Sven Sommer G.

Homöopathie. Warum und wie sie wirkt


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In Deutschland haben bis zur Gesundheitsreform 2004, die seitdem die Verordnung von naturheilkundlichen Präparaten per Kassenrezept nahezu unmöglich macht, bis zu 20 Prozent der Ärzte Homöopathika zumindest gelegentlich verschrieben. Zudem arbeiten hierzulande weit über 20.000 Heilpraktiker, etliche Tausend davon als Homöopathen, die ausschließlich homöopathische Mittel verordnen. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2001 haben sich 37 Prozent der Deutschen schon einmal homöopathisch behandeln lassen, und fast drei Viertel der deutschen Bevölkerung verwendeten im Jahre 2002 regelmäßig oder zumindest gelegentlich Naturheilmittel. In den Vereinigten Staaten sind in den neunziger Jahren die Umsätze homöopathischer Medikamente jährlich um 20 bis 25 Prozent gestiegen.4

      Eine repräsentative Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigte im Spätsommer 2009, dass heute fast allen Deutschen die Homöopathie zumindest ein Begriff ist. Mehr als die Hälfte nutzt homöopathische Präparate. 1970 waren es erst halb so viele. Jeder Vierte ist in der Zwischenzeit sogar ein begeisterter Anhänger der Homöopathie, der sich von deren Wirksamkeit selbst überzeugt hat. Weitere 26 Prozent nehmen Homöopathika, enthalten sich aber eines eindeutigen Wirksamkeitsurteils. Nur eine kleine Zahl zeigte sich von der Homöopathie enttäuscht: Lediglich zwei Prozent der hiesigen Bevölkerung halten homöopathische Mittel eigenen Erfahrungen nach für unwirksam. Die Nutzer homöopathischer Mittel berichten von der erfolgreichen Anwendung vor allem bei Erkältungen und grippalen Infekten (60 Prozent). Daneben werden Homöopathika gegen ein breites Spektrum verschiedenster Krankheitsbilder eingesetzt: von Magen- und Verdauungsbeschwerden, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit über Nervosität, Hautkrankheiten und Kreislaufstörungen bis hin zu Bronchitis. Aber auch zur Unterstützung bei der Genesung von Krankheiten und bei der Behandlung von Sportverletzungen kommt die Homöopathie zum Einsatz. Zwei Drittel der Bevölkerung geben an, dass homöopathische Arzneimittel kaum Nebenwirkungen haben, mehr als die Hälfte hält sie ausdrücklich für gut verträglich. Unerwünschte Wechselwirkungen bei der Einnahme zusammen mit anderen Medikamenten werden dabei kaum befürchtet.

      Diese wachsende Popularität der Homöopathie hat jedoch wieder verstärkt ihre Gegner aufs Parkett gerufen. Für sie sind das alles bedenkliche Entwicklungen, die unterbunden gehörten, und so wird in letzter Zeit wieder kräftig gegen die Homöopathie interveniert (siehe Kapitel 5). Doch anders als vor hundert Jahren, als die Schulmedizin durch neue Forschungserkenntnisse aus dem finstersten Mittelalter in die Neuzeit katapultiert wurde und in der Folge ihre großen Erfolge feiern durfte, ist es jetzt die Homöopathie, die in Kürze durch modernste Erkenntnisse ihren »Quantensprung« ins einundzwanzigste Jahrhundert machen dürfte.

      Dagegen befindet sich die etablierte Medizin in zahlreichen Bereichen in der Sackgasse. Vielen chronischen Beschwerden steht sie hilflos gegenüber. Wenn man die jährlich steigenden Erkrankungen und Todesfälle bei Herz-Kreislauf-Beschwerden und Krebs betrachtet, muss man zu dem Schluss kommen, dass sie hier ganz offensichtlich versagt. Zwar lässt sich Diabetes heute medikamentös behandeln, doch das täuscht nicht über die Tatsache hinweg, dass diese Krankheit sich pandemieartig ausbreitet. Auch Befindungsstörungen ohne klaren Befund stehen Schulmediziner hilflos gegenüber, und gegen die wachsende und schleichende Vergiftung unserer Organismen durch die zunehmende Umweltbelastung sowie durch synthetische Stoffe aller Art hat sie keine Lösungsansätze, da sie selbst in aller Regel nur weitere chemische Keulen anzubieten hat. Wichtig wäre hier ein neuer Therapieansatz mit dem Ziel, die Selbsterhaltungs- und Selbstreparaturmechanismen des menschlichen Körpers bis in die kleinste Zelle hinein zu optimieren und zu stärken. Und die aktuellen Forschungsergebnisse lassen schon jetzt den Schluss zu, dass die Homöopathie genau das tut.

      DIE ERFOLGE

      Goethe, dem die Homöopathie dabei half, nach einem schweren Herzinfarkt zu genesen, schrieb in einem Brief vom 2. September 1820:

      »… ich glaube jetzt eifriger denn je an die Lehre des wundersamen Arztes, seitdem ich die Wirkung einer allerkleinsten Gabe so lebhaft gefühlt und immer wieder empfinde.«

      Das wissenschaftliche Fundament der Homöopathie

      Dass die Homöopathie so gar keine wissenschaftliche Anerkennung erfährt, sollte einen ja schon ein wenig nachdenklich stimmen. Denn Samuel Hahnemanns Heilweise erfüllt sämtliche Anforderungen, die an ein logisches wissenschaftliches Konzept gestellt werden. Dabei geht die Hypothese »Similia similibus curentur« davon aus, dass eine Substanz, die bei einem gesunden Menschen bestimmte Krankheitssymptome hervorruft, einen kranken Menschen mit denselben oder ähnlichen Symptomen zu heilen vermag (siehe ab →hier).

      Ein uns allen bekanntes Beispiel soll das Ähnlichkeitsprinzip der Homöopathie noch einmal verdeutlichen: Der Stich einer Biene (lat. Apis mellifica) führt zu einer blassroten Schwellung mit stechenden Schmerzen, die durch kalte Anwendungen gelindert werden. Leidet ein Patient nun unter einer ähnlichen Symptomatik – sei es im Rahmen einer Allergie, einer Halsentzündung, einem akut entzündlich rheumatischem Geschehen oder einem Insektenstich –, dann hilft Apis mellifica, homöopathisch aufbereitet. Bei diesem Beispiel wird auch die Notwendigkeit deutlich, das homöopathische Mittel – im Falle eines Bienenstiches könnte man ja sogar von einem »Gegenmittel« sprechen – in verdünnter Form zu geben. Sonst kann es leicht zu Überreaktionen kommen.

      Um nun in der Homöopathie den Symptomenkomplex einer bestimmten Substanz zu ermitteln, wird diese an einer Gruppe gesunder Testpersonen geprüft, die das Mittel so lange einnehmen, bis sie Symptome entwickeln. Diesen Vorgang bezeichnet man als Arzneimittelprüfung. Anschließend werden alle relevanten Symptome mit großer Sorgfalt registriert und ergeben in ihrer Gesamtheit das Arzneimittelbild. Im Falle einer Beschwerde sucht der Homöopath für das gesamte Krankheitsbild des Patienten das dazu passende, analoge, ähnlichste Arzneimittelbild. Somit basiert die Homöopathie auf einem streng wissenschaftlichen System, das auf dem Ähnlichkeitsprinzip, also auf Hypothese beruht und durch die Arzneimittelprüfungen am Gesunden sowie durch die Anwendung am Kranken bestätigt wird.

      Dass ein Medikament beim Gesunden ganz ähnliche Symptome hervorrufen kann, gegen die es bei einem kranken Menschen hilft, ist auch der Schulmedizin nicht fremd. Ein Beispiel dafür sind trizyklische Antidepressiva. Der ursprüngliche Inhaltsstoff Imipramin wurde 1958 rein zufällig bei einem klinischen Versuch an psychotischen Patienten entdeckt. Man stellte damals zwar keinen beruhigenden Einfluss auf das agitierte Verhalten der psychotisch Kranken fest, dafür aber einen positiven, aufhellenden und stimulierenden Effekt bei depressiven Patienten. Interessanterweise hat nun Imipramin in normaler Dosierung bei einer gesunden Testperson eine dämpfende, beruhigende, ja ermüdende Wirkung, die weiterhin durch geringe Antriebskraft, Unwohlsein und verstärkte Ängstlichkeit gekennzeichnet ist und somit alle wichtigen Symptome einer medikamentös induzierten Depression aufweist.1

      Empirische Erfolge

      Nun lässt sich sagen: »Schön und gut, es kann ja sein, dass die Homöopathie auf einem wissenschaftlichen Fundament basiert, aber hilft sie denn auch? Gibt es die erfolgreiche Anwendung beim Kranken?«

      Beim Aspirin® wussten wir beispielsweise lange überhaupt nicht, wie es wirkt, von einem wissenschaftlichen Fundament ganz zu schweigen, doch erfahrungsgemäß hilft es seit Ewigkeiten bei vielen Schmerzen einfach ganz wunderbar.

      

      Gibt es solche Erfahrungswerte auch in der Homöopathie? Aber natürlich! Die Homöopathie kann auf etwas mehr als 200 Jahre Erfahrung zurückblicken und hierbei beachtliche Erfolge vorweisen. Gerade bei der Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten erzielte sie bis zur Entdeckung des Penicillins Mitte des 20. Jahrhunderts eindeutig bessere Erfolge als die damalige Medizin. Dies sollte in unserer heutigen Zeit hellhörig machen und zum Nachdenken anregen, ist sie doch durch den beispiellosen Missbrauch und Übergebrauch dieser fantastischen antibakteriellen Wunderwaffe geprägt, was in der Folge zu einer rasch zunehmenden Zahl von multiresistenten Bakterienstämmen geführt hat, gegen die heute kaum noch ein Antibiotikum hilft.

      Samuel Hahnemann behandelte beispielsweise 1813 während einer Typhusepidemie 183 Typhuspatienten, von denen nur einer starb. Das bedeutet eine Mortalitätsrate von etwa 0,5 Prozent. Die Sterblichkeitsrate der konventionell Behandelten lag damals bei