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Abbildung 1: Aus dem Kinodokumentarfilm «Zum Abschied Mozart» (© Christian Labhart)
Eigentlich sind gute Lehrpersonen ja ganz einfach zu beschreiben …
Gute Lehrpersonen sind pünktlich und zuverlässig, sie sind freundlich gegenüber Schülerinnen und Schülern, Kolleginnen und Kollegen, Eltern und Vorgesetzten, sie sind fleißig, engagiert und belastbar, und sie haben die Belange ihrer Schule, ihrer Klassen und einzelner Schülerinnen und Schüler im Auge. Ihre Fachkompetenz in ihren Unterrichtsfächern ist genauso hoch entwickelt wie ihre didaktisch-methodischen und pädagogisch-erzieherischen Fähigkeiten. Ihr Unterricht ist angemessen anspruchsvoll; die Lernfortschritte ihrer Schülerinnen und Schüler sind beachtlich. Sie bemühen sich darum, eine positive Lernhaltung und ein lernförderliches Klima in den von ihnen unterrichteten Klassen zu schaffen. Kolleginnen und Kollegen übernehmen gerne ihre Klassen. Als Personen erfreuen sie sich einer natürlichen Autorität gegenüber den Schülerinnen und Schülern, sie werden von ihnen geachtet und geschätzt. Sie bilden sich in ihren Fächern und hinsichtlich ihrer pädagogisch-didaktischen Fähigkeiten fort, arbeiten in der Lehrerbildung als Praxislehrpersonen, gehen konstruktiv mit beruflichen Beanspruchungen um und können zu hohe Belastungen erfolgreich abwehren. In Arbeitsgruppen zeigen sie ihre Teamfähigkeit. Sie verstehen es, gegenüber Eltern ein klares, differenziertes Bild ihrer Kinder zu vermitteln und – wo nötig – konstruktive Hinweise zu geben. Sie identifizieren sich mit ihrem Beruf – und können doch gut vom Beruf abschalten (vgl. Terhart 2006, S. 42).
… und wie sieht es in der Wirklichkeit aus?
Aus der Perspektive der Bildungsforschung wird dieses naiv-triviale additive Verfassen von Wunschkatalogen über die ideale Lehrperson mit konkreten kritischen Fragen konfrontiert: Wie sieht es in der Wirklichkeit in den Klassenzimmern aus – und wie in den Lehrerzimmern? Wie weit entspricht der real existierende Lehrkörper auf den verschiedenen Stufen diesem Bild von Lehreridealattributen? Was kennzeichnet erfolgreiche Lehrpersonen in ihrem Denken, Urteilen und Handeln? Wie sieht eigentlich das Aufgabenspektrum aus, das in diesem Beruf möglichst gut bewältigt werden muss? Unter welchen Arbeitsbedingungen kann man überhaupt eine gute Lehrperson sein (vgl. ebd.)? Und weiter: Wie können Lehrpersonen die Lernmotivation der Schülerinnen und Schüler wirksam unterstützen? Welche motivationsfördernden Strategien sind nachhaltig? Wie gelingt es Lehrpersonen, die negativen Folgen von Lehrererwartungen zu vermeiden?
Oder ganz umfassend gefragt: Was müssen gute Lehrpersonen eigentlich wissen und können? Um aufgrund dieser ausgewählten Fragenpalette keine falschen Illusionen zu wecken, muss betont werden, «dass viele solcher Fragen gegenwärtig von der empirischen Bildungsforschung kaum und selten eindeutig beantwortet werden können» (Terhart 2006, S. 42).
Die Suche nach den guten Lehrpersonen – aus der Sicht der empirischen Unterrichtsforschung
In einer frühen Phase der Unterrichtsforschung wurde die Hoffnung gehegt, man könne Eigenschaften erfolgreicher Lehrpersonen wie Charaktermerkmale (beispielsweise Geduld) oder einen ganz bestimmten Führungs- oder Unterrichtsstil identifizieren. Diese Versuche gelten heute als klar gescheitert. Die Aufgaben von Lehrpersonen sind zu heterogen, der kausale Wirkungspfad von einem allgemeinen Persönlichkeitsmerkmal eines Lehrers oder einer Lehrerin bis hin zu den Lernprozessen der einzelnen Schülerinnen und Schüler ist zu weit und zu undurchsichtig. Es ließen sich nur wenige, schwache und zudem triviale Zusammenhänge zwischen Lehrerpersön lichkeit und Schulleistungsunterschieden finden (vgl. Helmke 2004, S. 29 f.).
Was müssen gute Lehrerinnen und Lehrer wissen und können?
Was müssen gute Lehrerinnen und Lehrer wissen und können?
Antworten auf die nicht ganz einfache Frage «Was müssen Lehrerinnen und Lehrer heute – und morgen – unbedingt wissen und können?»
In den letzten Jahren wird im deutschsprachigen Raum sowohl auf der bildungspolitischen als auch auf der erziehungswissenschaftlichen Ebene eine intensive Debatte über die Kompetenzen von Lehrpersonen in einem veränderten gesellschaftlichen und schulischen Umfeld geführt. Von verschiedenen Seiten werden Antworten auf die Frage «Was müssen Lehrerinnen und Lehrer heute – und morgen – unbedingt wissen und können?» präsentiert.
In ihren Ende 2004 veröffentlichten diskussionsleitenden Standards für die Lehrerbildung hat die deutsche Kultusministerkonferenz diese Frage pointiert beantwortet: Die Kompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern lassen sich mit den vier Haupttätigkeitsfeldern Unterrichten, Erziehen, Beurteilen und Innovieren umschreiben. Lehrerinnen und Lehrer sind Fachleute für das Lehren und Lernen, die ihre Erziehungs- und ihre Beurteilungsaufgabe gerecht und verantwortlich ausüben und ihre Kompetenzen ständig weiterentwickeln. Zur Unterrichtskompetenz gehört, dass sie ihren Unterricht fach- und sachgerecht planen und sachlich und fachlich korrekt ausführen; dass sie durch die Gestaltung von Lernsituationen das Lernen von Schülerinnen und Schülern unterstützen und die Lernenden motivieren und befähigen, Zusammenhänge herzustellen und Gelerntes zu nutzen; dass sie die Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern zum selbstbestimmten Lernen und Arbeiten fördern. Zur Erziehungskompetenz gehört, dass sie die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen von Schülerinnen und Schülern kennen und im Rahmen der Schule Einfluss auf deren individuelle Entwicklung nehmen; dass sie Werte und Normen vermitteln und selbstbestimmtes Urteilen und Handeln von Schülerinnen und Schülern unterstützen sowie Lösungsansätze für Schwierigkeiten und Konflikte in Schule und Unterricht finden. Zur Beurteilungskompetenz gehört, dass die Lehrerinnen und Lehrer Lernvoraussetzungen und Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern diagnostizieren; Schülerinnen und Schüler gezielt fördern; Lernende und deren Eltern beraten; Leistungen von Schülerinnen und Schülern auf der Grundlage transparenter Beurteilungsmaßstäbe erfassen. Zur Innovationskompetenz gehört, dass sich die Lehrpersonen der besonderen Anforderungen des Lehrberufs bewusst sind und dass sie ihren Beruf als ein öffentliches Amt mit besonderer Verantwortung und Verpflichtung und als ständige Lernaufgabe verstehen sowie dass sie sich an der Planung und Umsetzung schulischer Projekte und Vorhaben beteiligen (vgl. KMK 2004, S. 7–13).
Es kommt auf die Lehrerin, den Lehrer an
Es kommt auf die Lehrerin, den Lehrer an
Keine einfache Aufgabe – kein einfacher Beruf …
Dieses beispielhaft gezeigte Kompetenzenprofil stellt die Lehrpersonen und die Schulleitungen einerseits und die Lehrer- und Lehrerinnenbildung andererseits vor große Herausforderungen. Zusätzlich erschwert wird die aktuelle Situation durch verschiedene berufsspezifische Brennpunkte wie beispielsweise Praxis versus Theorie, Realität versus Idealität, Belastung versus Entlastung. Angesichts dieser Schwierigkeiten ist es nicht weiter erstaunlich, wenn in verschiedenen Forschungsüberblicken diagnostiziert wird, dass wir es bei der pädagogischen Arbeit mit «Unsteuerbarkeit, Undurchschaubarkeit und Ungewissheit des beruflichen Handelns» (Combe & Kolbe 2004) zu tun haben, hervorgerufen durch die Aufgabe selbst, die sich als Gefüge unaufhebbarer Antinomien darstelle, für die Krisenhaftigkeit als Normalfall unterstellt werden müsse, und dass die Tätigkeit der Lehrpersonen als «ein unmöglicher Beruf» bezeichnet wird (vgl. den Sammelband «Der Lehrer – ein (un)möglicher Beruf» von von Carlsburg & Heitger 2005).
… aber man kann ihn bewältigen
Dieser von verschiedenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gerne gepflegten und publizierten Metaphorik der «Unmöglichkeit» und des «Technologiedefizits» widerspricht Heinz-Elmar Tenorth dezidiert: «Der Beruf der Lehrerin oder des Lehrers bleibt schwierig – aber er ist mit einem professionstheoretisch klar zu bezeichnenden Handlungsrepertoire zu bewältigen, und man kann lernen, die Arbeit besser oder schlechter zu machen, und im Lichte von Kompetenzerwartungen und Standards über ihn sprechen, wie das ja auch geschieht …» (Tenorth 2006, S. 584).
Entscheidend ist die Lehrperson
Die Frage «Kommt es überhaupt auf den Lehrer, die Lehrerin an?» ist nicht nur in der öffentlichen und veröffentlichten Meinung ein Dauerbrenner;