(Rolff, 2015). Die Forschung zeigt, dass ihre Effektivität stark streut, aber insbesondere eine zielorientierte Leitung hilfreich ist (Kennedy, 2016). Eine entsprechend strukturierte Führung der Reflexion durch Dozierende hat sich dabei als wichtig erwiesen (Lotter & Miller, 2017), wobei der Schritt vom gemeinsamen Teilen von Erfahrungen zum gemeinsamen Erkunden als zentral für eine wirksame, kooperative Unterrichtsentwicklung angesehen wird (Nelson et al., 2010).
Ihre Wirksamkeit entwickeln Reflexionen vor allem in Kombination mit handlungspraktischen Erprobungsphasen (Lipowsky, 2014). Erst die Konsolidierung der Erkenntnisse der Reflexion, die auch an Erkenntnisse der Unterrichtsforschung anschliessen, ihre Umsetzung in einem Aktionsplan, der dann realisiert und begleitet wird sowie ein Feedback beinhaltet, macht den Prozess vollständig und wirksam (Antoniou & Kyriakides, 2011). Es geht also um Unterrichtsentwicklung als systematische Ermöglichung der Prozesse von Reflexion und Erprobung. Das ALACT-Modell (Korthagen, 2001) ist eine mögliche Form der Strukturierung von entsprechenden Prozessen (siehe Abbildung 1.6). Sie sind zyklisch zu verstehen und können mit fünf Sequenzen beschrieben werden:
1 Handlung («action»),
2 Rückblick auf die Handlung («looking back»),
3 Erkenntnis zentraler Aspekte («awareness of essential aspects»),
4 Gestalten einer alternativen Handlung («creating alternative methods of actions») und
5 eine Erprobung («trial»), die wiederum Gegenstand des erneuten Rückblicks ist (vgl. die ähnlichen Schritte des Konzepts der Lesson Studies [Fernandez, 2002] oder den «Teacher inquiry and knowledgebuilding cycle» bei Parr, Timperley, Reddish, Jesson & Adams, 2007).
Abbildung 1.6: Strukturierter Prozess der Unterrichtsentwicklung gemäss dem ALACT-Modell (vgl. Korthagen & Vasalos, 2005)
Sprechen über Unterricht ist ein zentrales Element und Teil dieses Zyklus, als Analyse und Reflexion im Rückblick auf den Unterricht auf der Basis von Artefakten aus dem Unterricht oder Repräsentationen umfangreicherer Unterrichtsbeispiele, aber auch im Erarbeiten und Festhalten zentraler Erkenntnisse.
Den Dozierenden fallen dabei zwei zentrale Aufgabenbereiche zu:8
1 Moderieren: Dabei geht es primär darum, Kommunikationsnormen festzulegen, den Fokus der Diskussion zu betonen, zu strukturieren (Ablauf, inhaltlich) und Bezüge herzustellen (zwischen Beiträgen von Lehrpersonen, zu Konzepten und Theorie oder, umgekehrt, zum Unterricht beziehungsweise Evidenzen auf Basis der Unterrichtsartefakte), um damit das Abstrahieren und Konkretisieren zu unterstützen.
2 Wissen erweitern: Wissensbasiert (z.B. fachlich, fachdididaktisch) alternative Erklärungen, Bewertungen anbieten; mögliche andere Wirkungen in den Raum stellen oder allenfalls durch Impulse erfahren lassen sowie alternative Handlungsmöglichkeiten zeigen («modeling»).
Angesichts grösserer Gruppen und begrenzter Zeit muss diese Moderation (manchmal) in die Gruppe selbst ausgelagert werden, um eine hohe aktive Beteiligung an möglichst auch eigenen Beispielen zu ermöglichen. Damit die Zeit zielführend genutzt wird, können Unterstützungen angeboten werden, zum Beispiel in der Form eines abzuarbeitenden «Protokolls» (analog eines Ablaufschemas einer Intervision). Das Protokoll gibt Leitfragen zur Untersuchung der Unterrichtsartefakte oder Unterrichtsbeispiele vor und unterscheidet zum Beispiel Phasen der Beschreibung (Explizierung des Wahrgenommenen) und der Interpretation. Zudem strukturiert es sowohl die Rollen der Beteiligten als auch die Zeit. Allerdings sind damit auch Nachteile verbunden, wie Little und Curry (2009) anmerken. Die Qualität der Beiträge in der Diskussion bleibt offen, beziehungsweise es fehlt in der Gruppe die Expertise aus der Perspektive der Dozierenden, um sie allenfalls infrage zu stellen, sie zu elaborieren und weitere bedeutsame Gesichtspunkte einzubringen. Um eine entsprechend informierte Reflexion (Ertsas & Irgens, 2017) zu unterstützen, braucht es weitere didaktische Massnahmen. Ein Protokoll kann zudem schwerlich die Auswahl der Lernspur und damit die Qualität ihrer Evidenz für das Denken und Verstehen der Schülerinnen und Schüler und somit ihren potenziellen fachdidaktischen Gehalt steuern.
Das Anbahnen neuen Wissens, um begründet eine Handlungsalternative im Unterricht zu planen und erproben zu können, ist ein nächster Schritt. Er kann auf vielfältige Art und Weise erfolgen, wie zum Beispiel durch den Einsatz von zum Weiterdenken herausfordernden, aber nicht überfordernden Fragen, Fokussierungen und Impulsen sowie durch das Erfahren neuer Methoden, beispielsweise offenerer Aufgabenformate, wie sie einem kompetenzorientierten Unterricht zugeschrieben werden (siehe die Beiträge 4–7 aus den Fachbereichen). Auch ein kurzer Input, der vorher Angesprochenes modellhaft zusammenfasst oder ergänzt, Evidenzen aus der Unterrichtsforschung, die als Beweise beziehungsweise Begründungen für das neue Konzept dienen und die Lehrpersonen darin unterstützen, ihre Vorstellungen zu überprüfen, tragen dazu bei, sowohl die Reflexion des bisherigen Unterrichts zu informieren als auch Ansatzpunkte für dessen Weiterentwicklung zu finden. Die Bewegungen des induktiven Abstrahierens und des deduktiven Konkretisierens verlaufen dabei iterativ, und es gilt, wie im Unterricht mit Schülerinnen und Schülern (Ewerhardy, 2010), dass eine angemessene Verwendung einer Fachsprache für den Konzeptaufbau förderlich ist.
Daran schliesst die Planung und Erprobung einer Handlungsalternative im Unterricht an. Es geht darum, das deduktive Konkretisieren in den Unterricht fortzusetzen, um dabei idealerweise die Bedeutsamkeit, Anwendbarkeit und den Mehrwert des neu Erarbeiteten zu erfahren. Damit schliesst ein Zyklus des «Wechselspiels zwischen berufspraktischem Handeln, sezierend-reflexiver Analyse und handelnder Rückübersetzung» (Neuweg, 2002, S. 27) ab.
Dieser Entwurf eines Prozesses versucht, analog der Theorie des Conceptual Change für das Lernen der Schülerinnen und Schüler (Caravita & Halldén, 1994) den Verlauf eines Lehrerinnen- und Lehrerweiterbildungsangebots zu gestalten (Duit, Treagust & Widodo, 2013): Bestehende Vorstellungen und unterrichtliche Massnahmen der Lehrpersonen aufzunehmen, auf ihre Tauglichkeit zu prüfen, allenfalls infrage zu stellen, sie auf den Lehrplan 21 und einen kompetenzorientiert(er)en Unterricht auszurichten, neues Wissen bereitzustellen und entsprechende neue Massnahmen zu erproben. Damit sind im Design der fachdidaktischen Begleitangebote ansatzweise alle vier Merkmale erkennbar, die Kennedy (2016) in ihrer Review zur Charakterisierung von Weiterbildungsprogrammen verwendet. Ihre Analyse unterscheidet Merkmale, nach denen Lehrpersonen in der Umsetzung der inhaltlichen Idee der Weiterbildung unterstützt werden: 1) vorschreiben, was zu tun ist, 2) verschiedene Strategien anbieten, aus denen ausgewählt werden kann, inklusive Begründungen, warum sie zu nutzen sind, 3) provokative Fragen stellen, damit die Lehrpersonen neue Einsichten zu ihrem Unterricht gewinnen, und 4) ihnen einen Wissensbestand präsentieren, ohne spezifisches Handeln im Unterricht zu stimulieren. Allerdings werden sie aufgrund der induktiv angelegten Entwicklungsorientierung und der Ausrichtung zur Unterstützung einer Lehrplaneinführung ganz spezifisch und kombiniert realisiert. Das Vorschreiben, was zu tun ist, steckt im neuen Lehrplan, dessen Verständnis durch die Verknüpfung mit dem eigenen Unterricht entwickelt wird (1). Kompetenzorientierte Aufgabenstellungen werden als «Strategien» angeboten, kompetenzorientierten Unterricht zu realisieren (2). «Provokative Fragen» oder zumindest das Insistieren auf Begründungen können ein Mittel sein, lernnotwendige Irritationen und Klärungsprozesse auszulösen (3). Nebst Erkenntnissen aus der gemeinsamen Reflexion dienen induktiv gesetzte Inputs zur Erweiterung der Wissensbestände (4), sodass die Vorgaben des Lehrplans in die Wissensstrukturen eingebunden werden können.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской