Roland Muller

Führung, Steuerung und Aufsicht von öffentlichen Unternehmen


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Public Corporate Governance können in einem staatlichen Gesetz (z.B. Öffentliche-Unternehmen-Steuerungs-Gesetz (ÖUSG) des Landes Liechtenstein) oder in Richtlinien (z.B. Public Corporate Governance-Richtlinien des Kantons Basel-Stadt) festgehalten werden. In der Schweiz haben die meisten Kantone entsprechende Richtlinien erlassen. Es gibt aber auch schon Richtlinien in Städten. Ein gutes Beispiel für prägnante Grundsätze ist dabei die Richtlinie der Stadt Gossau SG, die im Anhang aufgeführt sind (11.6 PCG-Richtlinien der Stadt Gossau, 303).

      Um zu verstehen, was Public Corporate Governance für öffentliche Unternehmen bedeutet, muss zuerst verstanden werden, für welche Unternehmen Corporate Governance grundsätzlich von Bedeutung ist. Corporate-Governance-Grundsätze sind für alle Unternehmen gültig, ungeachtet der Grösse, und insbesondere für alle Profit- und Nonprofit-Organisationen. Ausserdem sind sie unabhängig von der Rechtsform von Bedeutung.

      Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen aus der Praxis, können folgende Punkte aufgelistet werden, welche konkret einen direkten Mehrwert aus der Umsetzung von Corporate-Governance-Empfehlungen für öffentliche Unternehmen aufzeigen:

      1. Geordnetes Verhältnis zwischen Eigner und Unternehmen:

      Die Public Corporate Governance schafft klare Verhältnisse bezüglich der zu erreichenden Ziele und der zu berücksichtigenden Werte und damit eine saubere Rollenteilung zwischen Eigentümer und Unternehmen. Die strategische Führung kann darauf aufbauend ihre Unternehmensstrategie entwickeln und ihre Handlungsfähigkeit steigern.

      2. Effizienz in Führung und Kontrolle:

      Klare Aufgaben, präzise Kompetenzen und zugeordnete Verantwortlichkeiten erhöhen die Klarheit in der Führung. Dies führt zu einer präziseren Umsetzung von Controlling und Reporting, was letztlich zu einer Verbesserung der strategischen Führung führt. Die Fokussierung auf die klare zentrale Aufgabe schärft die Wahrnehmung und fördert die Entwicklung der Kernkompetenzen.

      3. Reduktion des Führungsaufwandes der Exekutive:

      Die saubere und definierte Übertragung der Aufgaben von der Exekutive hin zur Strategischen Führungsebene reduziert die Aufgabenfülle der Exekutivmitglieder. Dabei spielen die Aspekte strategische Führung und Personalführung eine wichtige Rolle.

      4. Verbesserung des Ratings bei Banken:

      Die konsequente Umsetzung der Erkenntnisse der Public Corporate Governance verbessert die Beurteilung bei den Ratings von Banken, welche nicht nur nach harten Fakten und Zahlen, sondern immer mehr auch auf Soft Factors basieren. In der Konsequenz führt die Umsetzung der Vorgaben der Public Corporate Governance auch bei öffentlichen Unternehmen zu einer besseren Ausgangslage bezüglich Kreditwürdigkeit und damit in der Folge auch zu einer verbesserten Ausgangslage bei der Beschaffung von Fremdkapital.

      5. Reduktion von Versicherungsprämien:

      Auf der Grundlage der Instrumente der Public Corporate Governance werden Risiken des öffentlichen Unternehmens gezielt analysiert und beurteilt. Basierend auf den Instrumenten des Risk Managements, ist es damit möglich, Risiken präziser zu beschreiben und ihr Eintreten zu bewerten. Für Versicherungsunternehmen wird die Übersicht verbessert: In der Folge profitiert das Unternehmen von reduzierten Versicherungsprämien.

      6. Intensivierung der Kundenbeziehungen:

      Kunden, welche auf stabile Beziehungen setzen, erhalten die Gewähr, einen Lieferanten zu haben, welcher seinerseits auf Kontinuität und langfristige Unternehmensentwicklung setzt. Auf dieser Grundlage können stabile Kundenbeziehungen aufgebaut und etabliert werden.

      Die Fokussierung auf Qualität wirkt sich nicht nur auf Produkte und Dienstleistungen im engeren Sinn, sondern letztlich auch auf die Bereitschaft zu Innovation und Entwicklung aus.

      Die konsequente Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse kann mittels Markeneinsatz gezielt gesteigert werden. Im Rahmen der Untersuchung von öffentlichen Marken legt Henkel dar, dass der Einsatz von Marketinginstrumenten in öffentlichen Unternehmen eine zentrale Rolle zur Entwicklung der Kundenbeziehung darstellt. An den Beispielen von «ZüriWasser» (Wasserversorgung Zürich) und «Inselspital» (Inselspital Bern) legt die Autorin dar, dass Marketingmassnahmen zur Entwicklung der gestützten und ungestützten Bekanntheit und zur Reputation der Unternehmen beitragen (Henkel 2008).

      7. Verbesserung der Lieferantenbeziehungen:

      Unternehmen mit einer konsequenten Umsetzung von Public Corporate Governance sind mit ihren Instrumenten, insbesondere bezüglich des Qualitätsfokus, für die Entwicklung und Steuerung inkl. Qualitätsmanagement verlässlichere Partner als Lieferanten.

      8. Vereinfachung von Kooperationen:

      Haben mehrere Gemeinwesen die Absicht, eine Aufgabe gemeinsam zu erfüllen bzw. durch ein ausgelagertes Unternehmen ausführen zu lassen, schaffen präzise Grundlagen Voraussetzungen, mit denen Kooperationen einfacher strukturiert und realisiert werden können.

      9. Realisierung einer Haftungsprävention:

      Public-Corporate-Governance-Instrumente helfen, die Verantwortung in der Strategischen Führungsebene beurteilen und zuteilen zu können, indem Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung klar geregelt sind.

      10. Good Governance und Ethikausweis:

      Öffentliche Unternehmen mit einer sorgfältigen Umsetzung von Public Corporate Governance setzen Guidelines in der Unternehmensführung umfassend um und sorgen damit für eine konsequente Steuerung in der Strategischen Führungsebene.

      Die Verpflichtung aller Beteiligten auf der strategischen und operativen Ebene zur Einhaltung der Vorgaben der Public Corporate Governance führt letztlich zu einer unternehmensethisch konsequent aufgestellten Unternehmensführung.

      11. Klare Definition der Leistungen (Leistungsvereinbarung und Globalbudget):

      Die saubere Definition der zu erbringenden Leistungen (Produkte und Dienstleistungen) in Verbindung mit den bereitzustellenden finanziellen Mitteln führen zur Reduktion von Unsicherheiten.

      12. Möglichkeit eines eigenen Auftritts und Entwicklung einer Reputation:

      Der selbständige Auftritt eines öffentlichen Unternehmens (mit Handelsregistereintrag) ermöglicht die Erarbeitung einer eigenen Reputation, eines eigenen Images und letztlich einer eigenständigen Marke.

      13. Stakeholder-Ausrichtung fördert das Vertrauen der Bürger:

      Der Leistungsprozess, der auf Kunden, Stakeholder und Eigentümer gleichermassen ausgerichtet ist, führt letztlich zu einer Vertrauenssteigerung auf Seiten des Bürgers. Es ist klar, was das Unternehmen zu leisten hat und was vom Unternehmen erwartet werden kann. Die Transparenz, welche durch Public Corporate Governance geschaffen wird, bietet dazu die Grundlage.

      14. Sicherung der Wiederwahl:

      Politiker profitieren letztlich, dies vielleicht etwas offensiv dargestellt, durch die verbesserte Reputation des öffentlichen Unternehmens, das Public Corporate Governance umsetzt. Dies führt in letzter Konsequenz zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit der Politik und verbessert damit die Chance der Wiederwahl der Amtsinhaber.

      Wenn von den Interessen der Eigner die Rede ist, so sind sich die Autoren bewusst, dass Gemeinwesen als Eigner von Unternehmen selten eine konsistente Interessenlage aufweisen. Im Grunde wäre das Volk als Eigner zu sehen, was in der Praxis aber nicht handhabbar ist. Folglich treten Parlament (wo vorhanden) und Exekutive an seine Stelle. In der Regel vertritt die Regierung die Interessen der Eigner und handelt als Aktionär, unter der Oberaufsicht des Parlamentes oder der Gemeindeversammlung. Für den Eigner ist es wesentlich, seine eigene Rolle in der Corporate Governance zu erkennen und sein Verhältnis zu den anderen Akteuren zu definieren. Daraus kann abgeleitet werden, welches Modell der Public Corporate Governance für die konkrete Ausgestaltung dominierend sein soll bzw. welche Elemente in eine Public Corporate Governance mit einbezogen werden. Comforth (2003) hat eine Typologie entwickelt, an der sich die Praxis sehr gut orientieren