Johannes Huber

Es existiert


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zu Diabetes, und zwar dem richtigen Schwangerschaftsdiabetes, bei dem man mitunter tatsächlich Insulin spritzen muss.

      In der Pubertät ist das alles noch viel desaströser. Durch die falsche und übermäßige Ernährung kann die Insulinresistenz, eben das PCO, komplett aus dem Ruder laufen. Dann ist sie keine auf zwei oder drei Jahre konzentrierte Phase, sondern führt zu einem permanenten polyzystischen Ovar. Vor allem zu dem, was man heute in jeder Schule sieht: zum Übergewicht.

      Die Kinder werden, das lässt sich mit Worten nicht beschönigen, einfach fetter. In der Zeit der prädiabetogenen Insulin- und Glukoseintoleranz wandeln die jungen Menschen ihr intensives Essen zu sehr in Fettzellen um. Und schon wird ein für das Überleben notwendiger Prozess zur Pathologie.

      Wir haben einerseits Schwangerschaftsdiabetes, andererseits die pubertäre Übergewichtigkeit. Zwei Gründe, die dafür sorgen, dass die Kinder größer und dicker werden.

      Man kann es sich bei allem Überfluss, der heute herrscht, gar nicht mehr vorstellen, aber die längste Zeit lebten die Menschen nach einem kargen Prinzip. Im Normalfall gab es ausgesprochen wenig zu essen und zur Abwechslung eine Hungersnot. Sie pendelten zwischen Kaum-was und Gar-nichts. Menschheitsgeschichtlich gesehen, ist das erst gestern gewesen.

      Schließlich ging es den Leuten Gott sei Dank etwas besser. Sie konnten sich, wenn es gut ging, dreimal in der Woche ordentlich sattessen. Selbst bei dem, was üblicherweise im 21. Jahrhundert auf den Tisch kommt, kann aber nicht von gesunder Ernährung die Rede sein. Die kontinuierliche Möglichkeit, hochwertiges Essen zur Verfügung zu haben, gibt es noch nicht lange.

      Allerdings kam es in unserer Geschichte schon vor. Zuletzt vor 10.000 Jahren. Während der sogenannten neolithischen Revolution. Es erinnert dabei so einiges an die Gegenwart.

      Nur so als Hypothese:

      Wir leben in der Überflussgesellschaft des 20. und 21. Jahrhunderts in einer Phase, die der neolithischen Revolution sehr ähnlich ist. Mehr noch, die Parallelen sind bemerkenswert.

      Schauen wir einmal zurück, was sich da getan hat.

      Erstens: Ausgelöst wurde die neolithische Revolution durch eine Erderwärmung. So, wie wir sie jetzt haben.

      Zweitens: Damals hat der Mensch angefangen, aus der primitiven Sammlertätigkeit einen Intellekt zu entwickeln, der die Gemeinschaftsfähigkeit, das Gemeinwesen, möglich gemacht hat. Es entstand ein neuer Mensch.

      Drittens, und das ist naturwissenschaftlich gesichert: Es ist etwas explodiert. Das Gras.

      Gräser traten das erste Mal in der Kreidezeit auf, woraufhin sich das Erosionsverhalten des Festlandes positiv geändert hat. Dann hat die Erderwärmung ein besseres klimatisches Ambiente für das Gras geschaffen und es damit zur Vollblüte gebracht. Aus dem Gras entstanden Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, der Reis und der Mais. Auf einmal hatte der Mensch hochwertige Nahrung zur Verfügung, die er sich davor gar nicht ausdenken hätte können. So wie wir jetzt.

      Es war der Eintritt in eine neue Evolutionsphase des Menschen. Interessanterweise gleich in drei verschiedenen Erdteilen, und immer war es das Gras, das daran beteiligt war. Der Reis in Asien ist nichts anderes als eine Grassorte. Der Mais in Südamerika ist nichts anderes als ein Gras. Weizen, Roggen und Gerste sind ebenfalls Formen des Grases.

      Gras, wird sich vielleicht jetzt jemand denken. Meine Güte, was regt er sich so auf. Gras. Na und? Vom Standpunkt des damaligen Menschen konnte man sich gar nicht genug aufregen. Was uns heute so geläufig ist, war zu der Zeit eine Sensation.

      Das Gras hat sich durch etwas ganz Besonderes ausgezeichnet, was die anderen Pflanzen nicht hatten. Es war sehr kohlenhydratreich. Wenn wir uns den Weizenkeimling hernehmen, als hätten wir ihn noch nie gesehen, oder auch den Reis oder den Mais, den man einfach so essen kann, dann halten wir eine Kostbarkeit in Händen. Kohlenhydrate in Höchstform. Ein Turbo für die Hirnentwicklung.

      Davor haben sich die Leute von Fleisch ernährt, das sie mühsam zur Strecke bringen mussten. Oder von Wurzeln, die sie irgendwo gefunden haben. Beides hatte wenig Kohlenhydrate. Das eine war Eiweiß, das andere mehr Zellulose. Auf einmal gab es Kohlenhydrate, noch dazu in Mengen. Als hätten sie zum ersten Mal einen Berg Nudeln gesehen, so muss das gewesen sein.

      Im Nachhinein betrachtet, ist es von diesem Nudelberg bis zum darauffolgenden neuen Menschen ein Katzensprung gewesen. Ein bisschen Ackerbau, ein bisschen Getreide ernten, ein bisschen Fladenbrot backen, ein bisschen Gerstenbrei essen, und auf einmal war die Jungsteinzeit von lauter Intellektuellen bevölkert. Mit ihrem plötzlich so scharfen Verstand entschieden sie, dass sie nicht weiter durch die Gegend trampen mussten, immer auf der Suche nach Wurzeln fürs Frühstück, immer auf der Spur von Tieren zum Nachtmahl.

      Überhaupt brauchten sie nicht mehr auf Achse zu sein. Das Getreide wuchs immer an derselben Stelle, so ein Feld bewegte sich nicht. Daher brauchte sich auch der Mensch nicht mehr zu bewegen und wurde sesshaft. Er säte und erntete und lebte wunderbar von dem, was um ihn herum aus der Erde schoss. Es war reichlich. Es deckte den Bedarf einer zehnköpfigen Gruppe, die immerhin drei Kilo Getreide pro Tag verdrückte. Die Menschen hielten die neolithische Revolution für eine gute Sache.

      Kein Wunder. Sie veränderten sich. Sie wurden größer. Sie entwickelten ein Hirn, das fähig war, einen sozialen Zusammenhalt zu schaffen. Und wieder zeigen sich Parallelen zur Gegenwart. So eine ähnliche Situation haben wir heute wieder. Unser Gras ist die Wohlfahrtsgesellschaft. Sie macht es möglich, ihre Güter überall zu verteilen und den Menschen tagtäglich ausreichend Kohlenhydrate und auch genug Kalorien zur Verfügung zu stellen.

      Drängt sich natürlich die Hoffnung auf: Könnte das die Menschen wieder ein Stück intelligenter machen?

      Ist es nicht eine absurde Theorie, die man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte? Die Unsitte, Fastfood in sich hineinzustopfen, kann dafür sorgen, dass sich ein besseres Gehirn ausbildet. Einmal ganz bildlich gesprochen.

      Und doch ist was dran.

      Die Ernährung ist einer der Hauptgründe für die Evolution. Jeder Eindruck verändert und beeinflusst unser Genom. Am stärksten natürlich das, was wir zu uns nehmen, was wir inhalieren, was das Genom des Stoffwechsels beeinflusst. Das prägt am nachhaltigsten. Der Mensch ist, was er isst, man kann es nicht oft genug sagen.

      Drängt sich natürlich die nächste Hoffnung auf: Könnte das die Menschen auch ein Stück besser machen?

      Meine Antwort ist: Ich weiß es nicht.

      Aber es ist ohne weiteres möglich.

      Ich möchte es gern mit dem französischen Jesuiten, Theologen und Naturwissenschaftler Pierre Teilhard de Chardin halten, der sagte, er habe durch seinen Glauben an Gott eine positive Welthaltung einnehmen können. Ihm zufolge wird sich alles ins Positive entwickeln. Was für ein schöner Gedanke, an den es sich zu glauben lohnt. Auch wenn es im Augenblick, das muss ich sagen, nicht sonderlich danach aussieht, aber das hindert uns nicht am Hoffen.

      Ändert sich mit der Größe des Gehirns die Anzahl der Neurone, ändern sich auch die Mentalität und die Psyche der Menschen. Dann ist der Mensch in Zukunft vielleicht empathischer und hat eine größere soziale Bindung.

      Warum nicht?

      Mit dem Gehirn eines neuen, besseren Menschen gedacht, gibt es jedenfalls kaum einen anderen Weg, als dass sich die Kulturen angleichen und zu verstehen lernen. Dass diese aggressive Form des Islam nur eine Durchgangsphase ist. Dass sich sowohl die Religionen, wie auch die unterschiedlichen sozialen Schichten aufgrund eines verbesserten Gehirns mit mehr sozialer Kompetenz zu einem friedlichen Zusammenleben finden. Nur so als eine Hypothese.

      Auch dafür würde einiges sprechen. Die Intelligenz wird steigen, und dadurch werden die Menschen offener sein. Selbst ein Wirtschaftsforscher wie John Maynard Keynes, einer der Größten auf seinem Gebiet, sagt, dass dieses Streben eines jeden, immer mehr zu haben und den eigenen Besitz so in den Vordergrund zu stellen, in der Wirtschaftsordnung nicht mehr haltbar sein wird. Möglicherweise haben auch die Grünbewegungen Recht, dass die Güterverteilung ein Zukunftsmodell ist. Teilhard de Chardin würde ihnen gern zustimmen. Es würde zur Offenbarung