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Unterwegs zu einer Ethik pastoralen Handelns


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An ihm haben nicht nur die Kleriker, sondern „auch die übrigen Gläubigen den ihnen eigenen Anteil, indem sie sich auf ihre Weise tätig an den liturgischen Feiern, besonders an der Feier der Eucharistie, beteiligen; auf besondere Weise haben an demselben Dienst die Eltern Anteil, indem sie ihr Eheleben in christlichem Geiste führen und für die christliche Erziehung ihrer Kinder sorgen.“55 Dieser Anteil ist in besonderer Weise von den Seelsorgerinnen und Seelsorgern anzuerkennen, die dadurch ebenfalls zu erkennen geben, dass es in der Pastoral der Kirche nicht um eine Trennung zwischen Subjekten und Objekten der Seelsorge geht, sondern darum, dass „bei den liturgischen Feiern … jeder, sei er Liturge oder Gläubiger, in der Ausübung seiner Aufgabe nur das und all das tun [soll; M.G.], was ihm aus der Natur der Sache und gemäß den liturgischen Regeln zukommt.“56

      Es wäre reizvoll, ist aber hier nicht möglich, nun die ethischen Konnotationen des Sakramentenrechts im Einzelnen durchzubuchstabieren. Ich beschränke mich daher auf einen allgemeinen Hinweis, der m.E. eine ethische Grundhaltung der Sakramentenpastoral darstellt. Das allgemeine Kirchenrecht bestimmt: „Die geistlichen Amtsträger dürfen die Sakramente denen nicht verweigern, die gelegen darum bitten, in rechter Weise disponiert und rechtlich an ihrem Empfang nicht gehindert sind.“57 Kein Seelsorger und keine Seelsorgerin kann also eigenmächtig Voraussetzungen für den Empfang der Sakramente benennen (dieses Recht steht allein der kirchlichen Autorität zu58), sondern hat die Kriterien anzuwenden, welche tatsächlich universal- und partikularrechtlich bestehen. Dies gilt sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht. D.h., die Anforderungen dürfen nicht höher geschraubt werden, als dies allgemein vorgesehen ist, sie dürfen aber auch nicht niedriger gesetzt werden. So ist z.B. die Tatsache, dass die Eltern eines Täuflings nicht in einer kirchenrechtlich gültigen Ehe leben, kein Grund, diesem Kind die Taufe zu verweigern; sie ist aber Einladung, die Eltern auf ihrem Weg seelsorglich zu begleiten und sie ggf. zu einer kirchlichen Eheschließung zu führen, ohne dass davon die Taufe des Kindes abhängig gemacht werden könnte. Genauso ist es weder ethisch noch pastoral zu verantworten, Sakramentenspendungen in Aussicht zu stellen oder gar vorzubereiten, in dem klaren Wissen darum, dass die Voraussetzungen dazu fehlen und sie dann „höhernorts“ in letzter Minute doch noch verhindert oder später als ungültig erklärt werden. Der Seelsorger hat dann zwar den „Schwarzen Peter“ weiter geschoben, seiner ethischen Verantwortung ist er nicht gerecht geworden. Hier lädt das Kirchenrecht zum verantwortlichen Handeln ein, wenn es festlegt: „Die Seelsorger und die übrigen Gläubigen haben jeweils gemäß der ihnen eigenen kirchlichen Aufgabe die Pflicht, dafür zu sorgen, dass jene, die Sakramente erbitten, auf ihren Empfang durch die erforderliche Verkündigung und katechetische Unterweisung unter Beachtung der von der zuständigen Autorität erlassenen Normen vorbereitet werden.“59 Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

      2.5 Die Räte: ehrliche Mitverantwortung

      Wenn alle Gläubigen ihrem Stand und ihrer jeweiligen Aufgabe entsprechend an der Sendung der Kirche teilhaben und für sie Mitverantwortung tragen, ist es konsequent, dass sich diese Mitverantwortung auch im gemeinsamen Tun zeigt. So sind etwa Vertreter des Presbyteriums eingeladen, im Priesterrat mit dem Bischof zusammenzuwirken. Die Aufgabe des Priesterrates besteht darin, „den Bischof bei der Leitung der Diözese nach Maßgabe des Rechts zu unterstützen, um das pastorale Wohl des ihm anvertrauten Teiles des Gottesvolkes so gut wie eben möglich zu fördern.“60 Ebenso sieht das Kirchenrecht vor, dass „Laien, die sich durch Wissen, Klugheit und Ansehen in erforderlichem Maße auszeichnen, … befähigt [sind], als Sachverständige und Ratgeber, auch in Ratsgremien nach Maßgabe des Rechts, den Hirten der Kirche Hilfe zu leisten.“61 Dies geschieht etwa im Diözesanpastoralrat62 oder im Pfarrpastoralrat63 oder aber im Partikularkonzil64 und der Diözesansynode.65 So, wie in der Diözesansynode der Bischof einziger Gesetzgeber bleibt und allen anderen Mitgliedern nur beratendes Stimmrecht zukommt,66 ist auch die Mitarbeit der Gläubigen in den anderen Räten der Kirche vor Ort eine Mitarbeit, die in der Regel auf Beratung abzielt und sicherstellen kann, dass die Verantwortlichen den Blick für die pastoralen Realitäten in Pfarrei und Bistum nicht verlieren.

      Wer auch immer Gläubige (Laien, Kleriker und Ordensleute) zur Mitarbeit an diözesanen oder pfarrlichen Räten und Gremien oder zur Teilnahme an Versammlungen einlädt, hat die Verantwortung, auch die Grenzen dieser Mitarbeit sowie die Grenzen der Zuständigkeit des jeweiligen Gremiums klar zu benennen. Durch diese ehrliche Klärung der Voraussetzungen (die auch eindeutige Informationen darüber beinhalten sollte, was auf der Ebene einer Pfarrei oder einer Diözese nicht entschieden werden kann) wäre es möglich, Frustrationen vorzubeugen und die Zeit, welche zu echter Beratung genutzt werden könnte, nicht an Themen zu vergeuden, die nicht in der Zuständigkeit des Gremiums liegen. Die dazu erforderlich Ehrlichkeit ist durchaus als ethische Grundhaltung in der Seelsorge zu betrachten.

      2.6 Die Frage nach der Umsetzung

      In diesem Artikel kann das Ganze (der Beitrag des Kirchenrechts zu einer Ethik pastoralen Handelns) wiederum nur im Fragment (der hier benannten Bausteine mit der ihnen eigenen Kürze) vorgelegt werden. Vieles ist zu vertiefen, vieles könnte ergänzt werden. Bei aller Fragmentarität und Begrenztheit des hier Gesagten (und hinsichtlich des Vielen, was nicht gesagt werden konnte), muss aber zum Schluss die Frage gestellt werden, ob und wie diese Hinweise auf kirchenrechtlich fundierte Ansprüche an eine Ethik des pastoralen Handelns auch praktisch umgesetzt werden können. Ich folge hierbei den Vorschlägen, die vor einigen Jahren von Jean-Pierre Schouppe gemacht wurden.67 Er schlägt vor, die Einhaltung ethischer Standards in der Pastoral auf dem Verwaltungsweg sicher zu stellen. Eine denkbare Vorgehensweise wäre es, von Fall zu Fall auf Ebene der Diözese ad hoc darüber zu entscheiden, ob ein Seelsorger oder eine Seelsorgerin in ihrem pastoralen Handeln den ethischen Erfordernissen des Pastoralberufes entspricht oder nicht. Eine solche Untersuchung könnte durch die Errichtung einer entsprechenden Ethikkommission auf Diözesanebene erleichtert und formalisiert werden (analog etwa zu den Kommissionen, welche in den deutschen Diözesen für die Untersuchung der Missbrauchsfälle eingerichtet wurden). Die höchste Form der Formalisierung könnte die Sicherstellung ethischer Standards in der Seelsorge nach Meinung von Schouppe dann erreichen, wenn Verwaltungsgerichte eingerichtet würden, deren Zuständigkeit auch in diesem Bereich liegt.

      Vor der wie auch immer gearteten Formalisierung der Sicherstellung ethischer Standards wäre es meiner Ansicht nach wünschenswert, auf der Ebene der Bischofskonferenz, der Diözesen und der Pfarreien erst einmal über diese Standards ins Gespräch zu kommen und dabei die recht verstandene Umsetzung all dessen in den Blick zu nehmen, was das Kirchenrecht an Beiträgen auf diesem Gebiet schon bereithält.

      3. Zusammenschau

      Im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in der Kirche war immer wieder die Klage zu hören, dass in der Vergangenheit das Kirchenrecht nicht oder nicht umfassend genug angewandt worden ist.68 In der Regel bezieht sich diese Feststellung auf die mangelnde Anwendung des kirchlichen Strafrechts. Vor dem Hintergrund der hier vorgelegten Überlegungen zum Beitrag des Kirchenrechts zu einer Ethik pastoralen Handelns greift dieser sehr berechtigte Einwurf allein aber zu kurz. Es geht nicht allein um die mangelnde oder unzeitige Anwendung des kirchlichen Strafrechts im Hinblick auf die Täter. Die mangelnde Anwendung des Kirchenrechts betrifft auch Versäumnisse in anderen Bereichen des Kirchenrechts, etwa im Hinblick auf die Ausbildung der Priester und allgemeiner der Seelsorger, auf die Ausübung des Hirtenamtes von Seiten der Bischöfe, die ihren Priestern nahe sein und sie begleiten sowie die ihnen anvertrauten Gläubigen kennen und ihnen beistehen sollten. So wird die Auseinandersetzung mit den Missbrauchsfällen in der Kirche über den konkreten Anlass hinaus zu einer Einladung, umfassend über die Anwendung des Kirchenrechts nachzudenken und die ethischen Impulse umzusetzen, die in ihm enthalten und von ihm geschützt sind.

      Die Gemeinschaft der Gläubigen im Volk Gottes ist nicht irgendeine Gemeinschaft, sie ist nicht nur Rechtsgemeinschaft, sie ist auch ethische Bewährungsgemeinschaft, in der es letztlich um das Heil der Seelen und die Beziehung des Einzelnen zu Gott geht. Aus der einzigartigen Beziehung zwischen Gott und den Menschen, die in der aus der Taufe geschenkten Gotteskindschaft zum Ausdruck kommt, ergibt sich nicht nur die unverlierbare Würde jedes Einzelnen in der Gemeinschaft