schlenkerte seinen eingeschlafenen Fuß, und sobald Wibbeke sich zu Eckard gesetzt hatte, verzogen sie sich zu dritt ins Nebenzimmer, Kili schloss die Tür.
Simon verbreitete schlechte Laune: »Wir haben ihn heute Abend geschnappt, auf dem Autobahnparkplatz Feltenwiese.«
Rogge hockte sich auf eine Tischkante und zog seine Zigaretten hervor. Deshalb also!
»Er war dort mit einem anderen Mann verabredet.«
»Der euch entkommen ist«, flachste Rogge, aber das bekam Simon in die falsche Kehle, er schnarrte vor Wut: »Sparen Sie sich Ihre witzigen Bemerkungen. Der andere wartete bereits mit einem Kombi in dem Wald hinter dem Parkplatz, und weil es noch hell genug war, haben wir sein Kennzeichen entziffern können.«
»Und über Funk abgefragt«, warf Kili schnell ein; die Spannung zwischen den beiden Männern, die sich sonst so gut verstanden, irritierte ihn. »Der Kfz-Halter heißt Anton Lohse, Stockau, Hauptstraße 29.«
»Olli!« Verblüfft schüttelte Rogge den Kopf, was Simon zu besänftigen schien, jedenfalls fuhr er in halbwegs normalem Ton fort: »Und weil mir Ihre Vorzimmermedusa mitzuteilen geruhte, dass Sie sich in einer Gastwirtschaft Zum Bären, Stockau, Hauptstraße 29, einquartiert haben, habe ich angeordnet, den Mann laufen zu lassen. Um Ihnen Schwierigkeiten zu ersparen.«
»Danke«, murmelte Rogge.
»Dieser Eckard kam mit seinem Lieferwagen auf den Parkplatz gefahren, ist in den Wald eingebogen und dann haben die beiden Männer umgeladen.«
»Hinter dem großen Ilexstrauch«, riet Rogge und Simon räusperte sich: »Sie wissen wieder mal mehr?«
Er wehrte ab: »Ich habe nur Ihre Anweisungen befolgt, Herr Rat.«
»Ja, sicher. Botanisiert, wie? Kartons mit Elektrogeräten.«
Ein Lagerist bei einem Elektromarkt, ja, da blieb nicht viel zu rätseln.
»Der Lohse ist dann mit seinem Kombi aus dem Wald herausgefahren, über eine Wiese hinunter ins Tal.«
»Sie heißt Feltenwiese und hat dem Parkplatz den Namen gegeben«, erläuterte Rogge.
Kili atmete durch: »Diesen Eckard haben die Kollegen dann auf dem Parkplatz hops genommen.«
»Für das Umladen gibt es Zeugen?«
»Vier Beamte, ihre Aussagen sind bereits protokolliert. Und genügend Fotos, die Filme sind schon im Labor.«
»Fein. Ich würde Eckard gerne etwas unter Druck setzen.«
»Von mir aus!« Simon starrte einen Moment zur Decke. »Ich verdufte.«
»Ein fester Wohnsitz - kann ich ihn laufen lassen?«
»Natürlich. Sonst liegt nichts gegen ihn vor, sagt der Computer.«
»Und wegen der Hehlerware ...«
»Soll Wibbeke erledigen. Das ist sein Revier. Gute Nacht.«
»Der hat es aber eilig!«, knurrte Kili, vorsichtshalber so leise, dass Simon nichts hörte.
Rogge grübelte. Für Simons hastigen Abgang gab es nur eine vernünftige Erklärung: Die ganze Geschichte sollte so lange wie möglich inoffiziell, auf dem kleinen Dienstweg, behandelt werden. Wogegen Rogge nichts einzuwenden hatte.
Eckard schwitzte vor Angst, er konnte einem Leid tun, aber Rogge musste die Gelegenheit nutzen: »Tja, da haben Sie sich ja ganz schön in die Scheiße geritten, Herr Eckard.«
»Was soll das heißen, wieso hab ich mich in etwas ...«Er war immer langsamer geworden, weil Rogge energisch den Kopf schüttelte: »Bitte kein Theater jetzt! Wir haben Zeugen, dass Sie Diebesgut in Ollis Wagen umgeladen haben, wir sind gerade dabei, Olli auffliegen zu lassen, an Ihrer Stelle würde ich ganz schnell und ganz brav auspacken.«
Wibbeke stand auf: »Ich besorg mal Kaffee, was meinen Sie?«
»Eine sehr gute Idee!«, pflichtete Kili bei. »Ich helfe Ihnen.«
Rogge schwieg eine Minute, in der sich Eckards Gesicht grau verfärbte. »Nun machen Sie schon! Wir werden Ihren Arbeitgeber verständigen müssen, das ist Ihnen doch klar.«
Daran hatte Eckard noch gar nicht gedacht, erst jetzt wurde ihm das ganze Elend in seinem vollen Ausmaß bewusst und nun sprudelte es nur so aus ihm heraus. Den Olli habe er auf dem Rennplatz kennen gelernt, na ja, wie man so ins Gespräch kommt, wenn die Pferdchen immer anders einliefen, als man getippt hatte. Geld konnten sie beide gebrauchen, beim Bier hatte Eckard Olli erzählt, wo er arbeitete und wie lässig diese Reklamationsfälle gehandhabt würden. Olli hatte beiläufig bemerkt, dass er viele Bekannte und Gäste habe, die sich gerne mal einen neuen CD-Spieler leisten würden, aber mit den Mäusen seien sie halt auch klamm. Vielleicht könne man sich ja gegenseitig helfen.
»Und wann war das?«
Vor drei Jahren. Bis jetzt sei ja auch alles glatt gelaufen. Wenn Eckard etwas beiseite geschafft hatte, rief er Olli an und sie trafen sich in dem Wald hinter dem Parkplatz. Ware gegen Geld, Eckard fuhr auf die Autobahn und über die B 111 gleich nach Hause zurück. Manchmal packte ein großer Mann mit an, dem man den Mund zugenäht hatte, aber Olli hatte nur gebrummt, der wüsste Bescheid und wäre in Ordnung.
»Wie oft haben Sie sich getroffen?« Rogge fragte gleichmütig und Eckard räusperte sich ausgiebig.
»Ein-, zweimal im Monat«, krächzte er.
Wibbeke und Kili hatten tatsächlich Kaffee aufgetrieben und Rogge lobte: »Herr Eckard ist sehr kooperativ.«
»Wie uns das freut«, knurrte Wibbeke. Einer musste ja den Part des hässlichen Bullen übernehmen und Wibbekes Uniform beeindruckte den Kleinen.
Nach der Pause beugte Rogge sich vor: »Also immer auf der Feltenwiese?«
»Ja.«
»Und das ist immer glatt gegangen?«
»Nei-ein.« Eckard schluckte verzweifelt.
»Nein? Warum denn nicht?«
»Manchmal war da zu viel Betrieb.«
»Abends? Auf dem Parkplatz? - Das glauben Sie doch selber nicht!«
Doch, bestimmt. Nicht direkt auf dem Parkplatz, auch nicht im Wald, aber auf der Wiese dahinter. Mein Gott, was da herumgevögelt wurde - da trieb sich so eine Dorfschönheit herum, eine richtige kleine Hure, die hatte Freier von wer weiß woher, manchmal hatte Eckard eine Stunde oder länger warten müssen, bis sie ihre Kunden abgefertigt hatte und die Luft rein war» Einige Male hatte sie so lange auf dem Parkplatz gesessen, weil sich wohl ein Freier verspätet hatte, dass Eckard weitergefahren war und Olli über Handy abgesagt hatte; Olli schimpfte auch immer über diese läufige Hündin, die ihn wohl kannte. Olli traute sich deshalb erst über die Wiese zu fahren, wenn er sich vergewissert hatte, dass auf der Wiese kein Wagen mehr parkte und die kleine Hure ins Dorf zurückgegangen war. Aber das war zum Glück nicht oft passiert.
Rogge erhaschte Wibbekes Blick und winkte unauffällig ab.
»Na schön, Herr Eckard, dann beschäftigen wir uns mal mit einem bestimmten Monat. Mit dem September im vorigen Jahr.«
Wibbeke schaltete sofort, Kili brauchte einige Sekunden, bis er glänzende Augen bekam, also hatte er die Akten auf Rogges Schreibtisch gelesen.
»Was soll da gewesen sein? Im September?«
»Am 15. September ist auf dem Parkplatz Feltenwiese eine Frau gefunden worden ...«
Er brach ab, weil Eckard eine heftige Bewegung machte: »Die ihr Gedächtnis verloren hat?«
»Ja, woher wissen Sie das?«
»Aus der Zeitung. Und später ist sie im Fernsehen gewesen.«
»Genau die. Also: vorigen September.«
Bei Rogges drohendem