Jan-A. Bühner

Arztgeschichten der Bibel


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ging zum König und berichtete ihm, was das Mädchen gesagt hatte.

      »Geh doch hin«, antwortete der König, »ich werde dir einen Brief an den König von Israel mitgeben.«

      Naaman machte sich auf den Weg. Er nahm 7 Zentner Silber, eineinhalb Zentner Gold und zehn Festgewänder mit. Er überreichte dem König von Israel den Brief, in dem es hieß: »Ich bitte dich, meinen Diener Naaman freundlich aufzunehmen und von seinem Aussatz zu heilen.«

      Als der König den Brief gelesen hatte, zerriss er sein Gewand und rief: »Ich bin doch nicht Gott! Er allein hat Macht über Tod und Leben! Der König von Syrien verlangt von mir, dass ich einen Menschen von seinem Aussatz heile. Da sieht doch jeder: Er sucht nur einen Vorwand, um Krieg anzufangen!«

      Als Elischa, der Mann Gottes, davon hörte, ließ er dem König sagen: »Warum hast du dein Gewand zerrissen? Schick den Mann zu mir! Dann wird er erfahren, dass es in Israel einen Propheten gibt!«

      Naaman fuhr mit all seinen pferdebespannten Wagen hin und hielt vor Elischas Haus. Der Prophet schickte einen Boten hinaus und ließ ihm sagen: »Fahre an den Jordan und tauche siebenmal darin unter! Dann bist du von deinem Aussatz geheilt.«

      Naaman war empört und sagte: »Ich hatte gedacht, er würde zu mir herauskommen und sich vor mich hinstellen, und dann würde er den HERRN, seinen Gott, beim Namen rufen und dabei seine Hand über der kranken Stelle hin- und herbewegen und mich so von meinem Aussatz heilen. Ist das Wasser des Abana und des Parpar, der Flüsse von Damaskus, nicht besser als alle Gewässer Israels? Dann hätte ich ja auch in ihnen baden können, um geheilt zu werden!«

      Voll Zorn wollte er nach Hause zurückfahren. Aber seine Diener redeten ihm zu und sagten: »Herr, bedenke doch: Wenn der Prophet etwas Schwieriges von dir verlangt hätte, hättest du es bestimmt getan. Aber nun hat er nur gesagt: ›Bade dich und du wirst gesund!‹ Solltest du es da nicht erst recht tun?«

      Naaman ließ sich umstimmen, fuhr zum Jordan hinab und tauchte siebenmal in seinem Wasser unter, wie der Mann Gottes es befohlen hatte. Da wurde er völlig gesund und seine Haut wurde wieder so rein wie die eines Kindes.

      Mit seinem ganzen Gefolge kehrte er zu Elischa zurück, trat vor ihn und sagte: »Jetzt weiß ich, dass der Gott Israels der einzige Gott ist auf der ganzen Erde. Nimm darum von mir ein kleines Dankgeschenk an!«

      Aber Elischa erwiderte: »So gewiss der HERR lebt, dem ich diene: Ich nehme nichts an.«

      Sosehr Naaman ihm auch zuredete, Elischa blieb bei seiner Ablehnung.

      Schließlich sagte Naaman: »Wenn du schon mein Geschenk nicht annimmst, dann lass mich wenigstens so viel Erde von hier mitnehmen, wie zwei Maultiere tragen können. Denn ich will in Zukunft keinem anderen Gott mehr Brand- oder Mahlopfer darbringen, nur noch dem HERRN. In einem Punkt jedoch möge der HERR Nachsicht mit mir haben: Wenn mein König zum Tempel seines Gottes Rimmon geht, um zu beten, muss ich ihn mit dem Arm stützen und mich zugleich mit ihm niederwerfen – der HERR möge es mir verzeihen!«

      Elischa sagte: »Kehre heim in Frieden!«

      Als Naaman schon ein Stück weit entfernt war, sagte sich Gehasi, der Diener Elischas: »Mein Herr lässt diesen reichen Syrer mit der ganzen Last seiner Geschenke wieder abziehen. Er hätte ihm ruhig etwas davon abnehmen können. So gewiss der HERR lebt: Ich laufe hinterher und hole das nach!«

      Gehasi lief, so schnell er konnte.

      Als Naaman ihn herankommen sah, stieg er von seinem Wagen, ging ihm entgegen und fragte: »Es ist doch nichts passiert?«

      »Nein«, sagte Gehasi, »aber mein Herr lässt dir sagen: ›Eben sind aus dem Bergland Efraïm zwei junge Leute von der dortigen Prophetengemeinschaft zu mir gekommen. Gib mir doch einen Zentner Silber und zwei Festgewänder für sie!‹«

      »Ich bitte dich, nimm zwei Zentner«, sagte Naaman und drängte es ihm sogar auf. Er ließ das Silber in zwei Säcke verpacken, legte die beiden Festgewänder darauf und schickte zwei seiner Leute mit, die das Geschenk vor Gehasi hertragen sollten. Beim Hügel vor der Stadt schickte Gehasi die beiden Männer zurück und brachte die Geschenke heimlich in Elischas Haus.

      Als er zu seinem Herrn kam, fragte ihn der: »Woher kommst du, Gehasi?«

      »Ich war doch nicht weg«, sagte der Diener.

      Aber Elischa entgegnete ihm: »Ich war im Geist dabei, als der Mann von seinem Wagen stieg und dir entgegenging! Dies ist nicht der Augenblick, Geld und Festkleider anzunehmen und sich dafür Olivenhaine und Weingärten, Schafe und Rinder, Sklaven und Sklavinnen zuzulegen. Der Aussatz Naamans wird dich und alle deine Nachkommen befallen und ihr werdet ihn nie wieder loswerden!«

      Als Gehasi von Elischa wegging, war seine Haut vom Aussatz so weiß wie Schnee.

       Gott erhört Hiskijas Gebet

      Wahrscheinlich gibt es so etwas wie Amtskrankheiten: Menschen müssen Krisen, die sie im öffentlichen Amt durchleben, manchmal auch als persönliche Erkrankung erleiden. Die schwere Erkrankung von König Hiskija ist jedenfalls verbunden mit der Krise nach der Belagerung Jerusalems durch den assyrischen König Sanherib. Der Schrecken einer bevorstehenden Katastrophe war so nahe gekommen, dass er den König in Amt und Person völlig aus der Fassung brachte. Der Abzug Sanheribs kostete Hiskija einen hohen Preis. Königs- und Tempelschatz mussten dafür komplett geplündert werden. Für Hiskija war das eine große Niederlage. Was sein Königtum, sein Volk und den Tempel belastete, erleidet er nun auch ganz persönlich. Der Bezug zum Gott Israels, der durch die Herausgabe des Tempelschatzes dem Gespött der Feinde preisgegeben wurde, muss ihm als schwer beschädigt erscheinen. Wahrscheinlich sind es auch Versagens- und Schuldgefühle, die Hiskija nun bis ins Körperliche hinein zusetzen. Aber Gott wendet sich seinem Volk, seinem König und dem Tempel wieder zu. Hiskija erfährt dies als unerwartete Genesung von einer zunächst tödlich scheinenden Erkrankung.

      Um zum Vertrauen zu Gott und damit zum Leben zurückzufinden, benötigt er nach dieser schweren öffentlichen und privaten Krise allerdings einen besonders kräftigen Anstoß. Vermittelt duch den Propheten Jesaja bietet Gott seinem prominenten Patienten ein außerordentliches Zeichen an: Durch ein kurzzeitiges Rücklaufen der Sonne zeigt er, dass er Herr der Schöpfung ist, der allen Geschöpfen gebietet und darum auch tödliche Krankheiten durch einen Akt der Neuschöpfung überwinden kann. (2Könige 20,1-11)

      Damals wurde Hiskija todkrank. Der Prophet Jesaja, der Sohn von Amoz, kam zu ihm und sagte: »So spricht der HERR: ›Bereite dich auf dein Ende vor! Du wirst von diesem Krankenlager nicht wieder aufstehen.‹«

      Hiskija drehte sich zur Wand hin und betete: »Ach, HERR, denk doch daran, dass ich dir immer treu war! Ich habe dir mit ganzem Herzen gehorcht und stets getan, was dir gefällt.«

      Hiskija brach in Tränen aus und weinte laut.

      Jesaja war erst bis zum mittleren Hof des Palastes gekommen, da erging an ihn das Wort des HERRN; er erhielt den Befehl: »Kehr um und sag zu Hiskija, dem Anführer meines Volkes: ›So spricht der HERR, der Gott deines Ahnherrn David: Ich habe dein Gebet gehört und deine Tränen gesehen. Ich werde dich gesund machen. Am dritten Tag von heute an wirst du wieder in meinen Tempel gehen können. Ich gebe dir noch fünfzehn Jahre dazu und werde dich und diese Stadt vor dem König von Assyrien retten. Um meiner Ehre willen und meinem Diener David zuliebe werde ich Jerusalem beschützen.‹«

      Jesaja richtete die Botschaft aus. Dann sagte er zu den Dienern: »Legt einen Verband aus gepressten Feigen auf die entzündete Stelle, dann wird der König gesund werden.«

      Hiskija fragte Jesaja: »Woran kann ich erkennen, dass der HERR mich wirklich gesund machen wird und ich schon übermorgen in seinen Tempel gehen werde?«

      Jesaja antwortete: »Der HERR wird dir ein Zeichen geben, an dem du erkennen kannst, dass er seine Zusage wahr macht. Du hast die Wahl: Soll der Schatten auf der Treppe zehn Stufen vorrücken oder zehn Stufen zurückgehen?«

      Hiskija