Pete Hackett

Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane


Скачать книгу

auf Greg zu.

      „Hast du nicht gehört, Mann, was ich vorhin sagte? Wir werden zusammen Ausschau nach den Indsmen halten. Beeil dich also!“

      Seine Stimme war ungeduldig, seine Rechte noch immer auf den Revolver gestützt.

      Greg begriff, dass jetzt nur noch ein winziger Schritt bis zur großen Entscheidung war. Wortlos ging er zu den Wagenpferden, das Hufestampfen von Lee Torrences Pferd dicht hinter sich.

      *

      Im Schatten eines hohen Dogwood Gestrüpps zügelte Torrence sein Pferd und wartete, bis Greg Williams auf gleicher Höhe mit ihm war. Das Sattelleder jankte, als er sich bequem auf dem Gaul zurechtsetzte. Er griff in die Brusttasche seines Hemdes, holte sein Rauchzeug hervor und drehte sich mit flinken Fingern eine Zigarette.

      Mit zusammengepressten Lippen starrte ihn Greg an. Das selbstsichere Auftreten des Vormanns erfüllte ihn mit dumpfem Groll. Schieflächelnd blickte Torrence auf.

      „Nun, Williams, du hast doch die Sache durchschaut, oder?“

      „Dieser Slakeson und seine angeblichen Büffeljäger sind deine Kumpane, wie?“, fragte Greg heiser.

      Torrence nickte grinsend und schob die Zigarette in den Mundwinkel.

      „So ist es, Williams! Ich bin froh, dass du vernünftig bist und vorhin geschwiegen hast.“

      „Ich fürchte, Torrence“, erklärte Greg rau, „damit ist es vorbei!“

      „Rede keinen Unsinn, Mann! Ich hab’ dich mitgenommen, um dir ein Geschäft vorzuschlagen. Um die Comanchen brauchen wir uns nicht mehr zu kümmern. Die haben sich längst aus dem Staub gemacht.“

      Er holte Streichhölzer hervor und zündete seine Zigarette an. Genießerisch sog er den Rauch ein.

      „Also, hör zu, Williams! Bis jetzt stehst du zwischen den Fronten. Wir können aber einen zusätzlichen Mann zum Herdentreiben nach Dodge brauchen. Ich …“

      „Ein solches Angebot kannst du dir sparen, Torrence!“, unterbrach ihn Greg kalt.

      „Nicht so eilig, Amigo! Für dich würde ein schöner Gewinn dabei herausspringen. Zur Zeit werden gute Preise in Dodge City gezahlt. Zwanzig Dollar pro Rind. Bei dreitausend Tieren sind das sechzigtausend Bucks!“

      „Eine fette Beute, das gebe ich zu.“

      Torrence stieß eine blaue Rauchwolke zwischen den Zähnen hervor.

      „Für mich geht es um noch viel mehr!“, sagte er großspurig. „Wenn dieser Coup vorbei ist, werde ich der Besitzer der Lockwood Ranch sein.“ Er grinste breit. „Verstehst du, Williams? Deshalb habe ich das alles eingefädelt. Deshalb habe ich mich mit dem alten Allan Lockwood angefreundet und zwei Jahre als Vormann für ihn gearbeitet. Jetzt werde ich den Lohn für zwei Jahre biederen Lebens kassieren!“

      Er schnippte lässig die Asche von seiner Zigarette.

      „Wenn Mary die Herde verliert, ist sie erledigt. Dann bleibt ihr nichts anderes übrig, als die Ranch zu verkaufen. Und zwar an mich – gegen einen Bruchteil der Sechzigtausend, die wir für die Rinder bekommen.“

      „Eine Rechnung, die typisch für dich ist, Torrence!“, knurrte Greg grimmig. „Aber hast du auch daran gedacht, dass Mary dir einen Sheriff auf den Hals hetzen kann?“

      „Dazu werde ich ihr keine Gelegenheit geben! Wenn sie mit dem Leben davonkommen will, wird sie alles schön schriftlich festlegen müssen – damit offiziell alles seine Ordnung hat. Auch die Übereignung der Herde!“ Er lachte leise.

      „Und du meinst wirklich, dabei mache ich mit?“, stieß Greg wild hervor. „Du irrst dich, Torrence!“

      „Wenn dich der Gewinn nicht lockt, muss ich dich an deinen Steckbrief erinnern, Williams!“

      Greg biss sich auf die Unterlippe.

      Da war es wieder! Jener Revolverkampf im Big Bend lastete wie ein Fluch auf ihm!

      „Nun?“, grinste Torrence lauernd. „Damit sind dir die Hände gebunden, wie? Mein Junge, sei vernünftig, du hast in keiner Beziehung eine Chance gegen uns!“

      In Gregs Gesicht arbeitete es.

      „Wir werden jetzt zu den anderen reiten“, bestimmte Torrence und warf die halbgerauchte Zigarette fort, nachdem er sie am Sattelknauf ausgedrückt hatte.

      „Und was auch geschieht, du wirst dich nicht einmischen! Mehr verlange ich gar nicht von dir!“

      „Du verlangst damit schon zu viel!“

      Lee Torrences Miene wurde eiskalt.

      „Ist es dir lieber, wenn ich dafür sorge, dass du als Mörder am Galgen landest? Williams, sei kein Dummkopf! Du kannst Mary Lockwood nicht mehr helfen. Du hast bereits zu lange geschwiegen!“

      Die Worte gaben Greg einen Stich. Torrence hatte recht! Er hatte zu lange geschwiegen! Und damit traf ein Teil der Schuld auch ihn. Dumpfe Verzweiflung erfüllte ihn jäh. Er drängte den Gedanken an die zweitausend Dollar, die auf seinen Kopf ausgesetzt waren, zurück.

      *

      „Noch ist es Zeit, etwas dagegen zu tun!“, stieß er scharf hervor, riss sein Pferd herum und langte gleichzeitig zum 45er Colt.

      Da fuhr Torrences Faust in die Höhe. Ein Revolver lag wie hingezaubert in seinen Fingern – Torrence musste ihn schon die ganze Zeit über versteckt vor sich auf dem Sattel gehalten haben.

      Gregs Waffe war erst halb aus dem Holster, als ihm Torrences Mündungsfeuer entgegenstach.

      Die rasche Bewegung des struppigen Rinderpferdes rettete Greg. Torrences Kugel fuhr dem Tier mitten in den Schädel. Der Gaul knickte in die Vorderbeine und stürzte zur Seite.

      Greg bekam gerade noch die Stiefel aus den Steigbügeln. Er flog durch die Luft, überschlug sich am Boden, rollte noch ein Stück und blieb benommen liegen, Hufe stampften auf ihn zu.

      Das Gesicht zerschrammt und staubverschmiert, warf er sich auf die Seite. Seine Hand zuckte zur Holster. Sie war leer! Der 45er war ihm während des harten Sturzes herausgerutscht und lag irgendwo im Gras – unerreichbar für ihn.

      Nur vier Schritte von Greg entfernt hielt der Verbrecher sein Pferd an. Aus eiskalten Augen schaute er auf den Cowboy nieder. Sein Revolver zielte genau auf Gregs Stirn. Seine verkniffenen Mundwinkel verzogen sich zu einem bösen Lächeln.

      „Well, Williams, du hattest zwei Möglichkeiten. Nur ein Narr wie du konnte die schlechtere wählen!“

      Der Revolver ruckte in seiner Faust.

      Greg gab sich verloren.

      Das Krachen des Schusses hallte in seinen Ohren. Mit aufgerissenen Augen starrte er auf Torrences Rechte. Der Revolver war plötzlich aus ihr verschwunden und wirbelte durch die Luft. Torrence stieß einen heiseren Schrei aus. Während er noch die geprellte Hand schlenkerte, riss er mit der Linken an den Zügeln.

      Sein Pferd drehte sich. Torrence wollte ihm die Sporen in die Weichen drücken, da sagte eine harte Stimme hinter den Dogwood Sträuchern hervor: „Glauben Sie nur nicht, Torrence, dass die Kugel nur zufällig Ihr Schießeisen erwischt hat! Wenn Sie es darauf an legen, sitzt Ihnen mein nächster Schuss mitten zwischen den Augen!“

      Torrence fluchte und erstarrte. Hinter den Büschen kam ein Reiter hervor, einen langläufigen Navy Colt auf den Banditen gerichtet. Es war Clay Dillon.

      *

      Greg richtete sich auf. Er wollte nach seinem Colt suchen, doch Dillon befahl energisch: „Keine Bewegung, Williams! Bleiben Sie, wo Sie sind!“

      „Aber ich …“

      „Rühren Sie sich nicht! Sie haben gesehen, wie schnell und sicher ich mit dem Eisen bin!“

      Greg schluckte trocken.

      „Ich dachte, Dillon, Sie hätten gehört, was eben