Ruth Meyer

Lebenskompetenzen erweitern (E-Book)


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      Das Kompetenzraster hält fest, was man in einem bestimmten Fach/einem Lerngebiet/einer Fächergruppe lernen kann. Die Inhalte, Fertigkeiten und/oder Fähigkeiten werden in verschiedenen Spalten entsprechend dem Grad der Ausprägung beschrieben, sodass die Entwicklung des Lernstandes erkennbar wird. Oft werden drei bis fünf Stufen formuliert. Dabei ist es wichtig, von Fähigkeiten auszugehen (nicht von Defiziten!) sowie beobachtbares Verhalten in aufeinander aufbauenden Stufen zu beschreiben.

      Um von einer Stufe zur nächsthöheren Stufe im Kompetenzraster zu kommen, muss man lernen. Lernschritte werden in mehr oder weniger komplexe Aufgabenstellungen verpackt, die die Lernenden möglichst selbstständig, selbstorganisiert und gemeinsam mit andern erarbeiten. Die Kontrolle des Erreichten erfolgt in der Reflexion und Auswertung der Übungsaufgaben, anhand deren dann der nächste Lernschritt (nächste Stufe der gleichen Fähigkeit oder anderes Lerngebiet) geplant wird.

      Manchmal kann auf bereits bestehende Kompetenzraster und Kompetenzbeschreibungen zurückgegriffen werden.

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      Abb. 2: Lernen mit Kompetenzrastern

      In der beruflichen Aus- und Weiterbildung werden Berufsfeldanalysen durchgeführt. Dafür wird bei Arbeitgebern und in der Gesellschaft der Bedarf an Handlungskompetenzen erhoben. Auf dieser Basis werden dann entsprechende Berufsbilder mit ihren definierten Kompetenzen und Handlungsfeldern formuliert. Für anerkannte berufliche Aus- und Weiterbildungen (Fähigkeitszeugnisse, Fachausweise, Diplome) muss deshalb nachgewiesen werden, dass sie diesen Anforderungen entsprechen.

      In allen anderen Bildungsbereichen gehört zur kompetenzorientierten Planung eine Bedarfs- und Bedürfnisabklärung bei Auftraggebenden und potenziellen Teilnehmenden, um genau festlegen zu können, welche typischen Praxissituationen im Zentrum stehen sollen und welche Ressourcen damit verbunden sind.

      Da es der Erwerb der gleichen Ressourcen ermöglicht, verschiedene typische Situationen zu meistern, und weil unterschiedliche Kompetenzen häufig ähnliche oder dieselben Ressourcen voraussetzen, sollte die Reihenfolge der Erarbeitung der Ressourcen sorgfältig geplant werden.

      Es ist beim Unterrichten wünschenswert, dass häufig und mehrfach benötigte Ressourcen früh und systematisch vermittelt werden, damit man später darauf zurückgreifen kann. Ein einleuchtendes Beispiel dafür ist das Beherrschen des kleinen Einmaleins, das später in der Mathematik ständig gebraucht wird.

      Für die Planung der Wissensvermittlung (Faktenwissen, Kenntnisse und Theorien erwerben) sind Lernziele hilfreich. Um die Vermittlung der Fähigkeiten (Können, Abläufe, Prozeduren, Fertigkeiten einüben) zu planen, sind detaillierte Verhaltensbeschreibungen in Kompetenzrastern auf verschiedenen Stufen hilfreich. Für Haltung und Einstellungen (Wollen) können keine konkreten Absichten festgelegt werden, sie müssen in der Planung mit Gelegenheiten für Austausch, Reflexion und kritisches Hinterfragen berücksichtigt werden.

      Zwingende Elemente beim kompetenzorientierten Planen sind:

      •Handlungsfelder definieren (Beispiel: Pflege am Spitalbett);

      •typische Situationen festlegen (Beispiel: Morgentoilette);

      •Ressourcen (Wissen, Können, Wollen) ableiten;

      •Lernumgebung und Hilfsmittel so planen, dass die Ressourcen erarbeitet und vertieft werden können;

      •Methoden wählen, die das Wissen, Können und Wollen unterstützen.

      Für die Art und Weise, wie konkret unterrichtet wird, gibt es viele theoretische Modelle. Eines der aktuellsten stammt von Schubiger (2013, S. 35 f.), der mit seinem Lernprozessmodell RITA für den kompetenzorientierten Unterricht vier Phasen vorschlägt: «Ressourcen aktivieren», «Informationen verarbeiten», «Transfer anbahnen» und «Auswerten». In jeder Phase werden, wo immer möglich, Wissen, Können und Wollen aktiviert und Problemstellungen eingebaut. Jede Phase hat ihre eigenen Schwerpunkte und Methoden.

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      Bei «Ressourcen aktivieren» geht es darum, an bereits Vorhandenes anzuknüpfen und Interesse und Motivation zu wecken. Dazu werden die Erfahrungen aller Beteiligten ausgetauscht. In der Phase «Informationen verarbeiten» wird neues Wissen erworben und integriert. Dazu gehören der Austausch ebenso wie die individuelle Erarbeitung und das Üben. Schubiger betont die Phase «Transfer anbahnen» als wesentlich, um den Bezug zum realen Leben oder zur Berufspraxis herzustellen. Dieser Praxisbezug lässt sich besonders gut über aktuelle Problemstellungen bewerkstelligen. In der Phase «Auswerten» wird überprüft, welche Lernfortschritte erreicht wurden.

      Der zeitgemäße ressourcenorientierte Unterricht berücksichtigt entsprechend zwingend:

      •den umfassenden Einbezug von Erfahrungen und Wissen aller Beteiligten;

      •einen intensiven Austausch untereinander;

      •einen hohen Praxisbezug;

      •viel Handlungsorientierung.

      Eine Kompetenz wird am Schluss nicht direkt, sondern indirekt über ihre Performanz beurteilt. Da Performanz sich in typischen Situationen zeigt, kann sie mithilfe von Testaufgaben messbar gemacht und auch in verschiedene Schwierigkeitsgrade unterteilt werden. Diese Performanzstufen werden häufig in Kompetenzrastern dargestellt. Die Anordnung in einer Matrix erlaubt einen schnellen Überblick sowohl über die zu erwerbenden Ressourcen als auch über die verschiedenen Ausprägungsstufen innerhalb dieser Performanzen.

      Wenn performanzorientiert beurteilt werden soll, gehören folgende Elemente zwingend dazu:

      •Es wird Verhalten beurteilt.

      •Es werden standardisierte typische Handlungssituationen definiert.

      •Der/die Lernende kann seine/ihre Ressourcen in der Handlungssituation mobilisieren.

      •Der/die Lernende kann seine/ihre Handlungen analysieren und begründen.

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      Soft Skills werden diejenigen Kompetenzen genannt, die eng mit der Persönlichkeit eines Menschen verbunden sind und seine Identität prägen. Sie können als Schmiermittel oder Katalysatoren in Gesellschaft, Beruf und Familie verstanden werden, mit deren Hilfe die fachlichen Kompetenzen effektiv und konstruktiv genutzt werden können. Dank Soft Skills sind Menschen in der Lage, konstruktiv mit komplexen, uneindeutigen und wenig strukturierten Herausforderungen im beruflichen und persönlichen Alltag umzugehen.

      Im Buch Soft Skills fördern (Meyer 2011) wird eine Fülle von Soft Skills anhand von beobachtbarem Verhalten beschrieben. Unterschieden werden die folgenden sechs Soft-Skills-Bereiche:

      •Entwicklungskompetenz (Lernbereitschaft, Reflexionsfähigkeit, Entwicklungsbedarf feststellen, Entwicklung planen, Entwicklungserfolg überprüfen);

      •emotionale Kompetenz (Selbsterkenntnis, Selbstdisziplin, Selbstständigkeit, Engagement, Empathie);

      •Wirkungskompetenz (Echtheit, auftreten, präsentieren, sich durchsetzen, Zivilcourage);

      •kommunikative Kompetenz (Kommunikation verstehen, zuhören, Dialoge führen, verhandeln, schwierige Gesprächssituationen meistern);

      •Beziehungskompetenz (Beziehung gestalten, Konflikte bewältigen, andere in ihrer Veränderung unterstützen, erziehen, führen);

      •Gruppenkompetenz (Gruppendynamik