der zweiten Exerzitienwoche eingeführt werden. „Für den, der Übungen in der ersten Woche nimmt, ist es nützlich, gar nichts von dem zu wissen, was er in der zweiten Woche tun soll. Vielmehr soll er sich in der erste Woche so mühen, um das zu erreichen, was er sucht, wie wenn er in der zweiten Woche nichts Gutes zu finden hoffte“ (GÜ 11).
Certeau ist weiter überzeugt: Es gibt „kein Christenleben, in dem eines Tages nicht auch eine ‚Agonie‘, ein Kampf mit Gott, auszutragen wäre. Es gibt da keine Entscheidung, die für Gott getroffen wurde und die eines Tages nicht an Gott selbst Anstoß nehmen würde. Das kann ein Trauerfall, eine Krankheit, ein Ereignis, eine lähmende Schwäche, ein schwer wiegender Absturz usw. sein – und schon ist die Sicherheit in Frage gestellt, die wir meinten, bei Gott und in seinem Willen gefunden zu haben“.10 Eigentlich sei es „normal“, dass jemand, der eine Entscheidung getroffen und seine Berufung gefunden hat, nach der Wahl mehr oder weniger stark von Versuchungen geplagt wird.11 Und selbst der Frömmste hat keine Sicherheit, dass er im Leben nicht – irdisch betrachtet – scheitern kann.12
Kann eine neue Lebenswahl eine neue Berufung sein? Eine Auffassung, die das Ordensleben für spirituell „höherwertiger“ ansieht als ein Leben in Beziehung, würde sagen: Nur wer aus dem „Stand der Gebote“, also der Ehe, in den Ordensstand als den „Stand der evangelischen Vollkommenheit“ (so die Wortwahl in GÜ 135) wechselt, folgt einer echten Berufung. Der umgekehrte Schritt stünde unter dem Verdacht, „ungeordneten Anhänglichkeiten“ zu folgen. Aus ignatianischer Perspektive wird das entscheidende Kriterium sein – auch wenn eine neue Lebenswahl nicht in der Linie der ursprünglich getroffenen liegt, sondern eine andere Lebensoption beinhaltet – : Führt eine neue Lebenswahl aus der Dynamik der zweiten Exerzitienwoche durch das „Tor“ in die Dynamik der dritten und vierten Exerzitienwoche oder führt sie davon weg? Wer dieses Tor durchschreitet, sucht für sein künftiges Leben gerade nicht den bequemeren und leichteren Weg. Sondern er/sie will sich mehr Jesus Christus angleichen, „da er ja der Weg ist, der die Menschen zum Leben führt“.13 Er/Sie ist mehr willens und bereit, dem Wort Jesu zu folgen: „Wer das Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen“ (Mt 10,39 parr).
1 Für die folgenden Überlegungen bin ich P. Lutz Müller SJ, Essen, dankbar.
2 Vgl. J. Schuster, Überlegungen zur unabänderlichen Lebenswahl, in: KorrSpirEx 109 (2016), 11–20, hier: 12–13.
3 S. Kiechle, Kriterien der Lebensentscheidung, in: M. Schambeck / W. Schaupp (Hrsg.), Lebensentscheidung – Projekt auf Zeit oder Bindung auf Dauer? Würzburg 2004, 173–187.
4 F. Meures, Was heißt Unterscheidung der Geister?, in: Ordenskorrespondenz 31 (1990), 272–291, hier: 278.
5 S. Kiechle, Kriterien der Lebensentscheidung, 184–187. [s. Anm. 3]
6 Ebd. 184.
7 Ebd. 186.
8 J. Schuster, Überlegungen, 20 [s. Anm. 2].
9 M. de Certeau, Der Sehnsucht Raum geben. Oder das Fundament der Geistlichen Übungen, in: GuL (2016), 92–101, hier: 94.
10 M. de Certeau, Die Tage nach der Entscheidung. Die Bestätigung im geistlichen Leben, Teil I, in: GuL (2016), 317–327, hier: 321.
11 Ebd., 318.
12 Vgl. H. Kügler, Scheitern. Psychologisch-spirituelle Bewältigungsversuche. Würzburg 2009.
13 Ignatius von Loyola, Satzungen der Gesellschaft Jesu, in: Gründungstexte der Gesellschaft Jesu. Übersetzt von P. Knauer SJ. Würzburg 1998, 101.
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