen und die Herausforderung in Gang setzen.
~Sinnsuche
Jemand besucht vielleicht aus reiner Neugierde ein spirituelles Seminar und kehrt verändert nach Hause zurück. Die mystischen Erlebnisse stellen die eigenen Ansichten, Wertmaßstäbe und Glaubenssysteme auf den Kopf. Du fühlst dich von dir selbst entfremdet und definierst dich ganz neu. Die liebgewonnene menschliche Identität verwandelt sich von Grund auf, so dass du selbst irritiert bist.
Wenn du nach einer außergewöhnlichen mystischen Erfahrung in einem Traum, einer Meditation oder auf einem spirituellen Seminar wieder auf dem Boden der Tatsachen im eigenen Leben landest, kann es sogar sein, dass du die hochfliegenden Erlebnisse am liebsten verleugnen möchtest. Die Anforderungen des Alltags lassen sich mit den neugewonnenen inneren Werten nicht mehr vereinbaren. Daran kann man verzweifeln, wenn man spürt, dass es kein Zurück mehr gibt. Das neue Bewusstsein lässt sich nicht mehr verdrängen.
Manchmal stehen drastische Veränderungen der eigenen Lebenssituation an, vor denen du am liebsten davonlaufen möchtest. Selbst wenn du an deinem alten Selbst festhalten möchtest, ist dir der Rückweg versperrt. Während die Seele sich vor allem nach bewusstseinserweiternden Erfahrungen sehnt, strebt das menschliche Ich nach beruflichem Erfolg und materiellem Wohlstand. Aber die gewohnten Anpassungsprozesse und Kompromisse funktionieren einfach nicht mehr. Die sich daraus ergebene Identitätskrise mündet in einem oft anstrengenden und kräftezehrenden Integrationsprozess, der die ganze Persönlichkeit in Beschlag nimmt.4
Wenn die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens immer drängender nach Antworten verlangt, geben viele Menschen nach dem Aufwachen auch ihren Beruf auf, was nicht gerade einen stabilisierenden Effekt hat. Die menschliche Persönlichkeit muss sich neu orientieren und an neue Gegebenheiten anpassen. Die Umbruchphase fordert ihren Preis.
Wenn du die Veränderungen nicht scheust, kannst du aber ein neues Leben gewinnen, dass es dir erlaubt, deine Talente und Fähigkeiten noch gewinnbringender für dich selbst, für andere Menschen und die Welt einzusetzen. Wenn du dein Herz nicht wieder verschließt und deiner inneren Führung folgst, findest du Wege, um deine Seelenbedürfnisse zu erfüllen.