zu finden ist, in einer anderen Situation, und nicht hier und jetzt. Das ist die Grundannahme des Strebens, nicht nur nach Lust, sondern nach irgendetwas, einschließlich nach Frieden. Wenn wir nach etwas streben, entfernen wir uns von Lust oder von Frieden oder von der Quelle von Lust und Frieden. Wenn ich also sage, man soll absolut nichts tun, dann meine ich damit, daß man nicht streben soll – nicht nach Lust streben oder Frieden oder Sicherheit oder Liebe oder überhaupt nach irgendetwas –, weil in der Aktivität des Strebens implizit ist, daß es etwas zu tun oder daß es irgendwohin zu gelangen gibt. Streben geht von der Annahme aus, daß es etwas zu finden gibt, daß irgendwohin zu gelangen ist, daß ein Ziel erreicht werden soll.
Es ist erstaunlich zu sehen, wie Massen von Menschen – fast alle – nach etwas suchen, daß da wäre, wenn sie nur aufhören würden zu suchen, und was nicht da sein kann, bevor sie mit Suchen aufhören. Menschen neigen dazu, zu glauben, daß sie erst finden müssen, was sie suchen, und daß sie dann aufhören. Die Wahrheit ist, daß es zu dem Finden nur kommen kann, wenn die Suche aufhört. Dies ist die Absurdität der meisten unserer Aktivitäten und Dinge, die wir tun – wir suchen etwas und gerade durch diesen Akt des Suchens entfernen wir uns von dem, was wir suchen. Diese Beobachtung gibt eine Perspektive wieder, die die meisten Menschen nicht teilen. Aus der konventionellen Perspektive klingt es absurd. Sogar Menschen, die dies aus ihrer eigenen Erfahrung wissen, bleiben nicht überzeugt genug, um ihr Verhalten im Hinblick auf das Suchen wirklich zu ändern. Sie glauben immer noch nicht, daß die Lust, der Friede und die Erfüllung jetzt genau hier sind.
All diese Qualitäten sind in eurem eigensten Sein: sie sind nicht etwas anderes oder irgendwo anders. Wer ihr eigentlich seid ist die Quelle, gerade eure Natur ist die Quelle der Lust, des Friedens und der Liebe – all dessen, wonach ihr normalerweise strebt. Gleich was ihr denkt, was ihr braucht, jede Sekunde eures Lebens, von Anfang bis Ende, nur ihr könnt diese Suche zur Erfüllung bringen. Wenn ihr Lust sucht, dann werdet ihr dazu neigen, nur Leiden hervorzurufen, früher oder später.
Dies bedeutet, daß alle anderen Dinge in unserem Leben – was man erreicht hat, Erfolg, Reichtümer, Berühmtheit, dieses oder jenes, was man bekommen hat – aus der Perspektive unserer wahren Natur bedeutungslos sind. Es ist alles notwendig; es ist notwendig, daß Menschen arbeiten, Geld verdienen und so weiter. Aber diese Dinge sind nur für das Überleben notwendig, sie bringen nicht Erfüllung oder Frieden, und oft verschaffen sie einem keine Freude. Es ist interessant, daß wir diese Wahrheit einfach dadurch erkennen können, daß wir die Welt unmittelbar um uns untersuchen, und im nächsten Augenblick verhalten wir uns dann so, als hätten wir nichts gesehen. Viele Menschen in der Welt haben genug Geld, genug Arbeit und genug Nahrungsmittel; sie haben Menschen, die sie wertschätzen und so weiter, aber wahrscheinlich sind neunundneunzig Prozent dieser Menschen unglücklich. Und doch sind wir immer noch nicht überzeugt. Wir glauben: „Ich werde zu dem einen Prozent gehören. Wenn ich bekomme, was ich will, dann bin ich glücklich.“
In Wirklichkeit sind die Menschen, die zu dem einen Prozent gehören, die Erfüllung finden, diejenigen, die sich nicht um jene Errungenschaften kümmern. Deshalb sind sie erfüllt. Es liegt nicht daran, daß sie erfolgreich sind oder daß sie etwas bekommen haben – Reichtum, gesellschaftliche Stellung, einen Liebhaber oder was auch immer. Glaubt nicht den Leuten, die im Fernsehen auftreten und ihre Erfolgsgeschichten erzählen und sagen, wie glücklich sie sind. Es ist nicht wahr. Man kann dies in ihrem Gesicht sehen. Sie haben eine Vorstellung im Kopf, daß sie glücklich sind: „Ich habe, was ich will, also muß ich glücklich sein, denn ich habe immer daran geglaubt, daß es so funktioniert.“ Manche Menschen lassen sich vielleicht davon täuschen, aber jeder, der wahre Erfüllung kennt, sieht, daß es nicht wahr ist. Wir sind vielleicht begeistert, wenn wir bekommen, was wir wollen, was uns eine Weile unsere Hoffnungen erhält. Wir glauben, daß andere Dinge folgen werden, die unser Glück vervollständigen, aber gewöhnlich finden wir heraus, daß das nicht wahr ist. Ich sage nicht, daß Erfolg, Reichtum oder gesellschaftliche Stellung an sich schlecht sind, ich sage, daß sie an sich leer sind. Alle Aktivitäten im Leben – alle Errungenschaften, alle Situationen und alle Beziehungen – sind leer, wenn man nicht da ist, wenn man nicht in ihnen präsent ist. Dies ist ein fundamentales Gesetz der menschlichen Natur.
Da wir aber diesem Gesetz nicht glauben, halten wir uns an das Suchen. Auch wenn ihr alle Erfüllung und Frieden erfahren habt, wenn ihr einmal ohne nach etwas zu streben ganz präsent wart, glaubt ihr doch weiter, daß Suchen und Bekommen, was ihr sucht, zu Erfüllung führen. Ihr müßt begreifen, wie hartnäckig dieser Glaube ist, sogar angesichts so vieler Erfahrungen, die ihn widerlegen. Wenn ihr eure Annahmen klar anschaut, wenn ihr leidet, dann könnt ihr sehen, wie ihr in diesem Augenblick, in dem ihr die Illusion des Suchens glaubt, der Überzeugung seid, daß Frieden nicht einfach hier und jetzt sein kann. Ihr erkennt, daß ihr wirklich glaubt, wenn ihr dieses oder jenes bekommt, dann werdet ihr glücklich sein. An einer sehr tiefen Stelle ist jede Persönlichkeit von dieser Sicht der Dinge absolut überzeugt.
Es kostet einen Menschen sehr viel Zeit, ein gewaltiges Maß an Arbeit und wiederkehrende, immer noch zunehmende Enttäuschungen, bis er oder sie anfängt zu überlegen: „Vielleicht liege ich falsch, vielleicht gibt es überhaupt nichts auf dieser Welt, das es für mich bringt.“ Ihr müßt so oft mit dem Kopf gegen die Wand rennen. Ihr müßt sehr viel leiden, bevor ihr eure fundamentalen Überzeugungen in Bezug auf die Realität in Frage stellt. Wenn ich mit Menschen arbeite, dann habe ich den Eindruck, daß meine Arbeit einfach aufdecken hilft, daß das, was sie glauben, nicht wirklich wahr ist. Alle leiden, weil sie entsprechend bestimmter Ansichten von der Wirklichkeit mit einer solchen Überzeugtheit handeln, daß sie für diese Ansichten bis zum bitteren Ende kämpfen. Auch wenn sie an der Gruppe teilnehmen und die Wahrheit erforschen oder selbst-verwirklicht werden möchten, ist ihr Motiv, ihr Suchen noch effektiver fortzusetzen.
In dem Maß, in dem wir aus der Perspektive leben, Erfüllung zu finden, oder zu versuchen, besser zu werden, leben wir in einer leeren Welt. Wenn wir aber einfach anhalten, alles Suchen einfach vergessen und das Streben aufgeben, dann wird die Welt schön und voll. Wenn ihr sucht, trennt ihr euer Bewußtsein, eure Seele, von eurem Sein, von eurer Quelle, sodaß eure ganze Wahrnehmung dann Wahrnehmung ohne Sein ist. Gleich was ihr erwerbt oder erreicht, ihr seid mit Armut geschlagen, weil ihr von einer verarmten Perspektive aus lebt. In dieser Situation könnt ihr nur eure verarmte Sehweise weiter perpetuieren. Dieses Suchen ist von Natur aus eine Bewegung weg von der Fülle der Wirklichkeit und der Quelle von Lust, Frieden oder was immer man so fieberhaft sucht. Wirklichkeit kann nicht durch Suchen erreicht werden; man sieht sie nicht, weil man nach etwas anderem sucht. Was immer man sucht, es kann immer verfeinerter erscheinen oder näher an der Wahrheit oder näher an Erfüllung, aber das spielt alles keine Rolle. Es ist die Aktivität des Suchens, die zählt; gleich was man sucht, diese Aktivität ist dieselbe. Ihr sucht vielleicht Anerkennung durch euren Vater oder einen Liebhaber oder Erfolg in eurer Arbeit oder Erleuchtung. Es ist alles Suchen, deshalb ist es alles dasselbe.
Bei allem Suchen, und in der Aktivität, die zu allem Suchen gehört, lebt man in der Annahme, daß man mangelhaft ist. Auf diese Weise verstärkt die Aktivität des Suchens das Gefühl der Armut. Meiner Beobachtung nach neigt ein Mensch, gleich wie oft er dies hört oder es sogar verwirklicht, dazu, sich weiter auf eine Art zu verhalten, die Mangel impliziert. Es ist eine tiefe Überzeugung: daß wir im Grunde mangelhaft sind, daß wir nichts Gutes oder Reales haben. Aus dieser eingefleischten Perspektive ist das Gute immer irgendwo anders; man kann es nur irgendwo anders oder irgendwann in der Zukunft oder auch nur in der Vergangenheit finden.
Suchen ist die Basis von Leiden. Die Frage kann aufkommen: wenn es nichts zu suchen gibt, und wenn Suchen falsch ist, wie könnt ihr dann diese Arbeit machen? Wozu ist Üben da? Bei unserer inneren Arbeit geht es, wie ihr wißt, darum, euch selbst zu verstehen, zum Bewußtsein eurer wahren Natur zu gelangen. Was bedeutet es, euch selbst zu verstehen? Worin besteht der Prozeß der inneren Erforschung (inquiry), wenn ich nicht versuche, in alle Winkel und Spalten zu schauen, und all die wunderbaren Dinge finde und versuche die schrecklichen Sachen loszuwerden? Um die Praxis der inneren Erforschung zu verstehen, müssen wir von der Perspektive von Nichtsuchen, von der Perspektive reinen Seins, von unserer eigenen inneren Natur und Quelle her darangehen.
Es sieht so aus, daß die normale Ego-Aktivität des Suchens, wenn jemand die innere Arbeit eine gewisse