schaffe das nicht.« Schau Patienten/Klienten an, die (unbewusst) womöglich nicht gesund werden wollen. Manche hegen die Idee: »Ich bin besonders, ich bin einzigartig, bei mir wirkt die Arznei nicht, bei mir hilft die Massage nicht, bei mir hat die Behandlung nicht angeschlagen …« Oder auch: »Ich brauche eine maßgeschneiderte Therapie.«
Sich als unsichtbar und unwichtig zu erachten, kann paradoxerweise ebenfalls eine Form von Streben nach Bedeutsamkeit sein.
Die positive Seite der Bedeutsamkeit besteht darin, dass wir unsere Standards immer wieder erhöhen. Ohne das Bedürfnis, bedeutsam zu sein, wärst Du nicht Heilpraktiker/-in oder Coach geworden und würdest nicht danach streben, Deine Praxis zu verbessern. Dieses Bedürfnis hilft uns zu wachsen.
Bedeutsamkeit kann sich auch darin äußern, dass jemand gut für seine Familie sorgt und sich intensiv um seine Kunden kümmert. Wer seine Arbeit für wichtig hält, fühlt sich bedeutsam. Manche leisten einen wichtigen Beitrag zum Wohl der Menschheit, um sich bedeutsam zu fühlen. Andere gewinnen dieses Gefühl, indem sie materiell sehr reich sind.
Mit Bedeutsamkeit verknüpfte Begriffe sind: Stolz, hohe Standards, Erfolg, Leistung, Perfektion, Disziplin, Wettbewerb, aber auch Zurückweisung.
4. Liebe/Verbindung
Da sich der 1. und der 2. Punkt vermeintlich widersprechen, wirst Du Dich auch nicht über dieses weitere Gegensatzpaar wundern: Der Absonderung durch das Streben nach Bedeutsamkeit (3. Bedürfnis) steht das Bedürfnis nach Liebe und Verbindung gegenüber.
Jeder Mensch braucht das Gefühl, geliebt zu werden und dazuzugehören. Das zieht sich wie ein roter Faden durch unser gesamtes Leben. Werden Kinder nicht berührt und gehalten, dann sterben sie. Menschen fühlen sich mit ihrer Familie, mit ihrer Community, mit dem Stamm, mit der Sippe verbunden.
Diese Liebe ist überlagert worden durch das Konzept der romantischen Liebe (das in etlichen Kulturen nicht existiert): der eine Mensch, der uns sein Leben widmen wird und bei dem wir uns ganz fühlen – und/oder umgekehrt.
Angestrebte Gefühle: Gemeinsamkeit, Leidenschaft, Geborgenheit, Einheit, Begehren, Zärtlichkeit, Wärme.
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Über die vier persönlichen Bedürfnisse hinaus gibt es die transpersonalen/transzendenten Bedürfnisse, die unsere Seele hegt und die unserer menschlichen Erfüllung (bzw. dem Glück) dienen. Nicht jeder findet einen Weg, diese Bedürfnisse so zu stillen, dass es ihn wirklich und nachhaltig befriedigt. Doch indem wir uns auf etwas fokussieren, das größer ist als wir selbst, werden die meisten unserer Probleme und Quellen unseres Schmerzes und unserer Krankheit weniger wichtig.
5. Wachstum
Jedes Kind strebt danach, zu wachsen, und hat Freude daran. Merkmal des Lebens ist u.a. Wachstum – sonst stirbt man. Wenn wir uns weigern, zu wachsen, sterben wir. Wer dort stehen bleiben möchte, wo er gerade steht, wird sterben. Wir müssen uns intellektuell, emotional, spirituell entwickeln und uns verändern. Mit jeder Erfahrung wachsen wir emotional. Lebenserfahrung lässt uns auch intellektuell wachsen.
Das Bedürfnis nach Wachstum ist immens und lebensnotwendig. Die größte (und oft verborgene) Triebfeder auf der Reise des Patienten/Klienten ist ein nicht erfülltes Wachstumsbedürfnis. Jede Krankheit, jede Sehnsucht und Suche ist ein Ausdruck davon, dass das System zu wachsen aufgehört hat, obwohl es nach Wachstum strebt.
Ein Problem bei der Selbstvermarktung der meisten Heilpraktiker: Die Werbung für alternative Therapien, die auf dieses Bedürfnis nach Wachstum anspielt, funktioniert meistens nicht! Ich habe (ungelogen) Tausende von Heilpraktiker-Webseiten gesichtet: Sie setzen zu sehr auf das Thema »Wachstum« bzw. unterstellen den Patienten, wachsen zu wollen.
Das Gleiche gilt für Coaching-Klienten: Sie wollen z.B. abnehmen, mehr Geld verdienen, erfolgreicher sein – aber nicht Bockaden lösen, ihre Kommunikationsfähigkeiten verbessern oder zu ihrer Selbstliebe finden.
Beachte: Es gibt ein offizielles Problem und ein inoffizielles Bedürfnis, aber der bewusste Verstand darf/will davon nichts wissen. Man muss mit diesem Bedürfnis guerillamäßig umgehen; es darf in der Werbung nicht direkt kommuniziert werden, höchstens zwischen den Zeilen durchscheinen.
Ein Patient/Klient kommt mit einem »offiziellen Problem« zu Dir. Deine gesamte Kommunikation muss auf dieser Ebene ablaufen; das offizielle Problem muss angesprochen werden. Doch viele Heilpraktiker, Therapeuten und Coachs begehen den Fehler, bereits einen Schritt weiter zu sein (und mit der Tür ins Haus zu fallen), indem sie dem Patienten/Klienten beizubringen versuchen, was er »wirklich« braucht.
Der unangenehme Hautausschlag ist das drängende Symptom, weswegen der Patient zu Dir kommt. Das Bedürfnis Deines Patienten ist: Du sollst diesen unangenehmen Hautausschlag »wegmachen«, und zwar auf ganz natürliche Art und Weise. Du weißt mehr als Dein Patient. Du weißt z.B., dass ein Hautausschlag zurückzuführen sein könnte auf die Notwendigkeit, innerlich zu wachsen und sich von der Außenwelt besser abzugrenzen. Das darfst Du aber nicht im ersten Gespräch so benennen. Denn sobald Du dieses inoffizielle Bedürfnis Deines Patienten aussprichst, vergraulst Du ihn. Er ist noch nicht so weit. Er will einfach den Hautausschlag weghaben. Er weiß (noch) nicht, dass die Haut ein Spiegel seines seelischen Zustandes ist. Das darf, möchte und sollte er selber entdecken.
Andererseits wird Dein Patient nicht zufrieden sein, wenn Du nichts zu bieten hast, was dieses inoffizielle Bedürfnis anspricht. Es ist ein bisschen so wie mit dem Versteckspielen: Dein Patient will gefunden werden, aber nicht sofort. Und er will sozusagen »in seinem wahren Innersten« gefunden werden.
Entsprechendes gilt im Coaching: Dein Klient will z.B. einfach, dass er endlich seinen beruflichen Durchbruch erlebt. Aber erst einmal will er nichts davon wissen, dass er tiefliegende Erfolgs-Sabotageprogramme hat, die ihm immer kurz vor dem Durchbruch ein Bein stellen.
Als Heilpraktiker/-in oder Coach hast Du einen Plan für Deinen Patienten/Klienten; Du siehst schon das große Ganze bzw. den Weg. Aber Du musst mit diesem Menschen umgehen, ohne ihn zu überfordern. Du nimmst Dich selbst zurück und gibst ihm den Raum, die Dinge selbst in sich zu entdecken – nur dann ist Eure Kommunikation wirkungsvoll. Im Idealfall kommt Dein Patient/Klient selbst darauf, dass es seine größte Sehnsucht ist, zu wachsen, und dass ihm Deine Behandlung oder Beratung geholfen hat, dies zu entdecken.
Ja, es ist eine diffizile Gratwanderung. Patienten/Klienten wehren sich nicht gegen Veränderung, sondern dagegen, verändert zu werden!
6. Dem großen Ganzen dienen/einen Beitrag leisten/Altruismus
Das höchste menschliche Bedürfnis besteht darin, über die eigenen Bedürfnisse hinauszugehen und anderen etwas zu geben. Jedes Menschenleben ist unvollkommen, das nicht in irgendeiner Weise einen Beitrag leistet zu etwas, das größer ist als man selbst. Wir wollen etwas zurückgeben und positive Spuren in der Welt hinterlassen. Wir möchten dem, was größer ist als wir selbst, mit unseren besten Fähigkeiten dienen. Das eigene Ego wird dabei transzendiert. Das ist nicht mit Selbstlosigkeit zu verwechseln; wer selbstlos agiert, hat keinen Zugang mehr zu seinen Fähigkeiten. Es geht darum, sich selbst einzubringen und mit dem, was man hat und kann und ist, seinen Beitrag zu leisten.
Du gibst Zeit, erfüllst eine ehrenamtliche Aufgabe, kümmerst Dich um Deine gebrechlich werdenden Eltern, schenkst einem sehr armen Patienten eine Behandlung bzw. einem Klienten eine Beratung, spendest Geld für wohltätige Zwecke usw. Du brauchst das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, um glücklich zu sein.
Lass Dich vom folgenden »Geheimnis« leiten, aber kommuniziere es nicht direkt gegenüber Deinem Patienten/Klienten:
Die Erfüllung dieses sechsten Bedürfnisses kann sehr effektiv alle anderen Bedürfnisse mit erfüllen.
Man hat z.B. Abwechslung im Leben, wird sich bedeutsam fühlen und das spirituelle Band kreieren, indem man das Leben anderer verbessert. Gleichzeitig wächst man dabei.
Ich meine, Dein wirkliches Motiv, Therapeut/-in oder Coach zu sein,