Eberhard Fohrer

Kreta Reiseführer Michael Müller Verlag


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wer­ben mit den „hei­ßen Näch­ten von Má­lia“, was ent­spre­chend er­leb­nis­hun­griges Pub­likum an­zieht. Die Preise sind et­was güns­tiger als im na­hen Li­ménas Cher­so­ní­sou.

      Das fast schattenlose Gelände erstreckt sich nah am Meer, zwischen Oli­ven­hainen und dorniger Phrygana. Von der Lage her ist es weniger at­t­rak­tiv als die anderen Paläste, auch kleiner als Knossós und Festós.

Der minoische Palast von Mália liegt in einer weiten Uferebene

      Der minoische Palast von Mália liegt in einer weiten Uferebene

      Der Palast und die umliegende Sied­lung stammen aus der Zeit um 1650 v. Chr. und fie­len 1450 v. Chr. derselben rätselhaften Katastrophe zum Opfer wie die meis­ten an­deren Städte der Insel. Vom älteren Palast (ca. 1900 v. Chr.), der hier stand, sind nur noch we­nige Spuren vorhanden.

      Die Bauweise folgt dem gleichen Schema wie bei den Pa­lästen von Knos­sós, Festós und Zákros (vier Ge­bäu­de­flügel grup­pieren sich um den von Süd nach Nord orien­tierten, lang gestreckten Zen­tral­hof), ist aber ins­ge­samt schlichter als die aufwändigen Anlagen von Knossós und Festós. So fehlt z. B. die prächtige Ala­baster­ver­kleidung, als Bau­material wur­den nur Kalk- und Sand­stein aus der Um­ge­bung verwendet, außer­dem ge­trock­nete Lehm­ziegel. Auch die An­zahl der Räu­me ist geringer und es fehlt die The­a­ter­an­la­ge. Es han­del­te sich also viel­leicht um einen „Pro­vinzpalast“, der aber trotz­dem Mit­telpunkt einer gro­ßen Sied­lung war, die sich über einen gu­ten Qua­drat­ki­lo­meter er­streck­te. Einige der frei­geleg­ten Tei­le lie­gen nord­west­lich vom Palast unter einer Kon­struk­tion aus Holz und Plexiglas.

      Anfahrt/Verbindungen Der Palast liegt etwa 3 km östlich von Mália und ist an der Haupt­straße in Richtung Ágios Nikólaos be­schildert (Mallia Antiquities). Bushaltestelle an der Straße. Auch auf der in Strandnähe ver­lau­fenden „Beach Road“, die im unteren Teil der Stich­straße abzweigt, kommt man zum Palast.

      Öffnungszeiten April bis Okt. Mi-Mo 8-19 Uhr, Di geschl., Eintritt ca. 6 €, Senioren über 65 J. sowie Schül./Stud. und Pers. von 6-25 J. aus Nicht-EU-Län­dern 3 €, freier Eintritt für Pers. bis 25 J. und Schül./Stud. aus EU-Ländern.

      Führungen Gior­gos Pothos, der ausge­zeich­net Deutsch spricht, Kunst­ge­schich­te stu­diert und eine Aus­bil­dung zum Frem­den­führer ge­macht hat, bietet 2 x tägl. (meist 11 u. 13 Uhr) in­for­ma­t­ive, dabei aber auch un­ter­halt­same Führungen durch die Pa­last­anlage (ca. 1:15 Std., ca. 5-6 €/Pers.). Man kann bei ihm auch über­nach­ten (→ Sísi).

      Beim Eingang kann man zunächst eine Dokumentation mit Modellen, Re­kons­truk­tio­nen und vielen Fotos der um­fang­rei­chen Ausgrabungen im Gebiet von Mália be­trach­ten, die 1915 began­nen und bis heu­te nicht beendet sind.

Sorgt immer wieder für Diskussionen: der rätselhafte Kernos

      Sorgt immer wieder für Diskussionen: der rätselhafte Kernos

      Westflügel: Vom Eingang kommend, betritt man zunächst den vorgelagerten West­hof. Reste der Pflasterung sind erhalten, ein etwas erhöhter „Prozes­sions­weg“ 1 läuft parallel zur Fassade. Eine Abzweigung des Weges führt in die Süd­westecke zu den Grundmauern von acht Rundbauten, wahrscheinlich Ge­treide­speicher 2. Die Mau­ern der recht verwinkelten Fassade sind nur hüft- bis schulter­hoch, etwa in der Mit­te liegt der Zugang 3 ins Innere. Vorbei an Vorrats­räumen gelangt man auf dem Kor­ridor 4 nach links bis zur Be­grenzungsmauer und dann rechts bis zum sog. Vor­bereitungs­raum 5, in dem ein Tonpythos steht. Man hat in die­sem Raum ein mit einem Pan­therkopf geschmücktes Zepter und ein großes Schwert mit ei­nem Knauf aus Berg­kristall und einer vergoldeten Klinge gefunden.

      Erhöht da­neben liegt die Log­gia 6 mit Säulenbasen und Fun­da­men­ten von Altar und Thron. Die­se Halle war zum Zentralhof offen, ein paar Stu­fen führen hinunter. Von etwas er­höh­ter Warte nahm der „König“ an Ver­an­stal­tungen und Kult­hand­lun­gen teil, die die im Hof Versammelten eben­falls ver­fol­gen konnten.

      Gleich daneben führte eine breite Treppe 7 ins obere Stockwerk (heute nicht mehr vorhanden). Wieder dane­ben liegt der große Vorraum zur Pfei­lerkrypta 8 mit Res­ten einer Bank, viel­leicht eine Art Audienzsaal. Dahin­ter liegt die Krypta 9 mit zwei mar­kanten quadratischen Pfeilern, in die kleine Doppeläxte und an­dere Kult­zei­chen eingemeißelt sind (z. T. heute noch zu sehen).

      Ganz unten in der Südwestecke des Zentralhofs sieht man eine weitere breite Schau­treppe 10, vielleicht eine Art Theater. Gleich daneben befindet sich der be­rühmte Ker­nos 11, ein kreis­runder Opferstein mit 90 cm Durch­messer und 34 klei­nen Vertiefun­gen am äußeren Rand entlang. Die Bedeu­tung dieses Stei­nes ist unge­klärt, man ver­mu­tet, dass Samenkörner und die ersten Früchte ei­ner Pflan­ze als Dank­opfer an die Gott­heit in die Schälchen gelegt wurden. Die­se Art der Danksa­gung für Ernte und Frucht­barkeit war auf Kreta weit ver­brei­tet - man hat in den mi­noischen Aus­gra­bun­gen nicht wenige dieser Op­fer­steine ge­fun­den.

      Südflügel: Der gepflasterte Korridor im südlichen Teil des Palastes ist der Süd­ein­gang 12. In diesem Teil der Anlage lagen Werkstätten und ein klei­nes Hei­lig­tum, wo man Kultgeräte gefun­den hat.

      Zentralhof: Der zentrale Hof ist klei­ner als in Knossós und Festós. Wahr­schein­lich war er vollständig ge­pflastert, in der Mitte gegenüber der Krypta er­kennt man die Res­te eines Brandopferaltars 13 mit vier Stützen zum Aufle­gen des Ros­tes. Eine sol­che Vorrichtung hat man in keinem anderen Zentral­hof gefun­den.

      Ostflügel (überdacht): An der Ost­seite des Hofs trennten Pfeiler und Säulen eine längliche Hal­le 14 ab, vielleicht eine Art Zuschauerraum bei Ver­an­stal­tungen im Zen­tral­hof, z. B. beim be­rühm­ten Stierspringen. Dahinter er­streckt sich eine Reihe von Maga­zinen 16, die zum Lagern von Öl dienten. Rechts davon liegt der Ostein­gang 15 zum Palast.

      Nordflügel: Auch im nördlichen Teil des Palastes steht eine Säulenhalle 17. Da­hin­ter liegen, durch eine Mauer ab­ge­trennt, ein Vorraum 18 mit einem Pfei­ler und eine mar­kante Pfeilerhalle 19 mit sechs Pfeilern. Wahrscheinlich be­fanden sich darü­ber die offiziellen Ban­kett­räume des Königs. Die Treppe rechts führte hin­auf.

      Ein schmaler Gang verbindet den Zen­tral­hof mit dem Nordhof 20. Das schräg hin­ein­ge­baute Heiligtum 21 wurde wahr­scheinlich erst nach der Zer­stö­rung des Pa­las­tes er­rich­tet. Süd­westlich davon liegt ein weiterer Hof, der Hof des Wach­turms 22. Der kleine Raum gleich südlich anschlie­ßend war wohl die kö­nig­liche Schatz­kam­mer 23.

      Ein Stück in Richtung Westen kommt man schließlich zum sog. Megaron des Kö­nigs 24. Der ehemals gepflasterte Raum mit seinen vielen Türen (Polythyron) und dem Licht­schacht muss beeindruckend gewesen sein. Daneben liegt ein gepflasterter Vor­raum 25 und wie in jedem minoi­schen Palast das geheimnisvolle Kult­becken 26.

      Um den Nordhof liegen Lagerräume und Werkstätten. Durch das Nordtor 27 kommt man auf den gepflasterten Weg zum Hafen. Hier stehen auch noch zwei gro­ße, vielhenklige Tonpithoi.

      Nordwestlich vom Palast sieht man einen über­dach­ten Komplex, die sog. Säu­len­krypta 28 mit daneben liegen­den Magazi­nen 29. Man nimmt an, dass es sich bei den halb im Erdreich lie­gen­den Mauern um eine Art Stadt­halle ge­handelt ha­ben könnte, wo sich die Bewohner der Stadt versammeln und dis­kutieren