Christiane Brendel

Martin Luther und Ignatius von Loyola


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Heiligen Geist, der vom Vater und vom Sohn ausgeht. Wenn wir die Hände zusammenlegen, bedeutet es, daß die drei Personen eine wahre Wesenheit sind; wenn wir das Kreuz auf den Mund machen, bedeutet es, daß in Jesus, unserem Heiland und Erlöser, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist ist, ein einziger Gott, unser Schöpfer und Herr, und daß die Gottheit niemals vom Leib Christi in seinem Tod getrennt worden ist.24

      In die Betrachtung eintreten, bald kniend, bald auf der Erde ausgestreckt, bald auf dem Rücken mit dem Gesicht nach oben, bald sitzend, bald stehend, indem ich stets auf der Suche nach dem bin, was ich will. Wir werden auf zwei Dinge achten: Das erste ist: Wenn ich kniend das finde, was ich will, werde ich nicht weitergehen; und wenn ausgestreckt, ebenso usw. Das zweite: Bei dem Punkt, bei dem ich finde, was ich will, dort werde ich ruhig verweilen, ohne ängstliche Sorge zu haben, weiterzugehen, bis ich befriedigt bin.25

      Luther rät:

      … knie nieder oder stehe mit gefalteten Händen und die Augen zum Himmel.26

      Anbeten istnicht Mundwerk, sondern des ganzen Leibs Werk, nämlich: mit dem Haupt neigen, sich bücken mit dem Leibe, auf die Knie fallen, auf die Erde fallen27

      Der Betende kann im Kämmerlein frei und ungehindert sein Gebet zu Gott ausschütten und Wort und Gebärde führen … Denn obwohl das Gebet kann im Herzen ohne alle Wort und Gebärde geschehen, doch hilft es dazu, daß der Geist desto mehr erwecket und entzündet wird.28

      Es geht Luther darum, bei dem zu bleiben, was das Herz berührt.29

       Wie ist ein Gebet vorzubereiten?

      Ignatius rät:

      Ein oder zwei Schritte vor dem Ort, wo ich zu betrachten oder mich zu besinnen habe, stelle ich mich für die Dauer eines Vaterunsers hin, indem ich den Verstand nach oben erhebe und erwäge, wie Gott unser Herr mich anschaut usw. Und einen Ehrerweis oder eine Verdemütigung (eine Verneigung) machen.30

      Zu Beginn schlägt er vor, ein gleichbleibendes Vorbereitungsgebet zu sprechen:

      Gott, unsern Herrn, um Gnade bitten, damit alle meine Absichten, Handlungen und Betätigungen rein auf Dienst und Lobpreis seiner göttlichen Majestät hingeordnet seien.31

      Luther geht es darum, dass der oder die Betende zu sich selbst kommt und »warm wird« zum Gebet. Dazu ist für ihn ein »Feuerzeug« nötig:

      Wer geübt ist, kann hier wohl an einem Tag die Zehn Gebote, an dem andern einen Psalm oder ein Kapitel aus der Schrift als solches Feuerzeug nehmen und in seinem Herzen damit Feuer anzünden.32

      Er rät dazu, die Texte halblaut zu sprechen, damit sie sich tiefer einprägen:

      Ich hebe an, die Zehn Gebotemündlich bei mir selbst zu sprechen, gerade so, wie die Kinder es tun.33

      Auch Ignatius kennt das Beten mit den zehn Geboten.

      Sein Vorbereitungsgebet dazu lautet:

       Etwa Gott unseren Herrn um Gnade bitten, damit ich erkennen kann, worin ich in Bezug auf die Zehn Gebote gefehlt habe. Und ebenso um Gnade und Hilfe bitten, um mich fortan zu bessern, indem ich deren vollkommenes Verständnis erbitte. 34

      Beim Gebet geht es für Luther um eine gesammelte Aufmerksamkeit:

       Ebenso, wie ein guter fleißiger Barbier seine Gedanken, Sinn und Augen gar genau auf das Schermesser und auf die Haare richten muß und nicht vergessen darf, wo er sei im Strich oder Schnitt; wo er aber zugleich viel plaudern, oder anderswohin denken oder gucken will, sollt’ er einem wohl Mund und Nase und die Kehle dazu aufschneiden. So will denn ein jeglich Ding, wenn es wohl gemacht werden soll, den Menschen ganz haben mit allen Sinnen und Gliedern, wie man spricht: Wer mancherlei denkt, der denkt nichts, macht auch nichts Gutes; wieviel mehr will das Gebet das Herz einzig, ganz und allein haben, soll es anders ein gut’ Gebet sein. 35

      Ignatius weist darauf, hin, dass Zerstreuungen beim Beten normal sind:

      … selbst die sehr andächtigen Diener Gottes beklagen sich über die Abschweifungen und die Unbeständigkeit des Verstandes.36

      Eine wichtige Hilfe zur Sammlung ist für Luther die Kraft des Wortes Gottes, daß es das Herz andächtig und geschickt macht; sonst, ohne das Wort, gibt’s lauter Ablenkungen, daß man zerstreut wird. Hältst du aber das Wort fest, und es fällt dir dabei ein Flattergedanke ein, so kannst du dich am Wort wieder ausrichten.37

      Gerade für Anfänger ist das Beten mit Worten, das mündliche Gebet, eine Hilfe:

      Ja, es soll niemand sich auf sein Herz verlassen, daß er ohne Worte wollte beten, er sei denn wohl geübt im Geist und habe Erfahrung, die fremden Gedanken auszuschlagen. Sonst wird ihn der Teufel gar und ganz verführen und sein Gebet im Herzen bald zerstören. Darum soll man sich an die Worte halten und an denselben aufsteigen, solange einem die Federn wachsen, daß man fliegen kann – ohne Worte. Denn das mündliche Gebet oder die Worte verwerfe ich nicht; sie soll auch niemand verwerfen, ja, mit großem Dank annehmen als besondere, große Gottesgaben.38

      Es gibt aber auch die Erfahrung des Betens »ohne Geräusch von Worten«. So schreibt Ignatius:

      Es kommt vor, daß unser Herr oft unsere Seelen zu der einen Betätigung oder einer anderen bewegt und nötigt, indem er unsere Seele öffnet, nämlich in ihr ohne irgendein Geräusch von Stimmen spricht und sie ganz zu seiner göttlichen Liebe erhebt und wir seinem Verspüren, auch wenn wir wollten, nicht widerstehen können.39

       Wie lang oder kurz soll ein Gebet sein?

      Sein Sekretär Polanco sagt über Ignatius: »Bezüglich des Gebets und der Meditation sehe ich… daß er es mehr billigt, in allen Dingen, die man tut, Gott zu finden und zu suchen, als dem Gebet viel zusammenhängende Zeit zu widmen.«40

      Ignatius:

      Einem wirklich Abgetöteten (einem, der weitgehend gelöst ist von seinem Egoismus) reicht eine Viertelstunde, um sich mit Gott im Gebet zu vereinen.41

      Daß ein Gebet von ein oder zwei Stunden kein Gebet sei und daß mehr Stunden notwendig seien, ist eine schlechte Lehre, gegen die Auffassung und die Praxis der Heiligen.42 Aber es verhält sich so, daß Gott sich anderer Dinge zuweilen mehr als des Gebets bedient, und so sehr, daß er sich um ihretwillen freut, wenn man das Gebet unterlässt, wie viel mehr, daß es abgekürzt wird. Es ist also angebracht, immer zu beten und nicht nachzulassen; aber indem man es gut versteht, wie die Heiligen und Gelehrten es verstehen.43

      Luther:

       Je weniger Worte, desto besser das Gebet; je mehr Worte, desto schlechter das Gebet: Wenig Worte und viel Sinn ist christlich, viele Worte und wenig Sinn ist heidnisch.

       Das geistliche und wahrhaftige Gebet ist das innerliche Begehren, Seufzen und Verlangen aus Herzensgrund. 44

       Kurz soll man beten, aber oft und stark. 45

      Für Luther ist das Amen nach jedem Gebet sehr bedeutsam:

      Zuletzt merke, daß du das Amen jedes Mal betonen musst und nicht zweifeln darfst, Gott höre dir gewiss mit allen Gnaden zu und sage ja zu deinem Gebet… Und gehe nicht vom Gebet, du habest denn gesagt oder gedacht: Wohlan, dies Gebet ist bei Gott erhört, das weiß ich gewiss. Und fürwahr, das heißt ›Amen‹.46

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