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Gestaltpädagogik im transnationalen Studium


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mitunter auch in ihre Berichte aufgenommen wurden.

      Die Arbeit mit kreativen Medien erwies sich als besonders produktiv. Dieser methodische Zugang half, die Barrieren sprachlicher Verständigung zu umgehen, da er besonders geeignet ist, Erfahrung von Verbundenheit entstehen zu lassen und den Wunsch nach Verständigung zu stärken.

      Tanz und Pantomime, Malen, Dichten, Tonarbeiten sowie Körper- und Bewegungsübungen förderten die Bereitschaft zum kreativen Ausdruck und die Freude daran und schärften die Wahrnehmung von nonverbalem Ausdruck. Das gemeinsame Lernen und Singen traditioneller wie internationaler Lieder, das gemeinsame Aufgreifen und Erproben von Kinderspielen und Abzählreimen führte zugleich auf einer elementaren Ebene in kulturelle Traditionen ein, auf der kulturelle Differenzen erlebt und zugleich gemeinsame Grundmuster erfahrbar wurden.

      Die Kultivierung und Differenzierung der Wahrnehmungsfähigkeit war im Wesentlichen ein mitlaufender Prozess, der gestützt wurde durch den hohen Anteil nonverbaler Verständigungsbemühungen wie der Versuche, das Gesehene, Erlebte und Miterlebte zu verbalisieren und dabei zugleich auf Nuancen zu achten.

      Die Bedeutung dieser Ebene für die Moderation sozialer Prozesse konnte am Beispiel der Leiter anschaulich erlebt werden, die ihre Wahrnehmungen und Selbstwahrnehmungen der Gruppe immer wieder offen und präzise mitteilten. Die Bereitschaft, innere und äußere Wahrnehmungen auszusprechen, erwies sich in deutlicher Weise als kulturspezifisch unterschiedlich ausgeprägt bzw. entwickelt. Dies führte zu Gesprächen über historische Erfahrungen und Bedingungen für Offenheit bzw. Selbstzurücknahme. Wie wichtig eine solche vielschichtige Wahrnehmungssensibilisierung für die tägliche Lehrerarbeit ist, wurde von vielen Teilnehmern erstmals erkannt und nachdrücklich bestätigt.

      Auch die Ebene der Erfahrung von Widerstand und der Entwicklung von Verhaltensweisen gegenüber dem Widerstand anderer war in den gemischtnationalen Gruppen beständig präsent. Sie wurde von Zeit zu Zeit explizit zum Thema von Reflexionen und kleinen Experimenten, z. B. zu Nähe und Distanz, Abgrenzen und Nein sagen können, zu Spielraum geben und eigene Wege finden lassen.

      Die Erfahrung an der Grenze und mit der Grenze konnten so in ihrer Ambivalenz von Sicherheit und Selbsteinschränkung versus Wagnis und Entwicklungsmöglichkeit bzw. von Stabilität und Veränderung erlebt und gemeinsam reflektiert werden. Widerstand wurde als Phänomen erkannt, das in sozialen Situationen dann in Erscheinung tritt, wenn die Angst vor Verlust größer ist als die Hoffnung auf Bereicherung. Dieses gilt sowohl für die Begegnung mit dem Fremden wie auch für alle Arten schulischen Lernens

      Grundvoraussetzung für einen produktiven Umgang mit den vielfältigen Formen von Widerstand ist - gerade vor diesem Hintergrund - eine Haltung von Achtung und Respekt, die darauf gerichtet ist, das Gefühl von Sicherheit und Verbundenheit zu stärken und unter Verzicht auf jeglichen Druck oder Kritik dazu einlädt, die Situation des Widerstands zum Gegenstand gemeinsamer Neugier und eines gemeinsamen Erkenntnisinteresses werden zu lassen.

      5. Resümee

      Die Ergebnisse solch einer Arbeit lassen sich nur schwer als „Produkte" nachweisen und vermitteln, da der Schwerpunkt der Bemühungen auf die Qualität der Prozesse einer Verständigung durch Begegnung gelegt wird sowie auf die Erfahrungen und reflexiven Erkenntnisse der einzelnen Teilnehmer als Gelenkstück für einen Transfer in ihre jeweilige berufliche Praxis. Von außen betrachtet lässt sich feststellen:

      • alle Teilnehmer sind dageblieben; sie haben ernsthaft und engagiert durchgehend in ihren Gruppen mitgearbeitet;

      • alle Teilnehmer haben sich um die Verständigung und die gemeinsame Aufgabe bemüht, niemand ist ausgegrenzt worden oder hat sich zurückgezogen;

      • es hat keine unauflösbaren Konflikte zwischen den Teilnehmern gegeben, keine Beleidigungen oder Verletzungen;

      • alle Teilnehmer waren gerne an den so unterschiedlichen Seminarorten gewesen; obwohl es ihre Urlaubszeit war und sie eigene finanzielle Aufwendungen tragen mussten, war der Aufenthalt „ein Gewinn"; es sind viele Freundschaften entstanden; Briefwechsel, Besuche und familiäre Kontakte folgten;

      • alle haben eine positive Beziehung zur Region des Seminars wie zu denen Ländern der anderen Teilnehmer gewonnen;

      • viele haben ihre Fremdsprachenkenntnisse weiterentwickelt und einige wollen beginnen, eine neue Sprache zu lernen.

      Die gestaltpädagogische Arbeit mit den oben genannten vier Schwerpunkten hat die wichtigste Zielsetzung, die Erfahrung von Fremdheit durch vertiefte Begegnung in Neugier an den Menschen und ihrer Kultur umzuwandeln, für uns überzeugend erreicht. Darüber hinaus kann die pädagogische Substanz der gestaltpädagogischen Erfahrungen verallgemeinernd beschrieben werden als:

      • Arbeit an der eigenen Persönlichkeit und an der für weiteres Lernen förderlichen Bereitschaft, sich mit seinen Ängsten, Sehnsüchten und Unzulänglichkeiten zu zeigen,

      • Vertiefung des Verstehens von (eigenen und fremden) Entwicklungsaufgaben und -krisen von Kindern und Jugendlichen,

      • Vervielfältigung der Zugänge zur Individualisierung des Lehrens und Lernens,

      • Förderung des Verständnisses für Gruppenprozesse und Erweiterung des Repertoires für Gemeinschaft stiftende Aktivitäten,

      • verstärktes Bewusstwerden der vielfältigen motivationalen Voraussetzungen und Hindernisse für sachbezogene Lernprozesse,

      • Erhöhung der Bereitschaft und der Fähigkeit zu kreativer und situativer Methodenentwicklung,

      • Erkenntnis der Bedeutung von Gefühlen und leiblichen Wahrnehmungen für Motivation und Nachhaltigkeit von Lernprozessen.

      Viele Teilnehmer schreiben in ihren Berichten davon, dass sie große Lust haben, Impulse, Ideen und methodische Elemente aus den gemeinsamen Seminaren in ihrem Unterricht umzusetzen. Manche haben bereits konkrete Beispiele ausgearbeitet und z. T. in ihren Texten dokumentiert. Einige teilten bereits positive Erfahrungen mit solchen Experimenten mit. Die Beispiele lassen erkennen, dass es sich dabei nicht um bloße Übertragungen methodischer Elemente handelt, sondern dass einige Teilnehmer für ihre Schulklassen und ihren Fachunterricht eigene kreative Gestaltungsideen entwickelt und etwas von der Freude am Erfinden und Experimentieren mit nach Hause genommen haben.

      Die meisten Teilnehmer äußerten den Wunsch, ihre Erfahrungen mit der Gestaltpädagogik zu vertiefen. Sie halten Gestaltpädagogik für geeignet, Lernen intensiver und mit mehr innerer Beteiligung der Schüler gestalten zu können. Dabei richtet sich ein besonderes Interesse auf Fragen der didaktischen Planung und methodischen Umsetzung im Fachunterricht wie auf die theoretischen Hintergründe dieses Ansatzes.

      Wiktor Żłobicki (PL)

      Auf der Suche nach den philosophischen Inspirationen der Gestaltpädagogik

      Keiner der pädagogischen Trends ist von philosophischen Annahmen losgelöst, weil dem Wesen der Bildung die Suche nach Antworten auf eine grundlegende Frage entspringt: Was ist der Mensch? Gerald Gutek (2003, S. 15) zeigt die Abhängigkeit der spezifischen Bildungsansätze von den philosophischen Annahmen über die Natur des Universums, die menschliche Existenz, die Gesellschaft, das gute Leben. Traditionell werden die Wurzeln der europäischen Bildungs tradition in der antiken Philosophie gesehen, aber immer häufiger erscheint die Hypothese, dass die moderne Welt viel von der Integration der östlichen Philosophie und Mystik mit den kulturellen Quellen der westlichen Zivilisation und Errungenschaften der modernen Wissenschaft gewinnt, einen neuen Bereich der kulturellen Transformation und den Bau einer neuen Vision der Welt schaffend.

      Überzeugt davon war auch C.G. Jung (1989, S. 77), der darauf hinweist, dass die westliche Philosophie und Psychologie aufgrund ihres geographischen und geschichtlichen Hintergrundes nur einen Teil des menschlichen Geistes darstellt. Daher sollte das Zurückgreifen auf die östliche Philosophie als ein wichtiger Schritt zum Aufbau einer gemeinsamen Wissensbasis für alle Menschen der Welt werden. Der bekannte polnische Philosoph Leszek Kolakowski (2006,