Fällen gesucht, in denen ebenfalls ein Zünder verwendet wurde, der mit Zeitverzögerung auf den Signalgeber des Autoschlüssels reagiert.”
“Ich nehme an, er ist fündig geworden”, meinte Wildenbacher.
“Vor zwei Jahren explodierte hier in Berlin der Wagen eines Clubbesitzers namens Tarik Özdiler auf dieselbe Weise. Kurz danach gab es weiterer Fälle in Börneburg und Frankfurt. Die Opfer waren auch Clubbesitzer. Und nun wird es interessant. Alle drei Clubs standen höchstwahrscheinlich unter der Kontrolle der Organisation, in der früher Jörn Savonian den Ton angegeben hat, bevor man ihn verhaftete.”
“Das sieht nach einem Volltreffer aus, Rudi”, meine ich. “Hat Kommissar Nöllemeyer zufällig auch erwähnt, wer diese Organisation übernommen hat und jetzt die Geschäfte leitet?”
“Man hat immer gedacht, dass Jörn Savonian aus dem Knast heraus im Wesentlichen die Fäden zieht”, meinte Rudi. “Genau weiß das niemand.”
“Aber Jörn Savonian wird kaum die beiden Leute ermorden lassen, die ihm als einzige aus dem Knast helfen können”, meinte ich.
29
Am nächsten Morgen fuhren Rudi und ich nach Börneburg, um uns mit Jörn Savonian zu treffen.
Der ehemalige Boss eines kriminellen Clans (deutsche Mutter, libanesischer Vater), war ein hochgewachsener, breitschultriger Mann in den Fünfzigern. Das Haar war grau, aber voll. Der Blick seiner graublauen Augen hatte etwas Falkenhaftes.
“Wenn das BKA sich für mich interessiert, kann das in der Regel nichts Gutes bedeuten”, meinte Jörn Savonian, nachdem er sich gesetzt hatte. “Keine Ahnung, was Sie mir noch anhängen wollen, damit ich noch weitere zweihundert Jahre im Knast sitze, selbst wenn sich irgendwann herausstellen sollte, dass ich diese Nutte im Paradise Club in Börneburg nicht umgebracht habe!”
“Sie können ganz beruhigt sein”, meinte ich. “Ich bin Kriminalinspektor Harry Kubinke, dies ist mein Kollege Kriminalinspektor Rudi Meier. Wir ermitteln in einem ganz anderen Fall und sind sicher nicht daran interessiert, Ihnen etwas anzuhängen.”
“Freut mich zu hören. Da mein Anwalt vor kurzem eine Ladung Blei abbekommen hat, stehe ich Ihnen leider ohne rechtlichen Beistand gegenüber.”
“Haben Sie keinen neuen Anwalt?”, fragte Rudi.
“Wir hätten nichts dagegen, wenn er anwesend wäre”, ergänzte ich. “Ganz im Gegenteil sogar.
“Sie werden es kaum für möglich halten, es ist nicht so einfach für mich, einen Anwalt zu bekommen, der bereit ist, meinen Fall nochmal in die Hand zu nehmen.”
“Kann ich mir kaum vorstellen. Das ist doch eine einmalige Gelegenheit, Justizgeschichte zu schreiben”, meinte ich.
“Was soll ich sagen? Die ganze Geschichte hat dafür gesorgt, dass mein Image irgendwie nicht das Beste ist. Die meisten denken, dass ich es irgendwie verdient habe, hier zu sitzen. Ganz egal, ob ich diese Frau getötet habe oder nicht.”
“Ich denke, abgesehen von diesem Mord bliebe immer noch genug auf Ihrem Kerbholz übrig, um Sie hier drin zu lassen”, meinte ich.
“Nur, dass mich dafür niemand verurteilt hat und mir nichts gerichtsfest bewiesen werden konnte! Ich habe nur Geschäfte gemacht und nie gegen Gesetze verstoßen.”
“Natürlich.”
“Wenn Sie der Meinung sind, dass ich hier in diesem Loch bleiben sollte, dann habe ich eine gute Nachricht für Sie, Kriminalinspektor. Genau das wird nämlich vermutlich passieren! Und davon abgesehen scheint es auch niemanden wirklich zu interessieren, wer Herr Lutterbeck umgebracht hat.”
“Genau deswegen sind wir hier”, sagte ich. “Kurz nacheinander werden der Anwalt und der Gerichtsmediziner, die sich mit Ihrem Fall beschäftigt haben, um ihn nochmal aufzurollen, Ziele von Attentaten. Wir nehmen an, dass das kein Zufall ist.”
Jörn Savonian runzelte die Stirn. “Worauf wollen Sie hinaus?”
“Überlegen Sie mal, ob es nicht sein könnte, dass jemand unter allen Umständen verhindern will, dass Sie aus dem Knast herauskommen”, gab ich ihm zu bedenken. “Fällt Ihnen da jemand ein?”
Die Frage schien ihn zumindest nachdenklich werden zu lassen. Er lehnte sich zurück. Eine Antwort blieb er uns allerdings zunächst schuldig. Ich verstand das auch. Wenn er uns auf diese Frage antwortete, gab er dabei möglicherweise Informationen darüber Preis, wie die Befehlsstränge innerhalb seiner Organisation zurzeit verliefen.
Einer Organisation, deren Existenz er ja immer abgestritten hatte und deren Führung man ihm nicht hatte beweisen können.
“Ist das jetzt eine Falle?”, fragte er. “Wollt ihr mich am Ende doch noch hereinlegen?”
“Herr Savonian, daran denkt niemand”, versicherte ich.
“Ich verstehe langsam. Jetzt sind vielleicht doch neue Beweise aufgetaucht oder Sie haben endlich eingesehen, dass Ihre Beweise falsch waren und jetzt fürchten Sie, dass Sie mich auf freien Fuß setzen müssen. Da versuchen Sie mich doch vorher lieber zu irgendwelchen unbedachten Aussagen zu verleiten, damit Sie mir vorher noch genug anhängen können, um mich trotz allem noch länger im Bau zu lassen, als ich vermutlich noch leben werde!”
“Herr Savonian, das ist Unsinn”, stellte ich klar. “Uns geht es um die Wahrheit - und darum, einen gefährlichen Killer und seinen Auftraggeber zu fassen.”
“Ach, wirklich?”
“Mag ja sein, dass Sie und das BKA normalerweise auf verschiedenen Seiten gestanden haben, aber in diesem Fall sollten wir eigentlich beide dasselbe Ziel haben, finde ich. Und wenn Sie es schaffen, einen Moment ruhig darüber nachzudenken, dann werden Sie erkennen, dass ich richtig liege.”
Einige Augenblicke herrschte jetzt ein angespanntes Schweigen. Ich wechselte einen kurzen Blick mit Rudi. Mein Kollege nickte mir zu. Offenbar war er ebenfalls der Ansicht, dass Jörn Savonian diesen Moment zum Nachdenken vielleicht einfach brauchte.
Savonian atmete tief durch. “Okay, dann stellen Sie am Besten einfach Ihre Fragen.”
“Falls Sie Sorge haben, dass irgendetwas von dem, was Sie uns sagen, vor Gericht gegen Sie verwendet werden könnte, dann irren Sie sich”, stellte ich klar. “Im Moment interessiert uns nur dieser Killer. Aber möglicherweise hat das etwas mit Ihrem Fall zu tun und so könnte Ihnen das am Ende ebenfalls nutzen.”
Jörn Savonian beugte sich jetzt vor und sprach mit etwas gedämpftem Tonfall. “Wie ich schon wiederholt gesagt habe, bin ich für den Tod dieser jungen Frau nicht verantwortlich. Ich kannte sie nicht einmal.”
“Vielleicht erzählen Sie uns einfach mal, wie Sie das Geschehen von damals erlebt haben”, meinte ich.
“Das habe ich schon so oft getan, dass ich es kaum noch zählen kann. Nur hat mir bisher niemand glauben wollen. Bis auf Franz Lutterbeck, der schließlich sich dahintergeklemmt hat, dass das alles nochmal aufgerollt wird. Das ganze läuft auf Folgendes hinaus: Ich war in einem Club, um mich zu amüsieren, habe was getrunken, mir wurde schlecht und als ich erwachte lag neben mir eine tote Frau, von der sich später herausstellte, dass sie als Call-Girl tätig war. Und wie der Zufall es so wollte, fand ausgerechnet an diesem Tag auch eine Razzia in dem Club statt.”
“Haben Sie mal darüber nachgedacht, wer Sie aus dem Weg räumen wollte?”, fragte ich.
“Ich habe zuerst gedacht, dass es einfach ein übler Trick der Polizei war. Ich meine Ihresgleichen hat doch schon seit Jahren versucht, mir was am Zeug zu flicken. Man hat mir alles Mögliche versucht anzuhängen. Steuerhinterziehung, Geldwäsche, betrügerischer Bankrott und so weiter. Aber das ist alles gescheitert. Da ist es natürlich viel leichter, einem ein totes Call-Girl ins Bett zu legen, nachdem man einen mit k.o.-Tropfen flachgelegt hat.”
“Man hat die