Christof Gasser

MordsSchweiz


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er noch halb im Delirium gewesen sein muss nach dem Medikamenten-Cocktail, behaupten Sie, er sei gleich auf Sie losgegangen?«

      »Er war wach. Wahrscheinlich wollte er sich rächen, weil ich ihn betäubt hatte.«

      »Ihr Sohn sagte, das Kabel – ein Ladekabel – habe immer im Wohnzimmer gelegen, wo sich auch das Gerät befindet, das damit geladen wird. Haben Sie das Kabel mit ins Zimmer raufgenommen, als Sie nachschauen gingen, ob Ihr Mann noch lebte?«

      »Nein, das Kabel war schon da.«

      »Laut dem medizinischen Bericht wies Ihr Mann eine Strangulationsmarke am Hals und Punktblutungen im Kopfbereich auf. Frau Büttikofer, er wurde von hinten gewürgt. Das ist schwer mit Ihrer Schilderung in Einklang zu bringen, dass er Sie angegriffen hatte. Sie wollten ihn erwürgen.«

      »Nein! Nein, so war das nicht. Ich wollte ihn nicht töten, ich musste mich verteidigen. Ich hatte Angst, dass er mich umbringen würde. Das war Notwehr.«

      *

      Befragung von Robert Büttikofer durch Richter Wohlgemuth

      »Ich befrage Sie nun als Beschuldigter in diesem Verfahren. Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern – wenn Sie Aussagen machen, können die als Beweismittel gegen Sie verwendet werden. Sie sind der mehrfachen Vergewaltigung und der mehrfachen sexuellen Nötigung angeklagt. Haben Sie das verstanden?«

      »Ja, das habe ich verstanden.«

      »Was sagen Sie zu den Vorwürfen?«

      »Die Anschuldigungen stimmen nicht. Ich wollte nichts mehr von meiner Frau. Sie wusste, dass ich mich scheiden lassen würde, dass ich eine neue Freundin habe, ich habe ihr das offen gesagt. Sie war es, die es immer wieder bei mir versuchte, die mir schmeichelte und mir sagte, ich sei ihr Herz und ihre Seele. Ich habe nur mit ihr geschlafen, wenn sie es wollte.«

      »Ihre Frau erzählt etwas ganz anderes. Sie sagt, Sie hätten sie jahrelang vergewaltigt. Sie hätten sie gezwungen, Gewalt-Pornofilme nachzuspielen. Sie hätten sie gewürgt, mit der Rute geschlagen, obwohl Sie gewusst hätten, dass sie keinen Sex mit Ihnen haben wollte.«

      »Das ist gelogen. Warum hat sie mich denn nie angezeigt? Warum ist sie bei mir geblieben? Warum ist sie nie ins Frauenhaus gezogen?«

      »Ihre Frau sagt, Sie hätten ihr gedroht, sie umzubringen, wenn sie Sie verlasse.«

      »Das stimmt nicht. Es war gerade umgekehrt. Sie war diejenige, die Gewalt ausgeübt hat. Einmal hat sie mir mehrfach mit der Fernbedienung des TVs auf meinen Kopf geschlagen und die gesamte Einrichtung des Wohnzimmers zerstört. Ich musste die Polizei rufen und habe sie angezeigt. Meine Frau wurde daraufhin für zehn Tage mit einem Kontaktverbot belegt und durfte nicht nach Hause kommen. Das finden Sie in den Akten.«

      »Wenn ich Sie ansehe, muss ich sagen, dass ich das kaum glauben kann. Sie sind Ihrer Frau körperlich überlegen. Wie soll sie Sie misshandelt haben?«

      »Sie kennen sie nicht. Ich bin nicht stärker als sie. Sie hat mit Gegenständen auf mich eingeschlagen, und ich habe mich nicht gewehrt, weil ich Gewalt ablehne, ich könnte nie eine Frau schlagen.«

      »Ihre Frau kann die Vergewaltigungen sehr genau beschreiben, die Gewalt, die Sie ihr angetan haben sollen.«

      »Ich habe nie etwas getan, was sie nicht wollte.«

      »Wir haben auch mit Ihren Kindern gesprochen. Haben Sie noch Kontakt zu ihnen?«

      »Nein.«

      »Warum nicht?«

      »Das hat sich verloren.«

      »Ihre Kinder haben sich hinter Ihre Frau und gegen Sie gestellt. Ihre jüngste Tochter hat sogar bestätigt, dass Sie Ihre Frau vergewaltigt haben sollen.«

      »Hören Sie, ich liebe meine Kinder, die drei älteren sind gute Kinder. Aber meiner jüngsten Tochter dürfen Sie nicht glauben. Sie ist kriminell. Man hat sie mehrmals beim Stehlen erwischt, und sie lügt, wenn sie solche Dinge erzählt.«

      »Warum sollte sie das tun?«

      »Meine Frau hat sie dazu angestiftet. Ich hatte schon früher Angst, dass sie mich töten wollten. Zweimal fühlte ich mich seltsam, nachdem ich bei meiner Frau Tee getrunken hatte. Und dann war da noch die Sache mit dem Honig.«

      »Mit dem Honig?«

      »Meine jüngste Tochter brachte mir zehn Gläser Honig, teurer Honig, sie wollte ihn mir schenken, es war klar, dass sie ihn gestohlen hatte. Mir fiel auf, dass drei Gläser schon mal geöffnet worden waren, darum habe ich sie alle gewogen. Die drei Gläser hatten ein anderes Gewicht. Ich glaube, dass sie mich bereits da vergiften wollten.«

      »Das höre ich zum ersten Mal. Warum haben Sie das bei der Polizei nicht ausgesagt?«

      »Es ist mir gerade jetzt erst wieder in den Sinn gekommen.«

      »Falls Sie, wie Sie behaupten, Ihre Frau nicht vergewaltigt haben – warum sollte Ihre Frau Sie umbringen wollen? Was wäre ihr Motiv?«

      »Das Geld. Sie hat herausgefunden, dass ich zwei Liegenschaften besitze, von denen sie zuvor nichts wusste. Sie fürchtete, dass ich mein Geld und meinen Besitz mit meiner neuen Freundin teilen werde und sie durch die Scheidung alles verliert.«

      *

      Befragung Miranda Büttikofer durch Richter Wohlgemuth

      »Frau Büttikofer, wussten Sie, dass Ihr Mann über zwei größere Liegenschaften und demnach über ein ziemliches Vermögen verfügt?«

      »Ja, das ist mir bekannt.«

      »Seit wann?«

      »Seit sechs Monaten.«

      »Ihr Mann hat Ihnen das verheimlicht?«

      »Ja, er hat mir nichts davon gesagt.«

      »Wie haben Sie davon erfahren?«

      »Ich habe seine Unterlagen durchstöbert, bevor er ausgezogen ist.«

      »Der Staatsanwalt geht davon aus, dass Sie Ihren Mann noch vor der Scheidung umbringen wollten, um sich das Vermögen zu sichern.«

      »Hören Sie: Ich bin hierhergekommen, um die Wahrheit zu sagen. Mein Mann hat all die Jahre mit mir gespielt, er hat mich angelogen, er hat mich vergewaltigt, er hat mich fälschlicherweise bei der Polizei angezeigt. Das, was Sie hier behaupten, stimmt nicht. Es ging nicht ums Vermögen, die Liegenschaften würden sowieso an unsere Kinder gehen. Auch bezweifle ich, dass sie viel wert sind, sie sind in keinem guten Zustand. Doch das hat alles nichts mit diesem Fall zu tun. Ich habe meinen Mann angegriffen, weil ich mich verteidigen musste.«

      »Nachdem Sie ihn zuvor beinahe mit einer Überdosis Tabletten umgebracht hatten.«

      »Ruhiggestellt, damit er mich in Frieden ließ, damit ich endlich einmal schlafen konnte, damit er mich nicht wieder vergewaltigte.«

      »Sie sagten, Sie erinnerten sich nicht, wie viele Tabletten Sie ihm verabreicht haben.«

      »Nein.«

      »Sie haben zwei Tage zuvor 20 Tabletten Risperidal und 14 Temesta gekauft. Gefunden hat die Polizei noch drei Temesta-Tabletten. 31 Tabletten sind verschwunden.«

      »Ich weiß wirklich nicht mehr, wie viele es waren. Ich habe das ganz schnell gemacht, und ich bereue, dass ich es getan habe.«

      »Wer wusste alles von den Medikamenten?«

      »Nur ich!«

      »Auf einer leeren Tabletten-Verpackung haben wir nicht nur Ihre, sondern auch die DNA Ihrer Tochter Samira gefunden. Können Sie uns das erklären?«

      »Meine Töchter haben aufgeräumt, ich hatte die leeren Packungen im Kühlschrank gelassen.«

      »Wann war das?«

      »Am nächsten Morgen.«

      »Nachdem die Töchter ihren Vater gerettet hatten? Was haben Sie getan, als die Töchter