gleichem Recht an die zähringischen Bertholde denken. Ja auf diese deuten die Lieder ausdrücklich. Denn einer der Söhne jenes Berther war Hache, den Wolfdietrich an den Rhein nach Breisach setzte und einer edlen Herzogin vermählte. Beider Sohn ist der getreue Eckart. An diesen Hache erinnert Hâchberg, jetzt Hochberg, der alte Sitz der von den Zähringern abstammenden Markgrafen von Baden und Hochberg; ferner erinnert daran Hochberg bei Emmendingen, vier Stunden von Breisach, nach der Heidelberger die mächtigste Ruine des Landes.
Wir können nicht umhin, auch des Harlungengoldes, das heißt des Schatzes der Harlungen, zu gedenken. Mit dem Hort der Nibelungen darf man ihn nicht verwechseln, und auf die Goldwäschen von Selz und Germersheim ist er nicht, wie etwa jener, zu beziehen. Der Marner, ein bekannter Minnesänger, spricht von dem Ymelungenhort, der in dem Burlenberg liege, eine Stelle, die man mit Unrecht auf die Lurlei bei St. Goar gedeutet hat. Schon Grimm erkannte, daß hier von dem Bürglenberg bei Breisach, wo die Harlungen mit ihrem Schatz hausten, die Rede sei. Ymelungen ist aus Amelungen abgeleitet; für solche können auch die Harlungen als nahe Verwandte des ostgotischen Königshauses gelten. Ich gehe aber weiter und verstehe auch den im »Beowulf«, einem angelsächsischen Gedicht des siebenten Jahrhunderts, erwähnten Schatz der Brosinge oder Brisinge (brosinga mene), welchen Heime, ein Dienstmann Ermenrichs, nach der heerglänzenden Burg getragen haben soll, als den Schatz der breisachischen (von »brisiacus«) Harlungen, den sich Kaiser Ermenrich nach deren Fall durch Heime zueignen ließ. Bekanntlich wird in der Edda das leuchtende Halsgeschmeide der Freia, der nordischen Liebesgöttin, »brisinga men« genannt; vielleicht nur eine Anspielung auf die gedachte Stelle im »Beowulf«, wo gesagt war, einen besseren Schatz wisse man unter dem Himmel nicht.
Diesen Hort der Brisinge, der später stets im Besitz Kaiser Ermenrichs erscheint, auf dessen Schatz noch das Gedicht von »Reineke Fuchs« zu wiederholten Malen hindeutet, finde ich nun bei den zähringischen Herzögen, und zwar auf dem Kaiserstuhl, wieder. Die Freiburger Chronik erzählt nämlich die Sage, die Herzöge von Zähringen seien vorzeiten Köhler gewesen und hätten hinter Zähring für das Schloß Kohlen gebrannt. Einstmals habe nun der Köhler beim Wegräumen des Schatzes eine schwere, geschmolzene Materie am Boden gefunden, und als er sie besichtigte, sei es gutes Silber gewesen. Dies habe sich als des Berges Schuld erwiesen, indem es sich bei fernerem Brennen an gleicher Stelle allemal wiederholte, so daß es nun der Köhler von Tag zu Tag fortsetzte und einen großen Schatz Silber zusammenbrachte. »Nun hat es sich damals ereignet, daß ein König vertrieben wurde vom Reich und floh auf den Berg im Breisgau, genannt der Kaiserstuhl, mit Weib und Kindern und allem Gesinde, litt da viel Armut mit den Seinen. Ließ darauf ausrufen, wer da wäre, der ihm wolle Hilfe tun, sein Reich wiederzuerlangen, der sollte zum Herzog gemacht und eine Tochter des Kaisers ihm gegeben werden. Da der Köhler dies vernahm, fügte sich’s, daß er mit einer Bürde Silber vor den Kaiser trat und begehrte: er wolle sein Sohn werden und des Kaisers Tochter ehelichen, auch dazu Land und Gegend – wo jetzt Zähringen, das Schloß, und die Stadt Freiburg steht – zu eigen haben. Alsdann wolle er ihm einen solchen Schatz Silber geben und überliefern, damit er sein ganzes Reich wiedergewinnen könne. Als der König solches vernahm, willigte er ein, empfing die Last Silber und gab dem Köhler, den er zum Sohn annahm, die Tochter zur Ehe und die Gegend des Landes dazu, wie er begehrt hatte. Da hub der Sohn an und ließ das Erz schmelzen; er bekam großes Gut und baute Zähringen samt dem Schloß. Da machte ihn der römische König, sein Schwager, zum Herzog von Zähringen …«
Elsaß
Auf dieses blühende Land ist uns kaum einen Blick zu werfen vergönnt. Es wird fast in seiner ganzen Länge von der Ill und dem Napoleonskanal durchschnitten, der den Rhein mit der Rhône und so das Nordmeer mit dem Mittelländischen verbinden soll. Die Niederungen zwischen der Ill und dem Rhein bieten, den Blick auf die Doppelkette des Schwarzwalds und der Vogesen ausgenommen, wenig Reizendes dar. Erst jenseits der Ill öffnen sich die großartigen und doch lieblichen Täler des Wasgaus, wo jetzt der so oft als unpoetisch verschriebene Gewerbefleiß mitten in der abenteuerlichsten Romantik – am brausenden Wasserfall, bei dem zerfallenden Felsenschloß, neben wundertätigen Heiligenbildern – seinen Sitz aufgeschlagen hat.
Auch der Weinbau, unter allen landwirtschaftlichen Beschäftigungen die ansprechendste, gedeiht an den östlichen und südlichen Abhängen der Wasgaukette. Und so dürfen wir sagen, es ist auch hier besser geworden, als es war. Es wäre undankbar, die Wohltaten des Mittelalters, indem wir sie genießen, verkennen zu wollen; auch soll das Ei nicht klüger sein wollen als die Henne; zuweilen hat es aber das Küchlein besser als die Glucke. So muß auch hier die neuere Zeit durch das Verdienst der älteren gegen diese im Vorteil erscheinen. Aus den betriebsamen Tälern, die uns jetzt entzücken, zogen einst Ritter und Reisige sengend und raubend in die friedliche Ebene. Und doch prangt diese noch heute mit mächtigen Städten und himmelanstrebenden Domen, die in jener kräftigen, großfühlenden Zeit erbaut worden sind. Das Straßburger Münster spricht dem Mittelalter beredter das Wort als alle Anpreisungen seiner unbedingten Verehrer. Das Münster ist es auch, das unaufhörlich von Deutschland predigt, obgleich die wackeren Elsässer in ihrer altvaterischen Sinnesweise deutsche Art und Sitte schätzen und solcher Mahnung nicht bedürfen.
An Sagen und geschichtlichen Überlieferungen ist kaum ein deutsches Land reicher als das Elsaß. Das Verdienst, sie zu sammeln und einzukleiden, erwerben sich die Brüder Adolf und August Stöber zu Niederbronn. Manche darunter sind ziemlich allgemein bekannt; andere verdienen es zu werden. Zu jenen gehören die von der heiligen Odilie und von dem Riesenfräulein von Nideck; doch ist letztere von den deutschen Dichtern Langbein, Rückert und von Chamisso wohl kaum so glücklich behandelt worden als von ihrer ersten Entdeckerin, Frau Charlotte Engelhart, geborenen Schweighäuser. Durch diese erhielt sie Grimm, aus dessen »Deutschen Sagen« sie in so manche Gedichtsammlung überging. Da jene älteste Bearbeitung nur wenigen zugänglich ist und zugleich als Probe der Straßburger Mundart gelten kann, so teilen wir sie nachstehend mit. Das ehemalige Raubschloß Nideck liegt in der Nähe des Breuschtals an einem wilden Wasserfall, der sich von einer achtzig Fuß hohen Felsenwand stürzt.
Im Waldschloß dort am Wasserfall
Sinn d’ Ritter Rise gsinn;
Ä mol kummt’s Fräule hrab ins Tal
Unn geht spaziere drinn.
Sie tut bis schier noch Haslach gehn,
Vorm Wald im Ackerfeld
Do blibt sie voll Verwundrung stehn
Unn sieht, wie’s Feld wurd bstellt.
Sie luegt dem Ding ä Wil so zu,
Der Pflui, die Ross, die Lütt
Ischer ebs neu; sie geht derzu
Unn denkt: die nimm i mitt!
Drno huurt sie an de Bode hin
Unn spreit ihr Fürti Schürze us,
Fangt alles mit der Hand, tut’s nin
Unn lauft gar froh noch Hus.
Sie springt de Felswei nuf ganz frisch.
Dort wo der Berg jetzt isch so gäh,
Unn me so krattle muß in d’ Höh,
Macht sie nur eine Schritt.
Der Ritter sitzt just noch am Tisch
»Min Kind, was bringste mit?
D’Freud luegt der zu de Auge nus;
Se krom nur gschwind din Fürti us;
Was hesch so Zawelichs drin?«
»O Vatter, Spieldings gar ze nett,
I ha noch nie ebs Schöns so ghett«,
Unn stelltem alles hin.
Unn uf de Tisch stellt sie de Pflui,
D’Bure, unn ihri Roß,
Lauf drum ‘erum unn lacht derzu,
Ihr Freud isch gar ze groß.