Gerhard Wohland

Denkwerkzeuge der Höchstleister


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ihrer Arbeitsschritte

      3 Auswahl der jeweils schnellsten Schritte durch Messung mit der Stoppuhr

      4 Weglassen nutzloser Schritte

      5 Zusammensetzen des neuen Arbeitsprozesses aus den jeweils schnellsten Schritten

      Kurz: Nicht mehr der qualifizierte Werker gestaltet seine Arbeit, sondern der „Wissenschaftler“ tut das für ihn. Er erforscht die Arbeitsweise der Besten und leitet daraus einen optimalen Arbeitsablauf für alle ab. Dieses tayloristische Kernprinzip des „Best Practice“ gilt bis heute als modern und ist immer noch weit verbreitet.

      Das Verblüffende und Geniale an Taylors Idee war, dass bei trägen Massenmärkten die Produktivität steigt, wenn menschliche Fähigkeiten wie Intelligenz, Phantasie und Initiative stillgelegt werden. Wir sagen heute: Taylor reduzierte die überflüssig gewordene

Komplexität der Manufaktur auf ein Niveau, das zu den trägen Massenmärkten passte.

      Basis dieses enormen Erfolges ist nicht menschenverachtende Unterdrückung, sondern im Gegenteil ein bis heute wirksamer sozialer Konsens. Er lautet: „Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps.“ Oder anders: Wenn ein Arbeiter für acht Stunden am Tag auf seine Bürgerrechte verzichtet, entsteht für den Rest des Tages gut finanzierte „Freizeit“, in der mehr Menschenwürde realisiert werden kann als vorher. Obwohl der 8-Stunden-Tag, der höhere Lohn und die menschenwürdige Freizeit zur Idee von Taylor gehörten, mussten diese Elemente immer wieder durch harte Arbeitskämpfe realisiert werden.

      Die tayloristische Arbeitsorganisation steigerte die Produktivität innerhalb von zwei Generationen um das Hundertfache. Taylorismus war die Höchstleistung dieser Zeit.

      1991 erschien die heute berühmte Womack/Jones-Studie zur Zukunft der Automobilwirtschaft. Zum ersten Mal wurde publik, dass sich die Situation geändert hatte. „Marktdruck“, nicht nur aus Japan, wurde zum dominierenden Lebensgefühl tayloristischer Unternehmen. Die

Globalisierung fast aller wichtigen
Märkte blieb aber als Grund für die neue Situation verborgen. Märkte globalisieren sich durch Wachstum in der Fläche. Ist ein Markt schließlich global, ist seine Ausbreitung zu Ende. Es wird eng, weil sich die Marktteilnehmer nicht mehr ausweichen können. Mit der Globalisierung von bisher lokalen Märkten wird meist die Vorstellung von wachsender Weite verbunden. Internationale Logistik über große Entfernungen, Mehrsprachigkeit oder weltweit vernetzte EDV sind typische Themen. Hier ist aber ein anderer Aspekt wichtig, er kann auch im Biologielabor beobachtet werden: Wenn eine wachsende Population verschiedener Mikroben den Nährboden einer Petrischale schließlich ganz bedeckt, wird es eng. Die Lebensbedingungen verändern sich. Plötzlich sind die giftigen den schnell wachsenden Pilzen überlegen. Sie erobern neuen Lebensraum, weil es eng ist.1

      Bild 1: Dynamik durch Enge Zunächst sind die schnellwachsenden Pilze im Vorteil. Sie füllen den leeren Raum. Sobald es aber eng wird, sind die giftigen Pilze (rot) im Vorteil.

      Die Enge verändert die Lebensbedingungen der Konkurrenten. Im „globalen Käfig“ ist kreative Wendigkeit, also

Dynamik, wichtiger als Größe und minimale Kosten. Überraschung wird zur taktischen Waffe. Wer seine Wettbewerber mit einer guten
Idee (zum Beispiel einem neuen Produkt) auf dem falschen Fuß erwischt, gewinnt zu deren Lasten Marktanteile.

      Den

Marktdruck erzeugen in diesem Umfeld flexible
Unternehmen, die ihre Konkurrenten ständig mit Ideen oder anderen Überraschungen belästigen, selbst aber gegen Überraschungen robust sind. Marktdruck wird oft auch als Preis-, Termin- oder Kundendruck bezeichnet. Das verleitet zu dem Irrtum, Marktdruck sei das gemeinsame Schicksal aller. Es wird übersehen, dass Marktdruck nur von anderen Unternehmen stammen kann - von Unternehmen, die etwas besser können als das eigene. Das war schon immer so. Nur sind heute die Qualitätskriterien andere. Marktdruck stammt heute von dynamikrobusten Unternehmen. Wir nennen sie Höchstleister. Unternehmen, die an den gewohnten Spielregeln festhalten, geraten in gefährliche Bedrängnis.

      Der nachfolgende Denkzettel beschreibt den historischen Verlauf von Absenkung und Wiederanstieg der Dynamik von Unternehmen und Marktumgebung.2

      Denkzettel 2: Die Taylorwanne - das Ab und Auf der Dynamik

       Die Grafik zeigt den groben historischen Verlauf der Marktdynamik und die jeweils dominierenden Produktionstypen.

      ( I ) Bis etwa 1900 sind die Transportkosten so hoch, dass die meisten Märkte nur eine geringe Reichweite haben. Sie sind lokal und damit eng. Die Konkurrenten können einander nicht ausweichen. Dieser direkte Kontakt erzwingt Kreativität und erzeugt Dynamik. Die dominierende Form der Wertschöpfung ist die industrielle Manufaktur. Sie ist flexibel, kundenorientiert und innovativ.

      ( II ) Besonders durch technische Innovation reduzieren sich schließlich Tausch- und Transport-Kosten. Neue große Massenmärkte mit hoher Kaufkraft breiten sich schnell aus. Der Konkurrent stört kaum, und wenn, kann man ihm ausweichen. Die Märkte werden weit und träge. Die Kreativität der Unternehmen wendet sich nach innen, auf Produkte, Prozesse und Kosten. Die kundenorientierte Flexibilität der Manufaktur ist jetzt nutzlos. Frederick Taylor entwickelt den theoretischen Hintergrund für eine Wertschöpfung, die zu den neuen Märkten passt, den sogenannten Taylorismus. Nicht mehr das Können der Werker (Wer?) ist die Basis, sondern die Wissenschaft (Wie?). Henry Ford ist einer der ersten, der dies spektakulär nutzt. Die neue Produktion ist dynamikempfindlich, was in den trägen Märkten aber nicht auffällt. Die industrielle Produktivität steigt auf das Hundertfache in nur zwei Generationen.

      ( III ) Schließlich aber stoßen die meisten Märkte an ihre globale Grenze. Das Wachstum in der Fläche ist abrupt zu Ende. Erneut wird es eng und dynamisch. In Japan sind die verlorenen Tugenden der Manufaktur noch lebendig. Dort entsteht die neue Wertschöpfung. Als erstes Unternehmen verbindet Toyota die Flexibilität der Manufaktur mit der Kostenorientierung des Taylorismus zu einer dynamikrobusten Massenfertigung. Sie passt perfekt zur Dynamik moderner Massenmärkte. Heute gibt es diese neuen Höchstleister überall auf der Welt. Sie sind immer noch die Minderheit. Sie erzeugen aber den Marktdruck für die tayloristischen Nachzügler. Diese beschränken ihre Anstrengungen stur auf Methoden, Prozesse und Kosten und verschwenden damit die Innovationskraft ihrer Talente. Mit Höchstleistern als Vorbild ließe sich das ändern.

      In diesem Abschnitt wird beschrieben, wie die hohe

Dynamik moderner Märkte auf tayloristische
Unternehmen wirkt.

      Jedes Unternehmen hat sich mindestens bezüglich zweier Zwänge zu bewähren: Diese beiden Zwänge sind der

Markt und die Gewinnerwartung der Kapitalgeber. In träger Umgebung wirken beide Zwänge auf das
Zentrum. Die Zeit reicht aus, um auch die peripher wirkenden Marktzwänge an