der Bitten geht.
8 Nach H. Stirnimann, Gottesgelehrte, 81 [s. Anm. 2] mit Bezug auf K. Ruh, Das Reimgebet des Nikolaus von Flüe, in: D. Harmening u.a. (Hrsg.), Volkskultur und Geschichte. FS J. Dünninger. Berlin 1970.
9 E. L. Rochholz, Die Schweizer Legende des Bruder Klaus von Flüe. Aarau 1875, 270.
10 Zit. nach H. Seuse, Deutsche mystische Schriften. Hrsg. v. G. Hofmann. Düsseldorf 1966, 303; H. Stirnimann, Gottesgelehrte, 85, auch dortige Anm. 60 [s. Anm. 2].
11 Conf. VII,10,16: „Aber Du wirst mich nicht in Dich, (…) sondern Du wirst Dich in mich verwandeln.“, zit. nach A. M. Haas / H. Stirnimann, Das „Einig Ein“: Studien zu Theorie und Sprache der deutschen Mystik. Saint Paul 1980, 257.
12 Siehe A. Rotzetter, Die Welt erglänzt in Gottes Farben. Visionen von der Ganzheit der Schöpfung. Freiburg i.Üe. 2000, 126.
13 Siehe R. Durrer, Bruder-Klaus, 757 f., P.R. Amschwand, Quellenwerk, 212 ff. und H. Stirnimann, Gottesgelehrte, 76 ff. [alle Anm. 1].
14 KKK Nr. 226. Nach Ansicht von P. Spichtig OP, Co-Leiter des Liturgischen Instituts der deutschsprachigen Schweiz, trug der heutige Erzbischof von Wien Kardinal Christoph Schönborn OP wesentlich dazu bei, das Gebet in den Katechismus aufzunehmen. Schönborn war 1975–1991 Professor an der Universität Freiburg (CH), wo er mit Niklaus von Flüe vertraut wurde, u.a. durch seinen Mitbruder H. Stirnimann OP [E-Mail von P. Spichtig an RG vom 28.9.2014].
15 R. Gröbli, Die Sehnsucht nach dem Einig Wesen. Zürich 1990, 167, basierend v.a. auf Tauler, ferner H. Stirnimann, Gottesgelehrte 100 f. [s. Anm. 1].
16 A. Rotzetter, Gottes Farben, 126 [s. Anm. 12].
17 „Die Anordnung in [Version] I ist undurchsichtiger (unlogischer – nach heutigem Verständnis) und hat auf den ersten Blick etwas Ungewohntes und Fragwürdiges. Doch scheint gerade dies – gemäss dem Grundsatz lectio difficillior praeferenda – für die Authentizität von Fassung I zu sprechen.“ Siehe H. Stirnimann, Gottesgelehrte, 80 [s. Anm. 1].
18 P.R. Amschwand, Quellenwerk, 214 [s. Anm. 1].
19 N. Yammine, Die Friedensmission der heiligen Niklaus von Flüe und Charbel Makhlouf, in: R. Gröbli / R. H. Kronenberg / M. Ries / T. Wallimann (Hrsg.), Mystiker Mittler Mensch. 600 Jahre Niklaus von Flüe 1417–1487. Zürich 2016, 156–160.
20 P. Meier, Ich, Bruder Klaus von Flüe. Eine Geschichte aus der inneren Schweiz. Zürich 42014, 200.
21 J. Mayer, Dorothee und Niklaus von Flüe und die Katholische Landvolkbewegung Bayern heute, in: R. Gröbli, Einig Wesen, 144–147 [s. Anm. 15].
22 P. Stutz, Der wilde Mann im Ranft, in: J. Schleicher / T. Hoeg (Hrsg.), Niklaus von Flüe. Engel des Friedens auf Erden. Münsterschwarzach 2016, 70–76.
23 Zitiert nach R. Gröbli, Mystiker, Mittler, Mensch, in: ders u.a. (Hrsg.), Mystiker Mittler Mensch, 23–40 [s. Anm. 19].
24 Ebd., 237, dort Anm. 15.
Hermann Kügler SJ | Mannheim
geb. 1952, Priester, Pastoralpsychologe, Leiter der Beratungsstelle „Offene Tür“ in Mannheim
Für immer berufen?
Ein Diskussionsbeitrag aus ignatianischer Perspektive
Was ist eine „Berufung“? Die Deutungshoheit darüber hat längst nicht mehr nur die katholische Kirche. Inzwischen erfährt der Begriff eine höchst schillernde Verwendung. Er gehört ebenso zum Vokabular der Esoterik-Szene wie dem der „Lebenshilfe“, der christlichen Kirchen und verschiedener religiöser Bewegungen. Auch in der Arbeitswelt ist er angekommen. „Holz gestalten ist unsere Berufung“, behauptet eine größere Schreinerwerkstatt im süddeutschen Raum. Und ein Coach und Unternehmensberater bewirbt seine Seminare unter dem Titel „Lebe Deine Berufung!“ mit dem lobenswerten Anliegen, Leben und Arbeiten von Führungskräften mehr in Einklang zu bringen.
Im Folgenden beschränke ich mich auf die Perspektive der ignatianischen Spiritualität. Ich gehe von menschlichen Erfahrungen und Prozessen aus und will erörtern: Was ist eine Berufung und wozu werden Menschen berufen? Welchen Beitrag leistet die ignatianische Spiritualität zum Finden der eigenen Berufung? Und ist eine „unwandelbare“ Berufung wirklich unabänderlich oder ist es denkbar, dass Gott einen Menschen an einem veränderten Lebenspol neu zu einem anderen Lebensentwurf beruft?
Was ist eine Berufung?
Eine religiöse Berufung kann zunächst im weiteren Sinne verstanden werden als Antwort des glaubenden Menschen auf das Beziehungsangebot Gottes ihm gegenüber. Sie zeigt sich in einem an der christlichen Botschaft ausgerichteten Leben im Alltag. Sie legt Zeugnis dafür ab, das eigene Leben als Jünger(in) Jesu zu gestalten. Im engeren Sinne meint Berufung, den „Ruf“ nicht nur zur Nachfolge Jesu als sein(e) Jünger(in), sondern auch zur Nachahmung seiner Lebensweise in der Übernahme einer speziellen Lebensform und evtl. eines kirchlichen Amtes (Priester, Diakon, Ordensleben, Vita consecrata, vgl. GÜ 135).
Im Folgenden verstehe ich „Berufung“ in diesem doppelten Sinn und definiere sie als eine Lebenswahl, die ohne vernünftige Zweifel für mich vorzuziehen ist aus hauptsächlich „übernatürlichen“ Gründen. Bei einer „Berufung“ geht es also um mehrere Aspekte:
Eine Lebenswahl …
Bei der Überlegung, wie jemand seinen Urlaub verbringen will und ob er im Sommer eher in die Berge oder ans Meer fährt, würde man nicht von einer „Berufung“ sprechen, wohl aber bei der Frage, wie und mit wem jemand leben möchte oder welchen Beruf er oder sie ausüben mag. Dass in der Postmoderne der Beruf oft nur ein Job zum Broterwerb ist, kann hier nicht weiter erörtert werden.
Ohne vernünftige Zweifel …
Zweifel begleiten wohl jede Lebenswahl. Jemand ist sich nicht sicher: Kann ich das, schaffe ich das? Vernünftige Zweifel sind auch angesagt, wenn jemand z.B. feststellt, dass er einen Beruf oder eine Lebensform überwiegend aus inneren oder äußeren Zwängen gewählt hat. „Ich habe meiner Mutter auf dem Sterbebett versprochen, in einen Orden einzutreten“: Eine solche Motivation würde man kaum als Berufung bezeichnen, und vernünftige Zweifel an ihrer Tragfähigkeit sind mehr als angebracht.
Für mich vorzuziehen …
Berufung ist etwas streng Individuelles. Daraus, dass ich mich zu einem bestimmten Lebensentwurf berufen erlebe, folgt nicht, dass gleiches für andere Menschen genauso gilt.
Aus „übernatürlichen“ Gründen …
Die „übernatürlichen“ Gründe sind diejenigen, die „die Leute“ nicht verstehen, weil sie sich auf Gott beziehen: Ein erfolgreicher Geschäftsführer eines international tätigen Unternehmens tritt in eine Ordensgemeinschaft ein. Seine Kolleg(inn)en reagieren mit völligem Unverständnis auf diesen Schritt. Eine ebenfalls erfolgreiche junge Frau legt nach zweijähriger Probezeit in einem Kloster die Ordensgelübde von Armut, Keuschheit und Gehorsam ab. Bei der anschließenden Feier zeigt sich, dass selbst viele ihrer nächsten Freunde und Verwandten diesen Schritt nicht nachvollziehen können.
Aus hauptsächlich „übernatürlichen“ Gründen …
Jede Lebenswahl kommt zustande aus einem Motivbündel, das sich speist aus der Ausrichtung des eigenen Lebens auf Werte und der Befriedigung eigener Bedürfnisse. Wenn eine Lebensform allerdings überwiegend gewählt wird, um eigene Bedürfnisse zu befriedigen („ich möchte versorgt und beschäftigt sein“; „ich komme selbst mit dem Leben nicht zurecht und brauche jemanden, der mir sagt, wo es langgeht“; „ich suche einen Status,