ltsverzeichnis
Vollständige eBook Ausgabe 2015
©2014 SPIELBERG VERLAG, Regensburg
Herausgeber, Projektleiter: Bastian Zech
Mitherausgeberin, Lektorat, Projektkoordination: Hildegard Lillin
Umschlaggestaltung und -illustration,
Illustrationen im Innenteil: Lena Knarr
Pressearbeit, Marketing, Social Media: Barbara Lerchenberger
Korrektorat: Renate Kirchermeier
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung, Speicherung oder Übertragung
können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.
(eBook) ISBN: 978-3-95452-060-2
Vorwort
Im Sommer 2013, nach der verheerenden Flutkatastrophe in Deggendorf, begann alles mit einer Idee: Die Erinnerungen und Erlebnisse der Betroffenen, Helfer und Hilfsorganisationen festzuhalten, in einem Buch, vollgepackt mit Erlebnissen während der Flut. Diese Flutkatastrophe hat viele Geschichten geschrieben. Sie zeugen von Entsetzen, großem Verlust und bitterem Leid. Aber sie wurden besonders von dem enormen Zusammenhalt unter Menschen geprägt, die sich gegenseitig in der Not die Hände reichten und einander halfen. Über 500 Häuser standen unter Wasser. Tausende Helfer und zahlreiche Hilfsorganisationen waren im Einsatz. Viele, die nicht persönlich betroffen waren, kamen aus ganz Deutschland und gaben den Betroffenen vor Ort neue Hoffnung, indem sie tatkräftig mit anpackten. Die gemeinsamen Erfahrungen waren für Helfer und Betroffene sehr aufwühlend und prägend. Es gab so viel zu erzählen, das nicht in Vergessenheit geraten sollte.
Nach und nach zog diese Buchidee Kreise und fing an, ganz unterschiedliche Menschen zu begeistern. So sehr, dass sie bereit waren, das Projekt komplett ehrenamtlich auf die Beine zu stellen und die Bucherlöse zu spenden. Diese verschiedenen Menschen fanden durch die Idee zusammen: Allen voran unsere Autoren. Die jüngste von ihnen geht noch zur Schule, einige haben schon viele eigene Texte publiziert, andere veröffentlichen hier ihre erste Kurzgeschichte oder ihr erstes Gedicht. Manche waren unmittelbar selbst betroffen oder sind in Deggendorf aufgewachsen, andere hat das Geschehen sehr berührt, auch wenn sie oder ihr Umfeld die Flut nicht selbst erlebt haben und sie weit weg wohnen, in ganz Bayern verstreut. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie wollten helfen, die Erinnerungen an den großen Zusammenhalt in Deggendorf während der Flut aufrechtzuerhalten. Dort, wo viele Menschen ihr Heim, ihre Fotos und persönlichsten Erinnerungsstücke, und damit auch ein Stück der eigenen Lebensgeschichte, verloren haben.
Viele unserer 23 Autoren haben sich seit Januar 2014 mit Betroffenen und Helfern getroffen und mit ihnen über das gesprochen, was sie erlebt haben. Sie wollten erfahren, was den Augenzeugen während der Zeit der Flut wichtig geworden ist. Die Autoren haben ihnen aufmerksam zugehört, um ihre Sicht zu verstehen. Oft fanden zwei fremde Menschen bei diesen Begegnungen einen guten Draht zueinander. Andere, wie die Autoren der Schreibwerkstatt der Universität Regensburg, fanden durch eine intensive Recherche einen eigenen Zugang zum Thema und verfassten unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Daiber fantasievolle Kurzgeschichten. Auf dieser Basis konnten alle Autoren die Erlebnisse vom Juni 2013 aus unterschiedlichsten Perspektiven beleuchten.
Entstanden ist dabei ein buntes Mosaik aus mal traurig und mal zuversichtlich gestimmten, vor allen Dingen jedoch Mut machenden Texten voller lebendiger Figuren. Sie legen Zeugnis ab davon, was Menschen erreichen können, wenn sie sich gegenseitig unterstützen. Was daraus entstehen kann, ist beeindruckend. Diese Geschichten und Gedichte können uns allen Mut machen. Mut dafür, sich zu engagieren und sich für andere Menschen in Not einzusetzen. Alle Texte im Buch sind durch diese Idee miteinander verbunden, wie ein roter Faden zieht sie sich durch die unterschiedlichen Perspektiven, Blickwinkel und individuellen Schreibstile. Darüber hinaus haben die einzelnen Geschichten und Gedichte viele Parallelen: Organisationen wie das THW, die örtlichen Feuerwehren, die Bundespolizei, die Wasser- und die Tierrettung, die Rettungsdienste wie das BRK und die vielen freiwilligen Hilfsorganisationen wie das Restaurant Mund-Art oder die studentische Aktion Deggendorf räumt auf tauchen an verschiedensten Stellen immer wieder auf. Facebook als Hilfsmittel zur gegenseitigen Vernetzung von Helfern und Hilfsbedürftigen und zum Austausch von Informationen spielt eine Rolle. Die furchtbare, aus den Fugen geratene Naturgewalt der Donau verknüpft die Texte schließlich als Leitmotiv und schlägt sich zum Beispiel in den Pegelständen nieder. Als stumme Zeugen dokumentieren diese immer wieder das Ausmaß der Katastrophe. Der Gestank nach ausgelaufenen Öltanks, die schmutzige braune Brühe über allem und die in Dauerschleife heulenden Martinshörner ziehen sich als wiederkehrende Sinneseindrücke durch die Texte. In verschiedensten Variationen steht der Verlust des Zuhauses und der persönlichsten Dinge Situationen gegenüber, in denen Menschen miteinander für eine positive Zukunft nach der Flut kämpfen.
Ohne die kleine Gruppe von Menschen hinter diesem Buchprojekt, die dazu bereit war, sich über einen langen Zeitraum hinweg ehrenamtlich im Projektmanagement, im Marketing und Lektorat zu engagieren, wäre dieses Buch nicht möglich gewesen. Auch ohne den Spielberg Verlag und seinen Verleger Richard Windmeißer wäre „Wassergeflüster“ nicht entstanden. Der Verlag war bereit, das Buch unentgeltlich zu veröffentlichen und den Erlös zu spenden. Er kommt der wichtigen Jugendarbeit des Kreisjugendrings Deggendorf und dem verlagseigenen Hilfsprojekt Sternfunken zugute. Der Kreisjugendring kümmert sich bis heute mit zahlreichen Aktionen um Kinder und Jugendliche, die vom Hochwasser betroffen waren und sind. Eine große Bereicherung sind auch die Illustrationen und das Coverbild, allesamt von der Graphikdesignerin Lena Knarr in liebevoller Handarbeit gezeichnet.
Vielen Dank an alle Beteiligten des Buches!
RAMONA PÜSCHEL
Lucky
„Lucky! Komm, gehen wir Gassi“, ruft mein Frauchen nach mir, und eilig springe ich zu ihr. Als ich bei ihr bin, streichelt sie über meinen Kopf und krault mich hinter meinem Ohr. Sie nimmt die Leine und macht sie an meinem roten Halsband fest. „Freust du dich schon?“, grinst sie und streichelt noch einmal über meinen Kopf. Vergnügt wackele ich mit dem Schwanz und belle einmal laut. „Das ist mein Junge.“ Zusammen gehen wir aus dem Haus. Heute regnet es schon wieder, und mein Frauchen spannt sofort ihren Schirm auf. Währenddessen spiele ich in einer Pfütze vor der Haustür. „Lucky, nein, du wirst noch dreckig“, ermahnt sie mich und geht los. Ich trotte hinter ihr her und bin glücklich, dass ich wieder draußen bin und mich richtig bewegen kann. „Zieh nicht so, Lucky“, höre ich sie lachen und laufe weiter voraus.
Wir sind am Ufer der Donau, aber irgendwas hat sich verändert. Als ich näher ans Wasser herangehen will, zieht mich mein Frauchen zurück. Verwundert schaue ich zu ihr hoch und sehe, wie sie weitergeht, also gehe ich ihr nach und blicke weiter an der Donau entlang. Nach einer halben Stunde kehren wir um und gehen wieder nach Hause.
Zuhause angekommen lässt mich meine Besitzerin von der Leine, und ich renne schnurstracks nach oben in ihr Schlafzimmer und springe auf ihr Bett. Mein braunes Fell ist vom vielen Regen völlig durchnässt, und meine Pfoten sind ganz verdreckt. Ich wälze mich auf der Bettdecke, damit ich schneller trocken werde. Aufgebracht rennt mein Frauchen zu mir und schimpft mich wütend: „Du kleiner Schlingel. Jetzt schau dir doch mal das Bett an!“ Mein Blick fällt auf die nun komplett mit meinen braunen Pfotenabdrücken übersäte Decke, und meine Schuld wird mir bewusst. Langsam lege ich mich hin, mit meinem Kopf auf den Vorderpfoten, und ich sehe sie mit meinem zuckersüßen, bereuenden, ehrlichen Hundeblick an. Das bringt sie zum Lachen. „Ach, ist schon gut. Wenn du mich so ansiehst, kann ich dir nicht mehr lange böse sein. Das Bettzeug gehört sowieso gewaschen.“ Dieser Trick klappt doch immer wieder! Aber nein, ich wollte ihr wirklich keinen Ärger machen. „Lucky!“, lacht Lina, mein kleines Frauchen und die Tochter der Familie, und rennt in das Zimmer. Ich springe vom Bett und werde sofort in die Arme geschlossen und gestreichelt. „Warte, er ist noch nass.“ Mit diesen Worten nimmt mein Frauchen ihr Kind hoch und schaut mich an. „Komm, du kriegst dein Fressen.“ Sie geht mit langen