Russ Harris

ACT leicht gemacht


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um dies ernsthaft herauszufinden: Identifizieren Sie Ihre eigenen Bereiche der Verschmelzung, der Vermeidung, unflexibler Aufmerksamkeit, von Werteferne und unzweckmäßigen Handelns. (Sie werden überrascht sein, was Sie entdecken.) Das Tolle ist, je mehr wir ACT auf unsere eigenen Themen anwenden, umso besser werden wir das mit unseren Klienten machen können. Und wenn wir sehen, dass es in unserem eigenen Leben funktioniert, gibt uns das nicht nur Zutrauen in das Modell, sondern auch Authentizität in unserer therapeutischen Arbeit.

      WAS SIE MITNEHMEN KÖNNEN

      Das ACT-Modell beruht auf dem Kernkonzept der Nützlichkeit: Funktioniert das, was Sie tun, um Ihr Leben reicher und erfüllter zu machen? Der übergreifende pathologische Prozess in ACT ist kognitive Fusion, die sich in sechs Hauptkategorien aufteilt: Vergangenheit, Zukunft, Selbstkonzept, Gründe, Regeln und Bewertungen. Fusion kann zu vielen Problemen führen, und eines der verbreitetsten ist Erlebnisvermeidung. Wenn wir beim Punkt der Entscheidung also den Begriff »verstrickt« verwenden, bezieht er sich sowohl auf Fusion als auch auf Erlebnisvermeidung.

      Die pathologischen Kernprozesse kognitive Fusion, Erlebnisvermeidung, unflexible Aufmerksamkeit, Werteferne, unzweckmäßiges Handeln und Fusion mit dem Selbstkonzept kann man in gewissem Maß bei allen Menschen antreffen. Daher sieht sich ACT als ein Modell für die existenzielle Verfassung des Menschen.

      3 »Achtsamkeit« und andere Begriffe, die es in sich haben

      ACT UND ACHTSAMKEIT

      ACT hat man als eine existentielle, humanistische, transpersonale, klientenzentrierte, achtsamkeitsbasierte, kognitive Verhaltenstherapie beschrieben. Und ich denke, das ist eine passende Beschreibung, weil es die meisten Kernprozesse der ACT, wenigstens in gewissem Maße, in vielen anderen Therapiemodellen gibt. Es gibt jedoch ein paar große Unterschiede zwischen ACT und den meisten anderen achtsamkeitsbasierten Ansätzen. Wenden wir uns also kurz dieser Frage zu:

      Woher stammt »Achtsamkeit«?

      Achtsamkeit ist ein uraltes Konzept, das in vielen alten spirituellen und religiösen Traditionen wie dem Buddhismus, dem Taoismus, dem Hinduismus, dem Judentum, dem Islam und dem Christentum sowie in Praktiken wie Tai-Chi und in Kampfkünsten wie Kung Fu und Aikido zu finden ist. Viele Bücher und Artikel schreiben Achtsamkeit dem Buddhismus zu, aber das ist nicht ganz richtig; der Buddhismus ist 2600 Jahre alt, während Achtsamkeitspraktiken in yogischen, taoistischen und jüdischen Traditionen mindesten 4000 Jahre zurückreichen. (Ja, buddhistische Schriften sagen deutlich, dass Buddha seine Achtsamkeitsfertigkeiten von einem Yogi lernte.) Andererseits besteht kein Zweifel, dass die Mehrheit der achtsamkeitsbasierten Ansätze im Westen auf dem Buddhismus beruht, von ihm abgeleitet oder ihm sehr verpflichtet ist; ACT ist eine bemerkenswerte Ausnahme.

      Was IST nun Achtsamkeit?

      Wenn Sie Bücher über das Thema lesen, stoßen Sie auf eine Vielzahl von Definitionen von Achtsamkeit. Es gibt keine allgemein anerkannte Definition. Aber alle zusammengenommen laufen sie etwa auf dies hinaus: Achtsamkeit umfasst eine Reihe psychischer Fertigkeiten, um gut zu leben, die darin bestehen, dass wir mit Offenheit, Neugier, Freundlichkeit und Flexibilität aufmerksam sind.

      Diese einfache Definition sagt uns fünf wichtige Dinge:

      • Erstens bezieht sich Achtsamkeit auf eine Reihe verschiedener Fertigkeiten. Dazu gehört alles vom Akzeptieren schmerzhafter Gefühle bis zum Genießen angenehmer Erfahrungen, von behutsamer Beobachtung der Gedanken bis dahin, uns zu erden, wenn wir von Emotionen überwältigt werden. (Wie Sie nach der Lektüre von Kapitel 1 wissen, bezieht sich der Begriff »Achtsamkeit« in der ACT auf alle möglichen Kombinationen von Defusion, Akzeptanz, Kontakt mit dem gegenwärtigen Moment und Selbst als Kontext und auf jede einzelne und auf alle Kompetenzen, Methoden, Praktiken, Hilfsmittel und Techniken, die verwendet werden, um einen oder alle diese Prozesse anzuregen oder zu verstärken.)

      • Zweitens ist Achtsamkeit ein Aufmerksamkeitsprozess, kein Denkprozess. Er besteht darin, dass Sie aufmerksam bei Ihrer Erfahrung sind, statt in Ihren Gedanken »verloren«.

      • Drittens gehört zu Achtsamkeit eine besondere innere Haltung: eine Haltung der Offenheit und Neugier. Auch wenn Ihre Erfahrung in diesem Moment schwierig, schmerzhaft oder unangenehm ist, können Sie für sie offen sein und neugierig bei ihr sein, statt vor ihr wegzulaufen oder mit ihr zu kämpfen.

      • Viertens gehört zu Achtsamkeit Flexibilität der Aufmerksamkeit: die Fähigkeit, Ihren Fokus bewusst zu erweitern, zu verengen, aufrechtzuerhalten oder neu auszurichten, sodass Sie so, wie Sie wollen, aufmerksam bei verschiedenen Aspekten Ihrer Erfahrung hier und jetzt sein können.

      • Fünftens gehört zu achtsamer Aufmerksamkeit die Qualität der Freundlichkeit. Sie ist nicht wie die kalte, klinische, distanzierte Aufmerksamkeit eines Wissenschaftlers, der eine Ratte seziert. Sie ist vielmehr wie die warme, liebevolle (anteilnehmende) Aufmerksamkeit, die liebevolle Eltern ihrem Kind widmen.

      Wir können Achtsamkeit benutzen, um »aufzuwachen«, mit uns selbst Verbindung herzustellen und die Fülle eines jeden Moments des Lebens wertzuschätzen. Wir können sie verwenden, um unsere Selbstkenntnis zu verbessern – mehr darüber zu lernen, wie wir fühlen, denken und reagieren. Wir können sie nutzen, um tief und intim mit den Menschen verbunden zu sein, an denen uns liegt und die uns lieb sind, einschließlich unserer selbst. Und wir können sie nutzen, um unser eigenes Verhalten bewusst zu beeinflussen und unser Repertoire an Reaktionen auf die Welt, in der wir leben, zu vergrößern. Sie ist die Kunst, bewusst zu leben – eine tiefe Weise, wie wir psychische Resilienz verbessern und Befriedigung im Leben steigern.

      Natürlich ist ACT sehr viel mehr als Achtsamkeit. Es geht bei ACT auch um wertebasiertes Leben: um ein Handeln, und zwar permanent, das von Kernwerten geleitet und im Einklang mit ihnen ist. Tatsächlich lehren wir Achtsamkeitskompetenzen in ACT aus dem Hauptgrund, dass wir Menschen helfen wollen, an ihren Werten orientiert zu leben.

      Die Grundanleitung bei Achtsamkeit: »Nimm X wahr«

      Es gibt eine einzige Grundanleitung, die Sie im Kern jeder einzelnen Achtsamkeitsübung finden – von einer zehn-Sekunden-ACT-Technik bis zu einem zehntägigen stillen Meditationsretreat. Sie lautet: »Nimm X wahr«.

      Zu verbreiteten Alternativen für das Wort »wahrnehmen« gehören »beobachten«, »auf etwas achten«, »auf etwas fokussieren«, »sich bewusst sein« und »mit Bewusstheit bei etwas sein«, »etwas gewahr sein«. Das »X«, das wir wahrnehmen, kann alles sein, was in diesem Moment hier ist: ein Gedanke oder ein Gefühl; eine Sinnesempfindung, ein Bedürfnis, ein Impuls oder eine Erinnerung; unsere Körperhaltung; unsere Handlungen; und alles, was wir sehen, hören, berühren, ertasten, schmecken oder riechen können. X kann der Ausblick aus einem Fenster, der Ausdruck auf dem Gesicht eines geliebten Menschen, die Sinnesempfindungen unter einer heißen Dusche, der Geschmack eines Stücks Schokolade, der Vorgang, wenn wir die Schnürsenkel zubinden, die Bewegung unserer Lungen oder die Geräusche sein, die wir im Raum um uns herum hören.

      Manchmal möchten wir vielleicht unseren Fokus erweitern, wenn wir zum Beispiel auf dem Land spazieren gehen und alles, was wir sehen und hören und riechen, in uns aufnehmen möchten. Ein andermal möchten wir unsere Aufmerksamkeit vielleicht verengen: Wenn wir bei strömendem Regen Auto fahren, wollen wir uns ausschließlich auf die Straße fokussieren, nicht mit der Beifahrerin plaudern oder umherschauen, um die Landschaft in uns aufzunehmen. Manchmal möchten wir unsere Aufmerksamkeit vielleicht nach innen auf die Welt der Gedanken, Gefühle und Sinnesempfindungen richten. Bei anderer Gelegenheit nach außen auf die Welt um uns herum, und sehr oft auf beide Welten auf einmal – wir lassen die Aufmerksamkeit frei von einem Ding zum anderen gleiten, wie es die Situation verlangt. Ein nützlicher Begriff für diese Fertigkeit ist flexible Aufmerksamkeit.

      Die Technik »Nimm X wahr« ist zweifellos die flexibelste Technik in ACT, und wenn Sie das Buch durcharbeiten, werden Sie sehen, wie wir sie verwenden können, um jeden Kernprozess anzuregen und zu verstärken.

      Achtsamkeit ist etwas anderes als Meditation

      Ein Psychologe hat mir erzählt, dass er gerade ein Erstgespräch mit einem neuen Klienten geführt hat, und ganz am Anfang der Sitzung hat er dem Klienten gesagt, dass er in seiner Arbeit