Bount überlief es kalt. Teufel, jetzt hatte er mehr Schwierigkeiten am Hals, als er vertragen konnte. Tennessee Brooks und seine Männer würden ihn nicht mehr laufen lassen, das war klar.
Es war ihm zwar gelungen, die Truck-Hyänen ausfindig zu machen, doch er würde mit seinem Wissen keinen Schaden mehr anrichten können, dafür würden die Gangster garantiert sorgen.
Brooks grinste stolz. „Du hast dich mächtig angestrengt, Reiniger, aber genau betrachtet, hat es dir nur Schwierigkeiten eingebracht. Wir werden dich umlegen. Aber nicht auf die schnelle Tour. Du sollst etwas davon haben. Ganz langsam werden dich meine Männer krepieren lassen, Schnüffler. Du wirst den Tod herbeisehnen.“
Zu seinem privaten Vergnügen verpasste Brooks dem Detektiv noch einen Magenhaken. Bount presste die Kiefer zusammen, um nicht aufzuschreien.
„Fesselt ihn!“, befahl Brooks seinen Männern.
Tiggers und Banninger hielten Bount weiter fest, während Marcuse einen widerstandsfähigen Strick holte. Sie drückten ihm die Arme auf den Rücken und schnürten ihn wie ein Paket zusammen.
Tennessee Brooks prahlte indessen mit den Taten seiner Männer. Dabei erfuhr Bount Reiniger auch, dass Marcuse unter anderem Paul Carson und Jozef Kalescu auf dem Gewissen hatte. Brooks erzählte auch, weshalb Marcuse das Krankenhaus aufgesucht hatte. Das Bild rundete sich ab. Viele Fragen brauchten nicht mehr gestellt zu werden. Brooks beantwortete sie im Vorhinein mit seinem angeberischen Redefluss.
„Und wir werden weitermachen!“, sagte er, als Bount auf dem Boden lag und sich nicht mehr bewegen konnte. „Wie man sieht, kann uns auch ein Bount Reiniger nicht daran hindern. Heute Nacht holen wir uns eine Ladung Mini-Computer. Brick Curtis soll sie von Proby-Electronics abholen und nach Rockland bringen. Aber seine Fahrt mit dem Truck wird schon nach fünfzehn Minuten zu Ende sein. Meine Männer werden ihm nämlich an der Grenze zwischen Bergen und Rockland eine Falle stellen. Es gibt da eine Unterführung, durch die er mit seinem Truck nicht kommen wird. Ehe er recht weiß, was los ist, wird er im Straßengraben liegen, und der Truck samt Ladung befindet sich in unserem Besitz. Sobald die Mini-Computer ihren neuen Bestimmungsort erreicht haben, kehren meine Männer hierher zurück und nehmen sich sehr viel Zeit für dich. Leider werde ich nicht dabei sein können, wenn es dir an den Kragen geht, Reiniger. In Errol Cabots Firma findet eine Nachtinspektion statt, bei der ich anwesend sein muss. Aber meine Leute werden mir ausführlich berichten, wie es dir ergangen ist. Das wär’s“, sagte Tennessee Brooks. „Ich wünsche wohl zu sterben. Zuvor aber wirst du noch eine Weile verpackt hier liegen und Angst haben, und die Wut wird dich von innen langsam auffressen, weil du weißt, dass wir Brick Curtis überfallen, ohne dass du es verhindern kannst.“
Brooks gab seinen Männern ein Zeichen.
Eliot Banninger löschte das Licht.
Die Truck-Hyänen und ihr Boss verließen das Büro. Bount hörte ihre Schritte durch das Lagerhaus hallen, dann schepperte das rostige Tor, Fahrzeugtüren klappten zu, Motoren fingen an zu dröhnen, und dann entfernten sich drei Fahrzeuge.
Bount blieb allein zurück.
Wie viel Zeit hatte er noch? Bestimmt nicht mehr als zwei Stunden. Diese Galgenfrist musste er nutzen. Er musste versuchen, die straff sitzenden Fesseln loszuwerden.
Sofort machte er sich an die Arbeit. Er strengte sich an und versuchte alle Tricks, die er konnte, erreichte damit aber lediglich, dass sich der Strick immer schmerzhafter in sein Fleisch grub.
Es sah nicht danach aus, als ob er es schaffen würde, freizukommen. Seine Aussichten, ein Opfer der Truck-Hyänen zu werden, wurden von Minute zu Minute größer.
24
Zu dem Zeitpunkt, als Bount Reiniger sich zu Victor Tiggers vor Jack Lunas Truck-Driver-Kaschemme in den Wagen setzte und mit diesem abfuhr, traf Richard Dodge gerade ein.
Dodge kannte Tiggers’ Ruf. Dem Mann wurde auch nachgesagt, dass er ein arger Übelfinger sei. Und mit so etwas fuhr Bruce Sheridan ab! Das gab Richard Dodge zu denken.
Seine Gedanken galoppierten in eine ganz bestimmte Richtung. Bruce Sheridan war so neu in der Firma, dass man noch nicht viel von ihm wusste. Vor allem war niemandem bekannt, dass Sheridan Verbindungen zu Verbrecherkreisen hatte.
Dodge wollte es nicht recht glauben, aber in seinem Kopf manifestierte sich ein bestimmter Verdacht. Steckte dieser Bruce Sheridan etwa mit den Truck-Hyänen unter einer Decke?
Die Neugier ließ es nicht zu, dass Richard Dodge darüber einfach mit einem Schulterzucken hinwegging. Er rutschte hinter dem Lenkrad nach unten und wartete, bis Tiggers’ Wagen vorbei war, dann tauchte er aus der Versenkung wieder auf und zündete die Maschine.
Tiggers und Sheridan hatten friedlich miteinander gesprochen. Wenn Dodge es auch nicht recht glauben wollte, so sprachen doch die Fakten dafür, dass die beiden Männer irgendwie zusammengehörten.
Dodge folgte ihnen. Er ließ einen großen Sicherheitsabstand, um nicht bemerkt zu werden. Die Fahrt endete nahe der Gowanus Bay vor einem alten Lagerhaus.
Dodge versteckte seinen Wagen und legte den Rest des Weges zu Fuß zurück. Eine Weile beobachtete er das Lagerhaus aus einer finsteren Nische heraus. Es dauerte nicht lange, da tauchte ein Fahrzeug auf, das Dodge bekannt war. Auch den Fahrer kannte er gut: Es war Tennessee Brooks, der Fuhrparkleiter, mit dem er fast täglich zu tun hatte.
Selbstverständlich wollte Dodge nun hören, was im Lagerhaus gesprochen wurde. Er verließ die Nische und huschte lautlos durch die Dunkelheit. Keuchend erreichte er die Seitenfront des Lagerhauses.
Hier gab es eine Eisenleiter. Richard Dodge turnte die Sprossen sogleich hoch. Auf dem Dach ragten mehrere Lüftungsaufbauten auf. Sie waren mit Kippfenstern versehen.
Eines dieser Fenster stand offen. Vorsichtig schlich Dodge darauf zu, und Augenblicke später hörte er, was unter ihm, im von Glaswänden eingerahmten Büro, gesprochen wurde.
Er fiel aus allen Wolken, als er erfuhr, dass Tennessee Brooks der Boss der Truck-Hyänen war. Er hörte auch, dass Bruce Sheridan nicht Bruce Sheridan, sondern Bount Louis Reiniger hieß, und es freute ihn, zu erfahren, dass Bount kein Gangster, sondern ein Privatdetektiv war.
Du hast dich in ihm also doch nicht getäuscht, dachte Richard Dodge. Er beobachtete, wie die Gangster den Detektiv fesselten und hörte, welche Pläne die Truck-Hyänen in dieser Nacht zu verfolgen gedachten.
Voller Ungeduld wartete Dodge danach darauf, dass die Verbrecher abrückten, damit er Bount Reiniger befreien konnte. Sie verließen das Lagerhaus schon bald. Dodge hörte sie abfahren und ließ noch einige Minuten verstreichen, ehe er das Dach verließ. Während er die Sprossen der Eisenleiter hinunterkletterte, befürchtete er fortwährend, die Truck-Hyänen könnten aus irgendeinem Grund noch einmal zurückkommen.
Aber sie kamen nicht wieder. Seit die Verbrecher Jozef Kalescu ermordet hatten, trug sich Richard Dodge mit dem Gedanken, eine Waffe zu erwerben. Heute hatte es damit endlich geklappt.
Es war ihm gelungen, einem alten Saufbold für eine Flasche Whisky einen alten Revolver mit zwanzig Schuss Munition abzuluchsen. Er trug die Waffe bei sich, und er hätte sie gegen die Gangster eingesetzt, wenn sie ihn dazu gezwungen hätten.
Dodge schlich auf das Lagerhaustor zu. Die Verbrecher hatten sich nicht die Mühe gemacht, abzuschließen. Sie waren sicher, dass sich Bount Reiniger nicht aus dem Staub machen konnte.
Vorsichtig zog Dodge das Tor zur Seite. Stockdunkel war es in der Halle. Da es aber in dem leeren Lagerhaus so gut wie kein Hindernis gab, konnte Dodge bedenkenlos drauflosmarschieren.
Erst als er in die Nähe der Glaswände kam, die das Büro einfriedeten, in dem Bount Reiniger lag, verlangsamte Dodge seinen Schritt. Er streckte die Hand aus und ertastete die Glaswand.
An ihr ging er entlang, bis er die Tür erreichte. Sie war offen. Dodge trat ein und suchte mit beiden Händen die von der Decke hängende