müssen wir eine Diagnose stellen, warum Deine Praxis krank ist. Das heißt, wir müssen zunächst jenes ausschließen, was nicht zu behandeln ist.
Dieses Buch kann nicht jedem helfen: Falls Du fachlich nicht kompetent bist, solltest Du zuerst noch einmal »Zurück auf ›Los‹« und Dich so weiterbilden, dass Du wirklich in der Lage bist, Deinen Patienten/Klienten zu helfen. Aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass das bei Dir der Fall ist. Denn die Tatsache, dass Du dieses Buch in den Händen hältst, zeigt deutlich, dass Du es mit Deiner Praxis ernst meinst.
Trotzdem brauchst Du mehr Umsatz, stimmt’s? Nun, in diesem Fall kann Dir dieses Buch helfen. Vorausgesetzt, ich habe Deine Erlaubnis, zunächst eine etwas kühne Ferndiagnose zu stellen. Zugegeben, es ist nicht hundertprozentig sicher, aber doch sehr wahrscheinlich, dass diese Diagnose auch auf Deine Praxis zutrifft.
Strategie versus Taktik
Reden wir also Tacheles: Die häufigste Krankheitsursache leerer Praxen ist die Verwendung eines taktischen Ansatzes statt eines strategischen! Es gibt zum einen taktisch denkende, zum anderen strategisch denkende Heilpraktiker, Therapeuten und Coachs.
Kannst Du den Unterschied zwischen »Strategie« und »Taktik« hinsichtlich eines Business bzw. des Marketings beschreiben? (In der Regel wissen drei von tausend Personen Bescheid.)
Ich löse die Frage auf:
Eine Taktik ist eine bestimmte Handlung, z.B. eine Annonce in einer Zeitung, ein Vorgespräch, die Webseite, ein Messestand, ein Brief usw.
Der Taktiker sprintet drauflos und macht quasi Kurzschlusshandlungen: in möglichst kurzer Zeit alles kreuz und quer.
Es ist, als würde sich ein Landwirt an seine Mitarbeiter wenden und sagen: »Leute, wir müssen mal eben schnell die Ernte fürs ganze Jahr einfahren, wir haben nur zwei Tage Zeit, es gibt viel zu tun, hier sind eure Hacken, Mähdrescher und Traktoren, holt die Ernte ein. Viel Glück.« Beim taktischen Ansatz musst Du Dich dauernd anspornen: »Arbeite härter, schneller, länger!« Aber kannst Du – realistisch betrachtet – noch härter arbeiten, als Du es wahrscheinlich ohnehin schon tust?
Eine Strategie ist dagegen ein Plan, der auf ein langfristiges Ziel hin ausgerichtet ist, bzw. die Gesamtwirkung auf den Markt. Dabei wird keine Handlung umsonst gemacht, jede hat einen bestimmten Zweck.
Der strategische Ansatz lautet: »Arbeite smart – arbeite klüger!« Die einzelnen Bewegungen werden effektiv ausgeführt. Eine gut geplante strategische Tätigkeitsabfolge zu einem späteren Zeitpunkt kann x-mal effektiver sein als eine planlose Spontanhandlung.
Angenommen, eine Interessentin, d.h. eine potenzielle neue Patientin oder Klientin, kommt in Deine Praxis. Was möchtest Du erreichen?
Der Taktiker strebt an, sie dafür zu gewinnen, diese Behandlung/Beratung zu buchen, u.U. auch nur einen oder zwei Termine.
Und der Stratege? Die Patientin/Klientin soll natürlich ebenfalls buchen, aber im Sinne einer auf Vertrauen basierenden Bindung, weil sie positive Erfahrungen mit der Begleitung macht und langfristig zufrieden ist. Außerdem soll die Kundin idealerweise als Multiplikatorin fungieren, indem sie die Praxis weiterempfiehlt (siehe »Mund-zu-Mund-Propaganda und Social Proof«).
Der taktische Ansatz der Kundengewinnung sieht folgendermaßen aus (ja, »Kunden« – denn Patienten und Klienten sind genau dies – das dürfen wir niemals vergessen):
1. Du versuchst andauernd, Interessenten zu gewinnen.
2. Du hoffst, dass die Interessenten tatsächlich in Deine Praxis kommen.
3. Wenn sie da sind, behandelst Du ihre Beschwerden in möglichst wenigen Sitzungen, damit es ihnen wieder einigermaßen gut geht.
4. Dann hoffst Du, dass sie Dich weiterempfehlen …
5. … und dass sie bald – zumindest beim nächsten gesundheitlichen Problem – wieder zu Dir kommen.
Und was sagen die Patienten/Klienten nach (sehr) wenigen Sitzungen? »Danke, ich melde mich wieder.«
Beim taktischen Ansatz – wir nennen ihn »Hoffnungsmarketing« – ist Deine ganze sorgenvolle Energie auf die Frage »Wie komme ich an neue Patienten/Klienten?« gerichtet. Genau das ist die Krankheit Deiner Praxis: die kurzfristige Fokussierung auf Kundengewinnung, ohne einen dahinterliegenden strategischen Plan.
Hast Du Dir jemals selbst die Fragen gestellt:
»Wie sieht mein langfristiges Ziel aus?
Welche Gesamtwirkung will ich auf meinen Markt haben?
Welchen Eindruck möchte ich hinterlassen?«
Nein? (Oder: Ja …, aber ohne dass Du danach auch die passenden Handlungen umgesetzt hast?) Dann muss ich Dir sagen: Solange Du bloß an Deinen Taktiken arbeitest, solltest Du bedenken, dass Strategie über Taktik siegt – jeden Tag. Du solltest im Voraus denken! Sei ein brillanter Stratege – und ich sage Dir, dann wirst Du die Taktiker quasi rechts überholen; sie werden nicht imstande sein, mit Dir zu konkurrieren.
Die Botschaft lautet: Planen, planen, planen.
Aber Achtung, verwechsle nicht »planen« mit »zögern«! Der beste Plan wird Dir nichts nützen, wenn Du ihn nicht möglichst bald testest und währenddessen optimierst.
Beispiel »Strategische Ziele«
Machen wir mal eine Stippvisite in einem anderen Metier: Stell Dir vor, Du wärst Handelsvertreter/- in eines wirklich guten Produktes. Auf die Frage, was bei einem Kundenbesuch passieren soll, würdest Du sagen: »Ich will einen Verkauf abschließen.«
Ich würde dann nachhaken: »Ist das alles?«
Und Du würdest fragen: »Ähm …, was gibt es denn sonst noch?«
Ja, was gibt es denn sonst noch?
1. Möchtest Du, dass man Dir vertraut?
2. Möchtest Du respektiert und als Experte wahrgenommen werden?
3. Ist Markentreue ein strategisches Ziel?
4. Wie sieht es mit einer Strategie aus, dank der Du bevorzugt wirst, wenn Dich ein Konkurrent zu übertrumpfen versucht?
5. Wie souverän gehst Du mit Preisvergleichen um?
6. Bist Du glücklich über Empfehlungen?
7. Wie wäre es mit Dringlichkeit, damit der Kunde sofort kauft?
Nun haben wir im Grunde sieben verschiedene strategische Ziele. Hättest Du einen Plan, wie Du als Vertreter/-in jedes dieser Ziele erreichen würdest?
Im Übrigen: Dieselben Fragen bzw. strategischen Ziele gelten auch für Dich als Therapeut/-in oder Coach! Deshalb solltest Du Dir (allein oder mit Deinem Team) die Zeit nehmen und »brainstormen«, wie Du jedes dieser strategischen Ziele erreichen könntest. Du wirst erstaunt sein, wie es die Macht Deiner Taktiken dramatisch beeinflusst.
Am Beispiel des zuerst genannten strategischen Zieles lautet also die Überlegung:
Auf welche Weise – d.h. mit welchen Taktiken – kannst Du erreichen, dass man Dir (zu Recht) vertraut?
Ein strategisches Ziel: »600 Prozent mehr Umsatz«
Ich kann hier von einem Unternehmen berichten, das nur ein zusätzliches strategisches Ziel zu jeder taktischen Interaktion mit dem Käufer hinzufügte und damit seinen Umsatz innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren um 600 Prozent steigern konnte:
In einer Stadt eröffneten zwei Möbelgeschäfte zur selben Zeit.
Szene im ersten Laden: Der Kunde interessiert sich für eine Couch, und der Verkäufer zeigt ihm ein Modell nach dem anderen – eine rein taktische Interaktion.
Der Verkäufer im