Tonmodell, das in İnandık gefunden wurde, zeigt wahrscheinlich eine Cella als Modell, in der eine (nackte) Gottheit auf einem Thron sitzt. Eventuell zeigt auch eine Abbildung der so genannten Bitik-Vase ein Götterpaar auf dem Thron in der Cella. Götterstatuen in hethitischen Tempeln waren in der Regel aus Holz (mit Edelmetallüberzug) und nicht allzu groß; manche Texte weisen auf eine Größe der Statuen zwischen 20cm und 60cm hin, so dass anzunehmen ist, dass solche Statuen auf einem Podest oder Thron standen. Die Größe des Podestes in der östlichen der beiden Cellae in Tempel 1 in Ḫattuša lässt jedoch vermuten, dass darauf eine größere Statue platziert war. Erwähnenswert ist auch eine Abflussvorrichtung in der Cella des Tempels des Wettergottes in Šarišša, die wohl den Zweck hatte, die bei den Opfern ausgegossene Flüssigkeit auf geordnetem Weg aus der Cella abzuleiten, um nicht den Boden aufzuweichen.
Über die detaillierte Ausstattung ist wenig bekannt, da manches eher auf zufälligen Funden beruht, z. B. ein Kopf einer Löwenfigur aus Tempel 2 in Ḫattuša, wobei die Figur wohl als Torwächter fungierte; der Kopf einer Sphinx aus Tempel 3 oder die Figur einer Göttin vom Ištar-Typ in Tempel 7; letztere erlaubt zumindest die Vermutung, dass dieser Tempel einer Göttin dieses Typs geweiht war. Dass die Tempelwände mit Malerei versehen waren, zeigen noch Reste derselben in Tempel 9. Erwähnenswert sind auch die – in mehreren Tempeln oder Schreinen – gefundenen Libationsgefäße in Form eines Stierpaares, u. a. aus Ḫattuša, Šarišša, İnandık, Nerik und Šamuḫa, die zwar nicht zur Zuweisung des jeweiligen Tempels an einen Wettergott ausreichen, aber zur Ausstattung für Libationen gehören.
Ein paar Einblicke in die Ausstattung der Tempel geben auch Tempelbaurituale, obwohl deren umfangreiche textliche Dokumentation in jüngeren Kompositionen vorliegt.88 KBo 4.1 zeigt, dass offensichtlich – wie bei einem Wohnhaus89 – der zentrale Pfeiler eine wichtige (architektonische und symbolische) Rolle spielte, so dass bei diesem Pfeiler vier Pflöcke eingebaut sind, die die Festigkeit des Tempels garantierten sollen (Rs. 1–4). Als weitere Ausstattung nennt dieses Ritual einen Löwen aus Gold und zwei Rinderpaare, die jeweils durch ein silbernes Joch zusammengehalten werden und auf einem Sockel stehen (Rs. 7–10); ebenfalls sind Herde und die Türe genannt (Rs. 17–26). Auch KBo 15.24+ zählt als Ausstattung des Tempels die Statue der Göttin auf, die neben dem Pfeiler deponiert wird (ii 48–53), ferner werden ein (Opfer-)Tisch, ein Thron, ein Altar und zwei unterschiedliche Räuchergefäße erwähnt (ii 13–17). Die beiden Texte sind wohl erst in der Großreichszeit entstanden, wobei KBo 15.24+ eng mit dem Milieu von Kizzuwatna verbunden ist. Insofern sollten nicht alle Aussagen dieser beiden Texte eins-zu-eins in die ältere Zeit zurückprojiziert werden. Ebenfalls nur in einer junghethitischen Abschrift vorliegend, aber eventuell im Kern bis in die althethitische Zeit zurückreichend, ist ein hattisch-hethitisches Bauritual (KBo 37.1), das Oğuz Soysal und Aygül Süel jüngst neu untersucht haben.90 Durch die Heranziehung von Textfragmenten aus Ortaköy konnten sie das Verständnis des Textes aus Ḫattuša entscheidend erweitern, weil diese neuen Textzeugnisse einige zusätzliche Abschnitte gegenüber dem Text aus Ḫattuša enthält. Als Bauritual liefert der Text selbstverständlich keine vollständige Beschreibung des Aussehens des Tempels, aber einige Details werden erwähnt: Die Göttin Kataḫzipuri (hatt.) bzw. Kamrušepa (heth.) setzt sich auf den Thron; ferner schmückt sie den Thron mit der Haut eines Löwen und eines Panthers und Tempelbedienstete bringen verschiedene Stoffe zur Dekoration des Tempels herbei (§§ 5f.). Danach wird im Ritual beschrieben, dass die Stiere des Wettergottes auf einem Podest stehen (§ 10).
Diese Baurituale zeigen somit wenigstens teilweise, welche Ausstattung unter anderem in einem hethitischen Tempel zu finden war, wobei Festzeremonien, die in Tempeln durchgeführt wurden, ebenfalls unsystematischen Einblick in die »Tempeleinrichtung« geben. Hier sei daher – aus dem junghethitischen Festabschnitt am 16. Tag des AN.TAḪ.ŠUM-Festes – auf jene »Einrichtungsgegenstände« des Tempels verwiesen, denen Libationen dargebracht werden. Nachdem der König den Tempel betreten hat, heißt es wie folgt: 91
Der Aufseher über die Köche hält eine Ration Wein dem König hin. Der König hält die Hand (daran). Der Aufseher über die Köche libiert vor dem Thron einmal und für Zababa dreimal. Der Aufseher über die Köche und der Aufseher über die Tischmänner reinigen. Der Aufseher über die Köche libiert am Herd einmal, am Thron einmal, am Fenster einmal, am Riegelholz einmal, ferner noch neben dem Herd einmal. Und für die Statue des Ḫattušili libiert er einmal. Der König verneigt sich.
Bei diesen Gussopfern werden somit markante Teile des Tempels hervorgehoben. Der (vergöttlichte) Thron (DḪalmašuit; DDAG) gehört nicht nur zu den wichtigsten Kultobjekten der hethitischen Religion, sondern verweist erneut auf die enge Verbindung zwischen Königtum und Religion. Der Thron war als Ausstattungselement des Kultraumes vorwiegend aus Holz gefertigt. Grundsätzlich war der Thron als Kultplatz leer, da im Verlaufe von Ritualen mehrfach die Rede davon ist, dass einzelne Gegenstände daraufgelegt wurden, etwa in der Fortsetzung des Ritualverlaufs des 16. Tages des AN.TAH.ŠUM-Festes:92
Dann bringt ein Palastjunker das Tuch der Goldlanze und einen Lituus herein. Und das Tuch der Goldlanze gibt er dem König. Den Lituus aber stellt er neben den Thron rechts vom König.
Der leere Thron ermöglichte dabei, dass König (und Königin) bei manchen Ritualen darauf Platz nehmen konnten, was u. a. eine Abbildung auf der İnandık-Vase zeigt.93 Wahrscheinlich stand der Thron neben dem Fenster, einer Säule oder in der Nähe eines Götterbildes. Der Thron und die anderen vorhin genannten Gerätschaften und architektonischen Elemente sind als Teil des Tempels als »Kultobjekte« zu betrachten, da sie durch ihre Verbindung mit dem Tempel Anteil am Göttlichen haben.94
2.3.2 Lokale Tempel bzw. kleinere Schreine
Neben den Tempeln, die auch Wirtschaftseinrichtungen95 waren, gab es kleinere Schreine, wahrscheinlich nicht nur im Zusammenhang mit den Palastanlagen, sondern in kleineren Ortschaften anstelle eines »voll ausgestatteten« Tempels. Dabei ist terminologisch zu beachten, dass man die Unterscheidung zwischen Schreinen bzw. Kulträumen sowie Räumen, in denen neben anderen primären Aktivitäten auch kultische Handlungen vollzogen werden konnten, nicht unbeachtet lassen soll. Der archäologische Nachweis solcher Schreine ist aber bisher strittig, wobei zwei Fundkomplexe zu nennen sind.
Zum althethitischen Grabungsbefund von İnandık gehören um zwei Höfe agglutinierend angelegte Räume. Der Ausgräber Tahsin Özgüç hat dieses Bauensemble als Tempel (für den Wettergott) interpretiert.96 Die Abweichung der Architektur von anderen bekannten Tempeln im Hethiterreich erklärte Özgüç dahingehend, dass die Tempel oder Schreine der althethitischen Zeit noch nicht so klare Baustrukturen wie in späterer Zeit aufwiesen. Dirk Mielke widerlegte diese Annahme, indem er zeigen konnte, dass das Bauensemble in İnandık ein profaner lokaler Herrschersitz vom Ende der althethitischen Zeit war. Dass in einem der Räume auch Kulthandlungen vollzogen werden konnten, widerspricht dieser Interpretation nicht; eine reliefierte Vase, Libationsgefäße in Form von Stierfiguren und das Modell einer Tempel-Cella als Kleinfunde illustrieren dies.
Der zweite archäologische Fundkomplex, der nach der Deutung des Ausgräbers Tayfun Yıldırım einen kleinen Tempel oder lokalen Schrein darstellen könnte, ist das so genannte Gebäude I aus Hüseyindede,97 ein Ort, der ca. 45 km nordwestlich von Ḫattuša und 60 km westlich von İnandık liegt. Das Gebäude I (23 mal 16 Meter) ist deutlich größer als die anderen Bauten des Ortes und liegt auf dem höchsten Punkt des Grabungshügels. Zwar betont Yıldırım, dass die typische Architektur eines Tempels mit Torbau, größerem Innenhof und einer klar identifizierbaren Cella fehlt, so dass man Gebäude I nicht mit den monumentalen Tempelanlagen in Ḫattuša auf eine Ebene stellen sollte. Da aber in diesem Gebäude vier reliefierte Vasen gefunden wurden, die kaum für den Alltagsgebrauch, sondern für Kulthandlungen verwendet wurden, schlägt Yıldırım vor, dieses Gebäude als kleinen lokalen Schrein aus dem 16. Jahrhundert zu interpretieren. Aber auch in diesem Fall ist es – analog zu İnandık – wahrscheinlich, den Fundkomplex als einen größeren »Landsitz« zu interpretieren.
Beide Grabungsbefunde sind trotz der strittigen Interpretation insofern religionsgeschichtlich aufschlussreich, als sie wenigstens teilweise erkennen