und Mittleren Osten herrscht erneut Krieg, dessen Folgen verheerend sind, auch für die orientalische Christenheit. Noch ist nicht ausgemacht, ob es in den betroffenen Ländern für Christen überhaupt eine Zukunft gibt. Charismatische Vermittlergestalten wie etwa der Jesuitenpater Paolo d’Oglio, der in der syrischen Wüste das Mar-Musa-Kloster wiederbelebte und sich mit allen Kräften dem christlich-islamischen Dialog widmete, sind extremistischen Kräften ein Dorn im Auge und wurden entführt oder gar ermordet.
In Zentraleuropa – und noch enger fokussiert im deutschsprachigen Raum – stehen Christenheit und Kirche hingegen in einer gänzlich anderen Situation als in Algerien. Was etwa Geschichte und Tradition des kirchlich-konfessionellen Christentums, den öffentlichen Stellenwert von Religion oder das Verhältnis von Staat und Kirche betrifft, liegen die Unterschiede auf der Hand. Und doch gibt es Analogien: Bekennende Christen finden sich in unserer Gesellschaft zusehends in der Situation einer Minderheit vor, was sie auf die Suche nach der eigenen Identität und Sendung setzt. Zugleich sind die allermeisten der in jüngster Vergangenheit vor dem Krieg in Syrien, Irak und Afghanistan nach Europa Geflüchteten Muslime. Diese Migrationswelle wird statistisch-soziologisch betrachtet zu einer Zunahme muslimischer Bevölkerungsanteile führen und damit der faktischen Abnahme des Christentums hierzulande einen weiteren Aspekt hinzufügen: Minderheit im Angesicht einer anderen Religion zu sein. Hier herein gehört die heilsame Frage: Wozu ist die Christenheit gut, wenn herkömmliches Christentum erodiert und sich eine neue Gestalt von Christentum, Kirche und gemeindlichem Leben erst nach und nach herauskristallisiert? Pierre Claverie würde ermutigen, diese Situation als „Übergang“ (Pascha) aufzufassen, die „kollektive Bekehrungen“ (307) fordert – individuelle sowieso. Er würde wohl auch anregen, diese (so wie jede!) historische Situation als Chance zu begreifen, sich von Gott berühren zu lassen, den Verlust an Einfluss und die Zunahme an Machtlosigkeit zu bejahen und der schlichten, aber „mit Feingefühl“ (166) gelebten Präsenz in verschiedenen Milieus eine spezifische Wirksamkeit im Sinne des Reiches Gottes zuzutrauen. Nicht alles lässt sich evaluieren – Gott sei Dank!
1 | I. Baumer, Die Mönche von Tibhirine. Die algerischen Glaubenszeugen – Hintergründe und Hoffnungen. München 2010, 53-64; C. Benke, „Hingegeben, nicht genommen“. Zeugen für Christus im muslimischen Algerien, in: J.-H. Tück (Hrsg.), Sterben für Gott – Töten für Gott? Religion, Martyrium und Gewalt. Freiburg i. Br. 2015, 252–267. |
2 | J.-J. Pérennès, Pierre Claverie – Dominikaner und Bischof in Algerien (Dominikanische Quellen und Zeugnisse 17). Leipzig 2014 (siehe Zahlen in Klammern); Originalausgabe: ders., Pierre Claverie. Un Algérien par alliance. Paris 2000. Siehe auch P. Claverie, Lettres et messages d’Algérie (Chrétiens en liberté), Paris 1996. |
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