dieser Arbeit folgt den Forschungsschritten der Szenario-Technik. Deshalb sollen im Folgenden dessen Grundlagen und Einsatz in der Forschung und das Forschungsmodell mit den zugehörigen Schritten vorgestellt werden.
2.1.1 Definition, Grundlagen und Einsatz der Szenario-Technik
Das Ziel der Szenario-Technik ist es, Szenarien zu erstellen. Die Autoren Gausemeier und Plass definieren ein Szenario als „Zukunftsbild, das auf einer in sich schlüssigen Kombination von denkbaren Entwicklungen (Projektionen) einzelner Einflussfaktoren beruht“ (Gausemeier und Plass 2014, 41).
Demzufolge stellt ein Szenario eine mögliche Situation in der Zukunft dar, die sich aus der Analyse von verschiedenen Einflussfaktoren, deren möglichen Entwicklungen und den verschiedenen Zusammensetzungen dieser Faktoren ergibt. Mit der Anwendung der Szenario-Technik wird nicht nur eine sondern verschiedene mögliche Entwicklungen der Einflussfaktoren berücksichtigt (Gausemeier und Plass 2014, 41). Die Szenario-Technik zielt nicht darauf ab, feste Aussagen über die Zukunft zu treffen. Es geht bei der Anwendung vielmehr darum, mögliche Entwicklungen aufzudecken und dabei Chancen und Gefahren für einen festgelegten Gestaltungsbereich zu erkennen (Cornish 2005, 94).
Gausemeier und Plass (2014, 45) stellen zwei Grundannahmen für die Forschung in der Szenario-Technik auf:
Zum einen basiert die Forschung auf der Annahme, dass die Zukunft nicht nur von einem Einflussfaktor abhängig ist, sondern, dass ein Gegenstand von dem komplexen Netz verschiedener Einflussfaktoren beeinflusst wird. Die daraus resultierende Notwendigkeit in der Szenario-Technik ist das vernetzte Denken. Die Tatsache, dass ein Unternehmen nicht losgelöst von seiner Umwelt betrachtet werden kann, zeigt die Abhängigkeit von äußeren Einflüssen. Ein Unternehmen stellt ein Teilsystem in einem komplexen Gesamtsystem dar. Diese Komplexität entsteht durch vielfältige Angebote, Technologien und Ansprüche sowie durch eine stetig steigende Dynamik bei Veränderungsprozessen. Komplexität kann nur durch vernetztes Denken erfasst werden.
Als zweite Grundannahme stellen die beiden Autoren die multiple Zukunft heraus. Bei der Entwicklung von Szenarien handelt es sich um mögliche Entwicklungen. Diese Annahme impliziert, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, wie sich die Zukunft entwickeln kann. Das Grundprinzip der multiplen Zukunft führt dazu, dass nicht nur erkennbare Entwicklungen fortgeschrieben werden, sondern, dass auch undenkbare Möglichkeiten gefunden und Grenzen überschritten werden (Gausemeier und Plass 2014, 45–46).
Folgende Formulierung in Anlehnung an die Autoren Gausemeier und Plass (2014, 46) soll als Grundlage für das Verständnis eines Szenarios in der vorliegenden Arbeit gelten:
Ein Szenario ist die Darstellung einer möglichen Situation in der Zukunft. Diese basiert auf einem komplexen Netz aus verschiedenen Einflussfaktoren, die von Bedeutung für den Untersuchungsgegenstand sind. Laut dem vorgestellten Prinzip der multiplen Zukunft sind verschiedene Entwicklungen denkbar. Deshalb kann die Szenario-Technik durch einen Trichter symbolisiert werden (Gausemeier und Plass 2014, 46).
Hinter dieser Darstellung steht die Idee, dass die Zukunft sich von dem heutigen Standpunkt aus trichterförmig ausbreitet. Das bedeutet, je weiter ein Ereignis in der Zukunft liegt, desto größer wird die Bandbreite der möglichen Entwicklungen für die Zukunft. „Somit entsteht ein Raum möglicher zukünftiger Entwicklungen und nicht nur eine einzige mögliche Zukunft.“ (Gaßner und Kosow 2008, 11). Abbildung 1 macht deutlich, dass die Szenario-Technik die Annahme verfolgt, dass mehrere alternative Zukünfte nebeneinander existieren und die Technik dazu dient, den Trichter für diese möglichen Entwicklungen aufzuzeigen (Gaßner und Kosow 2008, 11).
Abbildung 1: Szenario-Trichter Quelle: Gausemeier und Plass (2014, 46).
Szenarien werden in unterschiedlichen Bereichen und zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt. Ihnen werden dabei von Gaßner und Kosow (2008, 14–16) unterschiedliche Funktionen zugeschrieben. Zunächst weisen sie Szenarien eine Wissensfunktion zu, da sie das Wissen über gegenwärtige Verhältnisse, Entwicklungen und Zustände sammeln und systematisieren. In ihnen werden Annahmen zu möglichen Entwicklungen gemacht, wofür zunächst Wechselwirkungen und mögliche Auswirkungen analysiert werden. Dadurch decken sie auch Wissensgrenzen, Komplexität und Dilemmata auf. Weiter schreiben die Autoren Szenarien eine Kommunikationsfunktion zu. Szenarien können in diesem Rahmen dazu genutzt werden, Probleme und Handlungsmöglichkeiten zu kommunizieren. Mit der Zielbildungsfunktion stellen die Autoren dar, dass Szenarien dabei unterstützen können, eine Positionierung oder Unternehmensziele deutlich zu machen. Zudem wird ihnen durch die Autoren die Funktion der Entscheidungsfindung und Strategiebildung zugeschrieben (Gaßner und Kosow 2008, 14–16).
In der Praxis vieler Unternehmen sollen Szenarien dabei helfen, Entscheidungen zu treffen oder Handlungsempfehlungen aufzustellen. Dies stellt die zuletzt vorgestellte Funktion zur Entscheidungsfindung durch Szenarien dar. Unternehmen können die Szenario-Technik im Bereich des strategischen Managements nutzen, um Kundenbedürfnisse früh zu erkennen oder sogar vorauszusehen. Diese Fähigkeit ist notwendig für ein erfolgreiches Marketing. Dafür sind eine Auseinandersetzung mit der Zukunft und die Erstellung von Prognosen unabdingbar. Anhand von verschiedenen Szenarien, die dadurch entstehen, können Herausforderungen und Potenziale erkannt werden, die in einen strategischen zukunftsgerichteten Entscheidungsprozess mit einfließen sollten (Schögel und Sulser 2007, 345).
Die Szenario-Technik wird angewandt, um Erfolgspotenziale oder Gefahren zu erkennen und sich auf mögliche zukünftige Entwicklungen einstellen zu können. Sie bezieht sich immer auf einen bestimmten Gegenstand, der von Gausemeier und Plass (2014, 47) als Gestaltungsfeld bezeichnet wird. Das Gestaltungsfeld wird in Hinblick auf mögliche Entwicklungen in einem Betrachtungsbereich untersucht. Dieser Betrachtungsbereich wird als Szenariofeld bezeichnet und stellt den Untersuchungsgegenstand dar (Gausemeier und Plass 2014, 47).
Bei dem Einsatz von Szenarien ist zu beachten, dass sie nicht den Anspruch haben, ein realitätsgetreues Bild der Zukunft zu erstellen. Sie fokussieren sich auf festgelegte Faktoren und Ausschnitte einer Situation. Dabei kann es nicht gelingen, ein ganzheitliches Bild der Zukunft zu projizieren. Szenarien streben an, eine Orientierung hinsichtlich ausgewählter Faktoren und deren möglichen Entwicklungen zu geben. Dabei werden bewusst Faktoren ein- oder ausgeschlossen, um bestimmte Faktoren in dem Untersuchungsfeld in den Mittelpunkt zu stellen (Gaßner und Kosow 2008, 10). So wird auch in diesem Buch kein Wahrheitsanspruch bezüglich der entstehenden Szenarien gehegt. Dem Buch liegt das Wissen zugrunde, dass Szenarien, wie Gaßner und Kosow (2008, 10) betonen, lediglich einen Ausschnitt der Realität widerspiegeln, dass sie abhängig von der subjektiven Konstruktionsarbeit des Forschers sind, und dass ihnen Annahmen zugrunde liegen.
2.1.2 Das Modell der Szenario-Technik
Die Szenario-Technik beschreibt ein Modell, welches aus aufeinander aufbauenden Forschungsschritten besteht. In der Literatur wurden durch verschiedene Autoren Modelle entwickelt, welche jedoch alle dem gleichen Ablauf folgen. Schögel und Sulser (2007, 356) stellen ein Modell vor, welches aus einer Vorbereitungsphase und drei Forschungsphasen besteht. Dieses Modell ähnelt den Fünf-Phasen-Modellen, die von dem Institut für Zukunftsforschung und Technologiebewertung (IZT) durch die Autoren Gaßner und Kosow (2008) und durch Gausemeier und Plass (2014) vorgestellt werden. Die Ähnlichkeit der Modelle verstärkt deren wissenschaftliche Glaubwürdigkeit und legitimiert die Anwendung der Modelle. Im Folgenden wird das Modell nach Gausemeier und Plass vorgestellt, da dieses detaillierte und klar formulierte Forschungsschritte aufweist und somit als besonders transparent eingestuft wird.
Fünf-Phasen-Modell nach Gausemeier