unter anderem die als leistungsschwach dargestellten Vornamen Kevin, Mandy, Chantal, Angelina, Jacqueline, Justin und Maurice auf Grundlage der Universitätsmatrikel der Universität Leipzig (Namen aller Studenten und Mitarbeiter bis 2000) und Vornamenstatistiken der DDR bis 1990. Es betrifft hier vor allem die Vornamen in der DDR. Die Vornamen Mandy, Nancy, Cindy, Sindy, Sandy und Peggy werden als sogenannte »DDR-Namen« bezeichnet. Sie sind alle in den Universitätsmatrikeln enthalten. Und tatsächlich waren diese Vornamen in der DDR insbesondere bei der Mittelschicht in den 1970er- bis 1990er-Jahren recht beliebt. Mandy gehörte zu dieser Zeit zu den beliebten weiblichen Vornamen in der DDR, vor allem aber in Ostmitteldeutschland. Mandy ist ein typischer Mittelschichtenname. Ein ähnliches Bild ergibt sich für Nancy, Cindy, Peggy und Sandy. Es sind Vornamen, die vom Bildungsbürgertum vergeben wurden.
Die als negativ eingeschätzten Vornamen Justin, Maurice, Chantal und Angelina erscheinen in den Universitätsmatrikeln noch recht wenig. Diese Namen sind erst in den 1990er-Jahren stärker aufgekommen – und wohl in den eher bildungsärmeren Schichten. Der Vorname Kevin erscheint auch nur 18-mal zwischen 1972 und 1985. Darunter befanden sich zwei Studenten aus den USA, einer aus Aschaffenburg und die übrigen aus Sachsen und Sachsen-Anhalt, die an der Universität Leipzig vor allem Betriebswirtschaft und naturwissenschaftliche Bereiche studierten. In der DDR gab es für den Namen Kevin Mitte der 1980er-Jahre einen Anstieg. In den 1990er-Jahren zählte Kevin zu den zehn beliebtesten männlichen Vornamen in den neuen Bundesländern. Damit wurde er für das Bildungsbürgertum eher uninteressant.
SANDY TRIFFT MANDY UND RANDY – VORNAMEN IN DER EHEMALIGEN DDR
Es ist ja ein sehr populärer Fun-Fact, dass man sagt, die Eltern in der DDR hätten ihren Kindern Namen gegeben, die englisch klingen, als Ausdruck von Fernweh und Sehnsucht nach diesen Ländern, in die sie nie reisen durften. Das klingt nachvollziehbar, ist aber falsch. Zumindest ist es nicht der Hauptgrund. Vielmehr ist es so, dass in der DDR natürlich Russisch erste Fremdsprache war, aber – was viele nicht mehr wissen –, Englisch war die zweite. Und so wurde es in den 1980er-Jahren unter den Bildungsbürgern in der DDR populär, sein Kind Sandy, Mandy oder Peggy zu nennen. Denn es war ein Privileg, Englisch zu können. Und wer es konnte, der hat es auch gezeigt. Zum Beispiel im Vornamen seines Kindes. Natürlich tauchten diese Namen auch in den Schulbüchern sowie im Bildungsfernsehen auf – vor allem Peggy und Tom. Und so wurden die beiden sehr beliebte Vornamen. Mit Fernweh oder gar Protest gegen das Eingesperrtsein hatte das wenig zu tun.
Andere englische Namen standen nicht in den Büchern, die kannte man oft nur vom Hören, zum Beispiel aus dem West-Fernsehen. So entstand wahrscheinlich die bekannteste ostdeutsche Abwandlung: Maik satt Mike. Zwar hat der Name Maik auch friesische Wurzeln, als Koseform von Meinhard, die man heute noch in der sehr beliebten Mädchenvariante Maike (oder Meike) findet. Aber man kann davon ausgehen, dass diese Form im Gebiet der DDR nicht geläufig war. Es ist eine klassische Eindeutschung eines Namens (siehe Kapitel S. 185ff.), den man eben nur gehört, aber nie aufgeschrieben gesehen hat.
Auch Madeleine wurde so in der DDR zu Madlen oder Yvonne zu Ivonne – oder Vivian zu Vivien. Sei es nun, weil die Eltern die wirkliche Schreibweise nicht kannten, oder auch, weil sie sie ganz bewusst »eindeutschten«, um damit größere Chancen zu haben, dass der Name genehmigt wird. Heute klingen manche Namen zwar ganz gängig, aber den Verdacht, dass ihre Eltern etwas einfältig waren und kein Englisch oder Französisch konnten, tragen die Kinder immer mit sich.
Auch den »Kevin« hatte man in der DDR sehr früh für sich entdeckt, hier wurde er sogar noch früher als im Westen eingetragen. Hier kannte man den Namen ebenfalls nur vom Hören, schließlich hat die Regierung dafür gesorgt, dass man nicht sieht, wie der Name geschrieben wird. Es gab deshalb also nur einige Anfragen für Kewin, Kevyn, Keven, Kewen oder auch Cevin, die dann abgelehnt wurden. Auch Kevin wurde zunächst abgelehnt, aber dann gewährte man auch hier den Bürgern diese kleine Extravaganz.
Ebenfalls eine Rolle spielt der regionale Einfluss. Im norddeutschen Raum, dessen Bewohner eher als mundfaul und kühl gelten, sind auch die Namen eher kurz und kantig: Ole, Jan, Finn, Lasse, Merle, Nele. Da spürt man schon beim Namen eine steife Nordseebrise. Im tiefsten Bayern, wo man den Menschen eher einen weichen, barocken und redseligen Charakter nachsagt, findet man ausladende, lange und warme, gemütliche Namen: Katharina, Veronika, Korbinian, Maximilian. In Sachsen wiederum kommt der Melodie des Dialektes die Endung auf »-i«, »-ie« oder »-y« entgegen. Also Ronny, Peggy, Mandy in den 1980er-Jahren. Und heute finden wir hier oft: Lilly, Leni, Emily, Hailey, Fibie, Tommy oder Harley.
Die Auswirkungen – nomen est omen
Die negativen Assoziationen, die allein der Name bei anderen auslöst, können frappierend sein. Ich kenne eine Untersuchung, für die einem Arbeitgeber zwei identische Bewerbungsmappen vorgelegt wurden. Die eine eingesandt von einem Kevin, die andere von einem Alexander. Das Ergebnis überrascht kaum: Der »Alexander« war durchweg der bevorzugte Kandidat.
In den USA gibt es dieses Phänomen schon länger, da werden oft krasse Unterschiede zwischen »schwarzen«, »weißen« oder »Latino- Namen« gemacht, aber auch schon zwischen »intelligenten« und »weniger intelligenten«. Sei es in der Schule, bei Bewerbungen, aber auch in der Behandlung durch Behörden – eine so eingefahrene wie üble Tradition, die nun ebenso immer mehr zu uns herüberschwappt. Leider.
Ich bekam vor einiger Zeit eine Anfrage zum afroamerikanischen männlichen Vornamen Latrell. Die Mutter ist Deutsche, ihr Mann Afroamerikaner. Das Kind bekam den Vornamen Latrell, einen typisch »schwarzen« Namen. Die Mutter wollte ihrem Sohn noch den Zweitvornamen Justin geben. Da legte der Vater ein Veto ein. Er sagte: »Ich gebe meinem Kind doch keinen weißen Namen!«
Das war meine erste Konfrontation mit den Begriffen »weiße« und »schwarze« Vornamen. In meiner Bibliothek habe ich inzwischen aber ein amerikanisches Buch mit dem Titel »Black Names«. So ganz akut wird es wohl in Deutschland nicht werden. Allerdings höre ich dann schon mal von deutsch-afrikanischen oder deutsch-afroamerikanischen Eltern: »Ich kann meinem Kind, das schon durch sein Äußeres auffallen wird, nicht einen normalen deutschen Vornamen geben. Bei ›Keshia‹ für ein Mädchen passt der ursprünglich afroamerikanische Name auch für ein afrodeutsches Mädchen.«
Ich wurde schon einige Male von der Kriminalpolizei gebeten, ein Gutachten zu schreiben, um über den Vornamen Aufschluss zum Täter zu bekommen. So gab es eine Anfrage zum Vornamen Justin. Bekannt war der Vorname nur vom Hören. Vermutet wurde ein ausländischer Hintergrund (Russlanddeutsche). Ich helfe natürlich immer gern, aber dass ein Name Aufschluss geben soll, wie kriminell jemand ist, das erscheint mir doch als sehr gewagt.
Auch bei der Partnersuche haben es Männer mit dem »falschen« Vornamen schwerer. Befragungen bei Dating-Portalen zeigen, dass Männer mit positiv assoziierten Vornamen, wie zum Beispiel Alexander, eher beachtet werden als solche mit negativ assoziierten, wie zum Beispiel Kevin.
In einer Studie der Humboldt-Universität Berlin wurden im Jahr 2011 die Daten von 900 Mitgliedern des Datingportals »eDarling« ausgewertet. Mit dem Ergebnis, dass Profile mit »attraktiven« Namen häufiger angeklickt werden als solche mit »unattraktiven«. Einziger Trost für die »Kevins«: Den Frauen geht es nicht besser. Die fünf Namen mit den besten Chancen beim anderen Geschlecht waren: Felix, Paul, Lukas, Jens und Tim sowie Hannah, Lena, Katharina, Claudia und Sophie.
Deutlich weniger gut sieht es, das Glück in der Liebe betreffend, aus für Kevin, Uwe, Peter, Mike und Heiko sowie für Chantal, Johanna, Sylvia, Laura und Petra.3
Kevin (unattraktiv)
Tim (attraktiv)
Informationen darüber, wie Sie Onogramme lesen und wie sie enstehen sowie die Onogramme der häufigsten deutschen Namen finden Sie ab Seite 228.4
Die Assoziationen, die ein Vorname bei der Partnerwahl auslösen kann, nahm schon 1895 der irische Schriftsteller Oscar Wilde in seiner Komödie »Bunbury« aufs Korn. Sie trägt im Original den eindeutigeren