6.5 Heiligenverehrung und Bauernheilige
6.6 Religiöse Handlungen rund um die bäuerliche Tätigkeit
6.7 Die Kirche und die weltlichen Feste
Anmerkungen
7.1 Die Gottesdienste: Angebot und Nachfrage
7.2 Innere Teilnahme und unandächtiges Verhalten
7.4 Das Problem der Christenlehre
7.5 Sonntagsheiligung und Sonntagsarbeit
Anmerkungen
8 Sakralprunk und -verschwendung
8.1 Sakrallandschaft und Kirchenausstattung
8.2 Die Wertung des künstlerischen und liturgischen Sakralprunks
8.3 Die kirchlichen Feste und ihre Feiern
8.4 Die Gestaltung der Übergangsriten und die Bedeutung der Tracht
Anmerkungen
9 Die Moral: Theorie und Praxis
9.1 Alltägliche und besondere Gelegenheiten zur Vermittlung der Morallehre
9.2 Die Rolle der Schule und der Lehrer
9.4 Widerständigkeit und Verletzung der Normen
9.5 Das Tanzen als Beispiel der Normendevianz
9.6 Tabuisiert und dennoch diskutiert: Die Sexualität
Anmerkungen
10 Schluss
10.1 Katholiken und Protestanten: Gemeinsamkeiten und Differenzen
10.2 Gleich und verschieden: Appenzell und Obwalden
10.3 Klerikale Zumutungen und laikaler Eigenwille
10.4 Barocke Ströme unter dem Schutt des 19. Jahrhunderts
10.5 Anpassung und Widerstand: Elemente des konziliaren Wandels
10.6 Zwei traditionale Welten im Untergang
Anmerkungen
Anhang
Verzeichnis der Archive und der handschriftlichen Quellen
Gedruckte Quellen und Literatur
Vorwort
In meinem Buch «Musse und Verschwendung. Europäische Gesellschaft und Kultur im Barockzeitalter» (Herder, Freiburg 2006) habe ich, entgegen den gängigen Modernisierungstheorien, versucht, eine dem frühneuzeitlichen Katholizismus eigene und andersgeartete Mentalität («Positive Rückständigkeit») herauszuarbeiten, welche diese Gesellschaft bis in die letzten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts entscheidend prägte und in einem diametralen Gegensatz zur «Protestantischen Ethik» (Max Weber) stand. Trotz der fundamentalen Kritik der Aufklärung daran und den in mehreren Staaten versuchten Massnahmen, auch den Katholiken auf allen Ebenen zu einem «modernen» Menschen umzuschaffen, lebten diese Einstellungen gleichwohl in etwas veränderter Form im 19. Jahrhundert wieder auf und hielten sich trotz allen gegenteiligen Bestrebungen, etwa durch den Liberalismus, in grossen Teilen bis zur erneuten umfassenden Modernisierungswelle nach dem Zweiten Weltkrieg, beziehungsweise kirchlicherseits bis zum Zweiten Vatikanum – jenseits bloss politischer Ereignisse ist die Zeit zwischen etwa 1955 und 1960 deshalb eine Epochenschwelle.
Im vorliegenden Werk versuche ich, im Sinn einer derzeit gerade noch möglichen Spurensicherung, in einem beschränkten räumlichen Rahmen und mit der Methode der «oral history», die letzten Reste dieser nun fast vollumfänglich verschwundenen Einstellungen und ihre Auswirkungen im Alltagsleben ausfindig und dingfest zu machen. Der auch im 20. Jahrhundert erhebliche Mangel an schriftlichen Quellen zu diesen Fragen lässt es als dringend erscheinen, diese «spätestbarocke» Mentalität zu dokumentieren, bevor ihre letzten Träger verschwunden sind: Meine Interviewpartner und -partnerinnen waren Personen, welche die unmittelbare Nachkriegszeit als junge Erwachsene noch bewusst miterlebt haben, heute aber in einem Alter von über 75 Jahren stehen (mehrere sind inzwischen verstorben). Es ging also um eine Bestandesaufnahme in letzter Stunde, denn in ein bis höchstens zwei Jahrzehnten wird diese «world we have lost» (Peter Laslett) nicht mehr oder nur noch fragmentarisch zu rekonstruieren sein. Schon jetzt stiess ich bei einigen Fragen auf Erinnerungslücken.
Bei der Arbeit an dem eingangs erwähnten Buch beschäftigten mich mehrere mentalitätsgeschichtliche Fragen, die sich aufgrund der problematischen Quellenlage nicht mit Sicherheit beantworten liessen. Es waren jedoch Sachverhalte, bei denen man eine