als Beschützer, als Retter, und durch seine Uneigennützigkeit als König. Dankbar empfangen ihn die Könige des Tals, segnend Melchisedek, der König und Priester.
Nun werden die Weissagungen einer unendlichen Nachkommenschaft erneut, ja sie gehen immer mehr ins Weite. Vom Wasser des Euphrat bis zum Fluss Ägyptens werden ihm die sämtlichen Landstrecken versprochen; aber noch sieht es mit seinen unmittelbaren Leibeserben misslich aus. Er ist achtzig Jahr alt und hat keinen Sohn. Zara, weniger den Göttern vertrauend als er, wird ungeduldig; sie will nach orientalischer Sitte durch ihre Magd einen Nachkommen haben. Aber kaum ist Hagar dem Hausherrn vertraut, kaum ist Hoffnung zu einem Sohne, so zeigt sich der Zwiespalt im Hause. Die Frau begegnet ihrer eignen Beschützten übel genug, und Hagar flieht, um bei anderen Horden einen bessern Zustand zu finden. Nicht ohne höhern Wink kehrt sie zurück, und Ismael wird geboren.
Abraham ist nun neunundneunzig Jahre alt, und die Verheißungen einer zahlreichen Nachkommenschaft werden noch immer wiederholt, sodass am Ende beide Gatten sie lächerlich finden. Und doch wird Zara zuletzt guter Hoffnung und bringt einen Sohn, dem der Name Isaak zu teil wird.
Auf gesetzmäßiger Fortpflanzung des Menschengeschlechts ruht größtenteils die Geschichte. Die bedeutendsten Weltbegebenheiten ist man bis in die Geheimnisse der Familien zu verfolgen genötigt; und so geben uns auch die Ehen der Erzväter zu eignen Betrachtungen Anlass. Es ist, als ob die Gottheiten, welche das Schicksal der Menschen zu leiten beliebten, die ehelichen Ereignisse jeder Art hier gleichsam im Vorbilde hätten darstellen wollen. Abraham, so lange Jahre mit einer schönen, von vielen umworbenen Frau in kinderloser Ehe, findet sich in seinem hundertsten als Gatte zweier Frauen, als Vater zweier Söhne, und in diesem Augenblick ist sein Hausfriede gestört. Zwei Frauen neben einander, so wie zwei Söhne von zwei Müttern gegeneinander über, vertragen sich unmöglich. Derjenige Teil, der durch Gesetze, Herkommen und Meinung weniger begünstigt ist, muss weichen. Abraham muss die Neigung zu Hagar, zu Ismael aufopfern: beide werden entlassen und Hagar genötigt, den Weg, den sie auf einer freiwilligen Flucht eingeschlagen, nunmehr wider Willen anzutreten, anfangs, wie es scheint, zu des Kindes und ihrem Untergang; aber der Engel des Herrn, der sie früher zurückgewiesen, rettet sie auch diesmal, damit Ismael auch zu einem großen Volk werde und die unwahrscheinlichste aller Verheißungen selbst über ihre Grenzen hinaus in Erfüllung gehe.
Zwei Eltern in Jahren und ein einziger spätgeborner Sohn: hier sollte man doch endlich eine häusliche Ruhe, ein irdisches Glück erwarten! Keineswegs. Die Himmlischen bereiten dem Erzvater noch die schwerste Prüfung. Doch von dieser können wir nicht reden, ohne vorher noch mancherlei Betrachtungen anzustellen.
Sollte eine natürliche, allgemeine Religion entspringen und sich eine besondere, geoffenbarte daraus entwickeln, so waren die Länder, in denen bisher unsere Einbildungskraft verweilt, die Lebensweise, die Menschenart wohl am geschicktesten dazu; wenigstens finden wir nicht, dass in der ganzen Welt sich etwas ähnlich Günstiges und Heitres hervorgetan hätte. Schon zur natürlichen Religion, wenn wir annehmen, dass sie früher in dem menschlichen Gemüte entsprungen, gehört viel Zartheit der Gesinnung: denn sie ruht auf der Überzeugung einer allgemeinen Vorsehung, welche die Weltordnung im ganzen leite. Eine besondre Religion, eine von den Göttern diesem oder jenem Volk geoffenbarte, führt den Glauben an eine besondre Vorsehung mit sich, die das göttliche Wesen gewissen begünstigten Menschen, Familien, Stämmen und Völkern zusagt. Diese scheint sich schwer aus dem Innern des Menschen zu entwickeln. Sie verlangt Überlieferung, Herkommen, Bürgschaft aus uralter Zeit.
Schön ist es daher, dass die israelitische Überlieferung gleich die ersten Männer, welche dieser besondern Vorsehung vertrauen, als Glaubenshelden darstellt, welche von jenem hohen Wesen, dem sie sich abhängig erkennen, alle und jede Gebote eben so blindlings befolgen, als sie, ohne zu zweifeln, die späten Erfüllungen seiner Verheißungen abzuwarten nicht ermüden.
So wie eine besondere, geoffenbarte Religion den Begriff zum Grunde legt, dass einer mehr von den Göttern begünstigt sein könne als der andere, so entspringt sie auch vorzüglich aus der Absonderung der Zustände. Nahe verwandt schienen sich die ersten Menschen, aber ihre Beschäftigungen trennten sie bald. Der Jäger war der freieste von allen; aus ihm entwickelte sich der Krieger und der Herrscher. Der Teil, der den Acker baute, sich der Erde verschrieb, Wohnungen und Scheuern aufführte, um das Erworbene zu erhalten, konnte sich schon etwas dünken, weil sein Zustand Dauer und Sicherheit versprach. Dem Hirten an seiner Stelle schien der ungemessenste Zustand so wie ein grenzenloser Besitz zu teil geworden. Die Vermehrung der Herden ging ins Unendliche, und der Raum, der sie ernähren sollte, erweiterte sich nach allen Seiten. Diese drei Stände scheinen sich gleich anfangs mit Verdruss und Verachtung angesehn zu haben; und wie der Hirte dem Städter ein Gräuel war, so sonderte er auch sich wieder von diesem ab. Die Jäger verlieren sich aus unsern Augen in die Gebirge und kommen nur als Eroberer wieder zum Vorschein.
Zum Hirtenstande gehörten die Erzväter. Ihre Lebensweise auf dem Meere der Wüsten und Weiden gab ihren Gesinnungen Breite und Freiheit, Gewölbe des Himmels, unter dem sie wohnten, mit allen seinen nächtlichen Sternen, ihren Gefühlen Erhabenheit, und sie bedurften mehr als der tätige, gewandte Jäger, mehr als der sichre, sorgfältige, hausbewohnende Ackersmann des unerschütterlichen Glaubens, dass ein Gott ihnen zur Seite ziehe, dass er sie besuche, an ihnen Anteil nehme, sie führe und rette.
Zu noch einer anderen Betrachtung werden wir genötigt, indem wir zur Geschichtsfolge übergehen. So menschlich, schön und heiter auch die Religion der Erzväter erscheint, so gehen doch Züge von Wildheit und Grausamkeit hindurch, aus welcher der Mensch herankommen, oder worein er wieder versinken kann.
Dass der Hass sich durch das Blut, durch den Tod des überwundenen Feindes versöhne, ist natürlich; dass man auf dem Schlachtfelde zwischen den Reihen der Getöteten einen Frieden schloss, lässt sich wohl denken; dass man eben so durch geschlachtete Tiere ein Bündnis zu befestigen glaubte, fließt aus dem Vorhergehenden; auch dass man die Götter, die man doch immer als Partei, als Widersacher oder als Beistand ansah, durch Getötetes herbeiziehen, sie versöhnen, sie gewinnen könne, über diese Vorstellung hat man sich gleichfalls nicht zu verwundern. Bleiben wir aber bei den Opfern stehen und betrachten die Art, wie sie in jener Urzeit dargebracht wurden, so finden wir einen