auch nach der Geburt alle Emotionen der Mutter vollständig mit. Die Erfahrung von Gefühlen wie beispielsweise Angst, Trauer oder Schuld sind in dieser Zeit noch nicht das Ergebnis eines Lernprozesses, sondern die Folge des einheitlichen Mitschwingens mit der Mutter und der gesamten Umwelt. Babys brauchen für ihre ideale Entwicklung und für ihr Überleben unbedingt liebevolle und erreichbare Bindungspersonen. Sie brauchen körperliche Nähe, Geborgenheit und das feinfühlige Reagieren auf ihre Bedürfnisse, weil das die Bindung zu den Bezugspersonen stärkt. Die psychologische Forschung konnte auch zeigen, dass kleine Kinder sehr intensive Gefühle noch nicht ohne den liebevollen Rückhalt einer erwachsenen Bezugsperson regulieren können. Wenn Kinder alleine gelassen, in ihrem Bedürfnisausdruck nicht wahrgenommen oder abgelehnt werden, dann kann dies für das Kind zu Traumata führen und seine Fähigkeit, auch mit intensiveren Reizen umgehen zu können, schon früh einschränken. Wenn ein Kind aber eine sichere Bindung, zu mindestens einer Bezugsperson erlebt, dann kann es in seiner ursprünglichen Offenheit und Verbundenheit des Herzens bleiben und neugierig die Welt erkunden.
„Diese wahre Geschichte spielte sich erst vor wenigen Jahren in einer Familie aus Illionois ab. Die achtjährige Tochter wurde krank und die Diagnose ergab eine lebensgefährliche Bluterkrankung. Es wurde nach einem Blutspender gesucht, dessen Blut sich mit dem ihren vertrug. Mittlerweile wurde sie immer schwächer, aber kein Spender wurde gefunden. Schließlich stellte sich heraus, dass ihr sechsjähriger Bruder dieselbe seltene Blutgruppe hatte wie sie. Mutter, Pfarrer und Arzt setzten sich mit dem Jungen zusammen und fragten ihn, ob er bereit sei, sein Blut zu spenden, um das Leben seiner Schwester zu retten.
Zu ihrer großen Überraschung war er nicht sofort dazu bereit. Er wollte Zeit haben, um darüber nachzudenken. Einige Tage später kam er zu seiner Mutter und sagte: „Ja, ich werde es tun.“
Schon am darauffolgenden Tag brachte der Arzt beide Kinder in seine Klinik und legte sie auf zwei nebeneinander stehende Betten. Er wollte, dass sie sahen, wie eines dem anderen half. Zuerst nahm er einen Viertelliter Blut aus dem Arm des Jungen ab. Das trug er ans Bett der Schwester und injizierte die Nadel, so dass der Bruder sehen konnte, was geschah. Wenige Minuten später kam die Farbe in ihre Wangen zurück.
Da winkte der Junge den Arzt zu sich. Er wollte etwas fragen und sprach sehr leise.
„Werde ich jetzt gleich zu sterben beginnen?“, fragte er.
Als er gebeten wurde, sein Blut zu spenden, um das Leben der Schwester zu retten, hatte sein sechsjähriges Gemüt den Vorgang offensichtlich wörtlich aufgefasst. Er dachte, er müsse sein Leben für das seiner Schwester geben. Deshalb hatte er ein paar Tage zum Überlegen gebraucht. Und dann gab er einfach, so wie es im Herzen eines jeden Menschen angelegt ist, wenn wir wahrhaftig verbunden sind.“
Jack Kornfield & Christina Feldmann
Auch Menschen aus ursprünglichen Kulturen wussten und wissen meist noch um die Verbundenheit allen Seins und haben nicht zuletzt deshalb auch einen sehr respektvollen Umgang mit der Natur.
Der systemische Ansatz
„Ein System ist eine Ganzheit.
Jedes Teil ist mit jedem so verbunden,
dass jede Änderung eine Änderung des Ganzen bewirkt …“
Virginia Satir
Ein wissenschaftliches Konzept, um die ursprüngliche Verbundenheit zu beschreiben und plausibel zu machen, ist der systemische Ansatz, der heute gerade in der Psychologie sehr weit verbreitet und gut erforscht ist. Ein System ist ein Netz, das aus diversen Elementen besteht, die wechselseitig aufeinander wirken und die alle miteinander verbunden sind. Im systemischen Ansatz wird davon ausgegangen, dass jede Form des Lebens als System organisiert und eingebunden ist in diverse andere Systeme. Dabei stehen alle Elemente der Systeme in ständigem Austausch miteinander. Im systemischen Ansatz wird beispielsweise bei Problemen, die ein Kind hat, stets das gesamte betreffende System, also die Familie oder Schulklasse, ebenfalls in die Analyse des Themas mit einbezogen. Das Kind wird dann nur als Problemträger gesehen, das Problem selber aber liegt in der Dynamik des gesamten Systems.
Auch in der Ökologie geht man davon aus, dass alles in Systemen organisiert ist. So spricht man beispielsweise von dem Ökosystem, in welchem jede Veränderung, zum Beispiel der erhöhte CO2-Ausstoß, einen Einfluss auf das gesamte ökologische System hat, wie es sich aktuell im Klimawandel zeigt. Biologisch gesehen ist jede Zelle, jedes Molekül und jedes Organ ein System, das im ständigen Austausch mit seiner Umgebung steht. Der gesamte Mensch ist ebenfalls ein System, das mit allem, was ihn umgibt, ständig auf verschiedenen Ebenen Informationen austauscht. Dies wird beispielsweise deutlich, wenn in einem kleinen Büro oder Betrieb jemand krankheitshalber länger ausfällt. Das bedeutet vielleicht für die anderen Angestellten dieses Betriebs, dass sie in dieser Zeit auch die Arbeit der abwesenden Person abdecken müssen. Das wiederum kann dazu führen, dass sie am Abend vielleicht länger arbeiten müssen. Das kann bedeuten, dass ihre Familien die längere Abwesenheit dieser Personen zu kompensieren haben. Diese Situation kann sich auf unterschiedlichste Arten auf die Stimmung der Kinder, Partner usw. auswirken, was dann wiederum einen Effekt auf deren Arbeit oder die Schule hat. So zieht ein Ereignis seine Kreise und es wird offensichtlich, dass es keine äußere Grenze gibt. Alles ist mit allem verbunden, das zeigt dieses Beispiel sehr anschaulich und ich bin mir sicher, dass jeder Mensch selber unzählige solcher Beispiele kennt. Auch dann, wenn beispielsweise eine Person kündigt und eine andere neu in ein Team kommt oder wenn ein Mitglied einer Familie stirbt oder eines geboren wird, können solche Ereignisse das ganze System in Bewegung bringen und uns spürbar machen, dass wir alle Teil eines großen Systems oder Netzwerks sind, welches uns auf diversen Ebenen miteinander verbindet.
Selbstreflexion:
Kennst du ein Kind, das zu Hause oder in der Schule auffällige Symptome zeigt, eine Krankheit hat oder irgendeine therapeutische Diagnose?
Wenn ja, welche Probleme des Gesamtsystems könnte dieses Kind dadurch spiegeln?
Babys haben psychische und körperliche Bedürfnisse. Dabei ist die Erfahrung der Verbundenheit wohl die zentralste und wichtigste. Für ein Kind bricht im wahrsten Sinne des Wortes eine Welt zusammen, wenn es die Verbundenheit und damit die Bindung zu seinen Bezugspersonen verliert. Seine gesamte kindliche Realität baut auf dieser Einheit und Verbundenheit auf.
Daneben gibt es noch andere Grundbedürfnisse wie beispielsweise das nach Geborgenheit, Zärtlichkeit, feinfühliger Kommunikation, Schutz, Ganzheit, Spiel und Wärme sowie die Bedürfnisse nach Trinken und Nahrung. In Bezug auf diese Bedürfnisse sind Babys vollkommen von ihren Bezugspersonen abhängig. Sie können sich all das nicht selber geben, sondern sind darauf angewiesen, dass ihre Bezugspersonen liebevoll auf sie eingehen. Dabei zeigen Studien, dass für Babys im Zweifelsfalle die psychischen Bedürfnisse sogar wichtiger sind als die körperlichen.
Wenn diese Grundbedürfnisse des Babys durch eine liebevolle und feinfühlige Verbindung mit der Bezugsperson erfüllt sind, dann beginnt das Baby mit dem Erkunden des Körpers und der Welt. Dieses Erkunden und Erforschen geschieht vor allem über das Spiel.
Selbstreflexion:
Fühlst du dich jetzt in diesem Moment verbunden mit dir selber?
Wenn du in deinem Leben Zeit mit Kindern verbringst, wie ist aktuell oder allgemein die Verbindung zu diesen Kindern? (Bei jedem Kind einzeln erforschen.)
Wie steht es um die Verbindung zu deinem Partner/deiner Partnerin oder zu deinen Freunden? Welche dieser Beziehungen fühlen sich wirklich verbunden an?
Was trägst du allenfalls dazu bei, dass sich einige dieser Beziehungen nicht wirklich verbunden anfühlen? Wo gibst du dem Trennenden eine Realität?
Spiel und Flow
„Die Wurzel des Lebens ist Spielen.“
Alan Watts
Das Spiel bildet die Basis für die ersten erstaunlichen Lernerfahrungen