erfolgreich werden. Aber das, was Heranwachsende in den von uns geschaffenen „Bildungseinrichtungen“ lernen können, reicht dazu nicht aus. Eine Ausbildung, also der Erwerb von Wissen und Können, auch von Kompetenzen, ist zu wenig, um sein Leben so gestalten zu können, dass es auch wirklich gelingt. Allein damit kann aus einem Heranwachsenden kein glücklicher Mensch werden, bestenfalls ein gut ausgebildeter und vorübergehend erfolgreicher.
Deshalb bin ich so froh, dass Daniel Hess in seinem Buch mit dem wunderbaren Titel „Glücksschule“ so sorgfältig herausarbeitet hat, worauf es für ein gelingendes, sinnerfülltes und damit glückliches Leben ankommt. Kennengelernt habe ich Daniel anlässlich eines Kongresses in Zürich. Und damals habe ich auch verstanden, dass es ihm nicht nur darum geht, die öffentlichen Schulen in Glücksschulen zu verwandeln. Ihm geht es vor allem um das Glück der in unsere Welt hineinwachsenden Kinder. Dringender denn je brauchen diese Kinder Erwachsene, die ihnen nicht in irgendwelchen Einrichtungen, sondern draußen im tagtäglichen Zusammenleben helfen, sich selbst als lustvolle Gestalter ihres Lebens und ihres Zusammenlebens mit anderen erfahren zu können. Und sie brauchen – wie die Fische das Wasser – möglichst viele und vielfältige Gelegenheiten, um dort draußen, im tagtäglichen Leben, auszuprobieren und dabei zu lernen, wie das Zusammenleben mit anderen, auch das mit anderen Lebewesen auf diesem wunderbaren Planeten gelingen kann.
Göttingen, im Herbst 2019
Gerald Hüther
Vorwort zur überarbeiteten Neuauflage
Wir leben in einer Zeit des Wandels. Je mehr wir uns wieder erlauben, uns selbst und anderen Menschen voller Mitgefühl zu begegnen, desto klarer wird uns, wohin der Weg führt. Nicht nur bezüglich Klimawandel, Naturschutz, Energiegewinnung und Gesundheit brauchen wir neue nachhaltige Ansätze. Auch unserer Art, Beziehungen zu führen, zu kommunizieren und zu lernen, fehlt es oft noch an Nachhaltigkeit und Tiefe. Aber wirklich hilfreiche und beglückende Veränderungen sind in der Außenwelt nur dann möglich, wenn wir selbst in uns einen inneren Wandlungsprozess erfahren. Wenn sich unsere Beziehung zu den Gefühlen, Bedürfnissen und Gedanken verändert, dann können wir viel offener, flexibler und weitsichtiger auf die Anforderungen des äußeren Lebens reagieren. Wenn wir erkennen, was wir wirklich sind, jenseits unseres erlernten Egos, dann öffnet sich uns ein Zugang zu einer neuen Realität der Verbundenheit, Nachhaltigkeit und Klarheit. Dieses Buch setzt genau an diesem Punkt an. Es ist getragen von der Vision einer Gemeinschaft, in der wir Menschen uns gegenseitig darin unterstützen, unser wahres Potential zu entfalten. Einer Vision, in der sich Erwachsene und Kinder, Partner, Freunde, Teammitglieder, Vorgesetzte und auch alle anderen Menschen ermutigen, den Weg des Herzens zu gehen, alles Trennende in unseren Beziehungen zu durchschauen und aufzuwachen zu unserer wahren Größe. Damit die Kinder schon sehr früh eine solch nachhaltige und bereichernde Lern- und Beziehungskultur lernen können, geschieht, basierend auf dem inneren Wandel der Erwachsenen, jetzt auch ein grundlegender Wandel an öffentlichen Schulen, in Firmen, Teams und anderen Gemeinschaften. In den fünf Jahren seit der ersten Auflage dieses Buches ist sehr viel passiert. Ausgelöst durch das Buch ist zunächst vor allem in der Schweiz eine Glücksschulbewegung entstanden, mit diversen Regionalgruppen, Projektgruppen, Vereinsmitgliedern und Menschen, die in irgendeiner Form von der Glücksschule inspiriert sind.
Viele dieser Menschen wirken als Lehrpersonen, Heilpädagogen, Psychologen, Schulleiter oder sonst in irgendeiner Form an der öffentlichen Schule. Sie alle sind berührt vom grundlegenden inneren Wandel, zurück zur ursprünglichen Lebensfreude, Verbundenheit, Offenheit und zur Entfaltung ihres wahren Potentials und ihrer Berufung. Weil diese Menschen sich jeden Tag noch mehr erlauben, wieder wirklich zu leben, statt zu funktionieren und Erwartungen zu erfüllen, passieren auch grundlegende Veränderungen bezüglich ihres Umgangs mit Lernenden. So bewegt sich ihr Engagement an der Schule immer mehr in Richtung Glücksschule. Auch viele Mütter und Väter sind von der Glücksschule berührt und verändern, basierend auf dem inneren Wandel, nach und nach grundlegende Bereiche ihres Zusammenlebens in der Familie.
Die Glücksschule steht ein für eine herzliche, freudvolle Lebens- und Lernweise. Sie inspiriert, unterstützt und stärkt alle Menschen, die bereit sind für wirklich bereichernde Beziehungen, für die Entfaltung ihrer wahren inneren Kraft und für eine Schule und Welt, die auf Vertrauen, Verbundenheit, Mitgefühl und innerer Klarheit aufbaut.
An dieser Stelle möchte ich allen Müttern und Vätern meine Wertschätzung ausdrücken. Es berührt mich sehr, wie viel Energie, Kraft und Liebe ihr euren Kindern schenkt!
Aber auch allen Lehrern, die den Mut haben neue Wege zu gehen, gilt meine Wertschätzung. Eure Arbeit ist sehr anspruchsvoll und ihr seid mit so viel Engagement und Liebe dabei. Dazu kommt noch der Spagat zwischen den Ansprüchen der Lernziele, den Vorstellungen und Erwartungen der Eltern und den Bedürfnissen der Kinder. Wahrlich keine einfache Aufgabe! Danke!
Möge dieses Buch einen Beitrag leisten für eine kinderfreundlichere Welt mit weniger oder gar ganz ohne Druck, Leistungs- und Erfolgsansprüchen, damit Kinder, Eltern und Lehrer aufatmen können und noch mehr Glück und Freude in ihr Leben fließen kann!
Um den Lesefluss nicht zu stören, werden im Buch hauptsächlich die Begriffe „Lehrer“ und „Schüler“ und allgemein häufiger männliche Formen verwendet, aber die weiblichen Formen sind dabei immer auch mit gemeint.
Einstieg
Was steht in deinem Leben im Zentrum?
Deine Arbeit?
Der Erfolg?
Das Geld?
Deine Freundschaften?
Bestätigung von außen?
Das Glücklichsein?
Deine Ängste?
Andere Menschen oder vielleicht auch Tiere?
Du selber mit deinen Problemen und Sorgen?
Der Versuch, die Erwartungen anderer zur erfüllen?
Du selber mit dem, was dich zutiefst erfüllt und begeistert?
Ablenkungen oder Süchte?
Etwas anderes? Wenn ja, was?
Was motiviert dich hauptsächlich zu deinen Handlungen im Leben?
Wenn du alle deine Handlungen und Entscheide genauer beleuchtest: Wie oft tust du oder enscheidest du etwas, um gewissen Ängste auszuweichen? Wie oft stehen hinter deinen Handlungen und Entscheidungen wirkliche Freude und Begeisterung?
Gibt es etwas in deinem Leben, wovor du zurückweichst und dich klein machst?
Wie sehr kannst du dich ganz und gar dem Fluss des Lebens hingeben und anvertrauen?
Wie oft versuchst du das Verhalten von anderen Menschen zu kontrollieren, um selber gewissen Emotionen und Gefühlen ausweichen zu können?
Wie glücklich bist du wirklich im Leben?
Lebst du voll und ganz oder wartest du vielleicht noch auf etwas?
Wenn ja, auf was?
Was würdest du selber tun, wenn du wüsstest, dass du nur noch ein Jahr, einen Monat oder gar nur noch eine Woche zu leben hättest?
Was wäre dann für dich am wichtigsten?
Wie viel Raum gibst du diesen Dingen aktuell in deinem Leben?
Mit welchen anderen Menschen fühlst du dich wirklich verbunden?
Wer oder was bist du wirklich und woher weißt du das?
Welche Gefühle und Emotionen tauchen in dir auf, wenn du an deine eigene Schulzeit denkst?