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Liebesgeschichten der Bibel


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Als meine Hände nach dem Riegel greifen,

       da sind sie feucht von bestem Myrrhenöl.

       Schnell öffne ich die Tür für meinen Freund;

       doch er ist fort, ich kann ihn nicht mehr sehn.

       Mein Herz steht still, fast tötet mich der Schreck!

       Ich suche meinen Freund, kann ihn nicht finden.

       Ich rufe ihn, doch er gibt keine Antwort.

       Die Wächter finden mich bei ihrem Rundgang.

       Sie schlagen ohne Mitleid auf mich ein

       und reißen mir den Umhang von den Schultern.

      SIE

       Ihr Mädchen alle, ich beschwöre euch:

       Wenn euch mein Freund begegnet, sagt ihm doch,

       die Liebessehnsucht macht mich matt und krank!

      DIE MÄDCHEN

       Beschreib ihn uns,

       du schönste aller Frauen!

       Wer ist es, den du suchst?

       Was unterscheidet ihn

       von anderen Männern,

       dass du uns so beschwörst?

      SIE

       Mein Liebster ist blühend und voller Kraft,

       nur einer von Tausenden ist wie er!

       Sein schönes Gesicht ist so braun gebrannt,

       sein Haar dicht und lockig und rabenschwarz.

       Die Augen sind lebhaften Tauben gleich.

       Ganz weiß sind die Zähne, als hätten sie

       gebadet in Bächen von reiner Milch.

       Die Wangen sind Beete voll Balsamkraut,

       die herrlichsten Würzkräuter sprießen dort.

       Wie Lilien leuchtet sein Lippenpaar,

       das feucht ist von fließendem Myrrhenöl.

       Die Arme sind Barren aus rotem Gold,

       mit Steinen aus Tarschisch rundum besetzt.

       Sein Leib ist ein Kunstwerk aus Elfenbein,

       geschmückt mit Saphiren von reinster Art.

       Die Beine sind marmornen Säulen gleich,

       die sicher auf goldenen Sockeln stehn.

       Dem Libanon gleicht er an Stattlichkeit,

       den ragenden Zedern an Pracht und Kraft.

       Sein Mund ist voll Süße, wenn er mich küsst –

       ja, alles an ihm ist begehrenswert!

       Seht, so ist mein Liebster und so mein Freund.

       Nun wisst ihr’s, ihr Mädchen Jerusalems!

      DIE MÄDCHEN

       Schnell, sag uns noch,

       du schönste aller Frauen:

       Wo ging dein Liebster hin?

       Wir wollen mit dir gehn

       und nach ihm suchen!

       Wo könnte er denn sein?

      SIE

       Er ist in seinem Garten,

       wo Balsamsträucher stehn,

       wo er die Herde weidet

       und schöne Lilien pflückt.

       Nur mir gehört mein Liebster

       und ich gehöre ihm!

       Er findet seine Weide,

       wo viele Blumen stehn.

      ER

       Schön wie Tirza bist du, Freundin,

       strahlend wie Jerusalem;

       wie ein Trugbild in der Wüste

       raubt dein Anblick mir den Atem.

       Wende deine Augen von mir,

       denn sie halten mich gefangen.

       Wie die Herde schwarzer Ziegen

       talwärts vom Berg Gilead zieht,

       fließt das Haar auf deine Schultern.

       Deine Zähne glänzen prächtig.

       Weiß sind sie wie Mutterschafe,

       wenn sie aus der Schwemme steigen;

       jedes kommt mit seinem Jungen,

       keins ist unfruchtbar geblieben:

       Keiner fehlt in seiner Reihe.

       Deine Wangen hinterm Schleier

       schimmern rötlich wie die Scheibe

       eines Apfels vom Granatbaum.

       Lass den König sechzig Frauen,

       achtzig Konkubinen haben,

       dazu Mädchen ohne Zahl!

       Meine Liebe gilt nur einer:

       meinem makellosen Täubchen!

       Sie ist ihrer Mutter Liebling,

       denn sie ist die einzige Tochter.

       Sähen sie die andern Frauen,

       Königinnen, Konkubinen,

       alle würden sie besingen:

      DIE FRAUEN

       »Wer leuchtet so schön wie das Morgenrot,

       so hell wie der Mond, wie der Sonne Strahl,

       verwirrend wie Bilder im Wüstensand?«

      ER

       Ich ging hinunter in den Walnussgarten,

       um mich am frischen Grün des Tals zu freuen,

       des Weinstocks neue Triebe anzuschauen

       und auch die ersten Blüten am Granatbaum.

      SIE

       Was ist mit mir? Ich kann mich kaum beherrschen,

       obwohl ich doch aus edlem Hause stamme!

      DIE MÄDCHEN UND FRAUEN

       Komm, dreh dich im Hochzeitstanz, Schulammít!

       Komm, dreh dich im Tanze und lass dich sehn!

      SIE

       Was habt ihr davon, mich beim Tanz zu sehn?

       Was ist denn Besonderes an Schulammít?

      ER

       Deine Füße sind zierlich

       in den Schuhen, du Fürstin!

       Und das Rund deiner Hüften

       ist das Werk eines Künstlers!

       Einer Schale, der niemals

       edler Wein fehlen möge,

       gleicht dein Schoß, süßes Mädchen!

       Wie ein Hügel von Weizen

       ist dein Leib, rund und golden

       und von Lilien umstanden.

       Deine Brüste sind herzig

       wie zwei junge Gazellen.

       Einem Elfenbeinturm gleich

       ist dein Hals, schlank und schimmernd.

       Deine Augen – zwei Teiche

       nah beim Tore von Heschbon.

       Deine Nase ist zierlich

       wie der Vorsprung des Wachtturms

       an dem Weg nach Damaskus.

       Wie das Karmelgebirge

       ist dein Kopf, hoch und prächtig.