Wilfried Huchzermeyer

Das Yoga-Lexikon


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ureigene Eigenschaft des höchsten Selbstes, dessen unendliches Bewusstsein die Grund­lage des begrenzten men­sch­­lichen ist.

      Siehe auch Purusha, Cit.

      Bhadrapadā f Name des sechsten Monats im Hindu-Kalender (August/September).

      Bhadrāsana n segensreiche Haltung, Bezeichnung für eine Sitzpositon; Schmetterling.

      bhadra – gut, schön, glückverheißend; āsana – Haltung.

      Bhaga m gutes Glück, Wohlergehen; Würde, Glanz; Liebe.

      Name eines Āditya, einer vedischen Sonnengottheit, die Wohl­stand schenkt und Liebe und Ehe schützt.

      Bhagavadgītā [dt. Bhagavadgita, Bha­gavad Gita] f Gesang des Herrn, Gesang des Erhabenen. Die bekannteste aller indischen heiligen Schriften, erscheint als Episode in dem Epos Mahā­bhārata (6.23-40) und umfasst 18 Kapitel mit insgesamt 701 Versen.

      Die Gītā, wie der Text oft auch kurz genannt wird, gibt einen Dialog zwischen Krishna und Arjuna wie­der, kurz bevor eine große Schlacht zwischen zwei verfeindeten Familien beginnt, deren Problematik eine tiefe Krise in Arjuna auslöst. In langen Vorträgen ermutigt Krishna Arjuna, um des Dhar­ma willen für eine gerechte Sache zu kämpfen, und erläutert dann, teils ohne Bezug auf die ursprüngliche Thematik, ausführlich verschiedene Yoga-Wege, vor allem den dreifachen Pfad von Kar­ma-, Jñāna- und Bhakti-Yoga, d.h. den Yoga der Werke, der Erkenntnis und Liebe. Diese werden als Einheit gesehen und verschmelzen zu einer Synthese, aber dennoch wird von Kommentatoren gern der eine oder andere Aspekt, z.B. Bhakti, als besonders bedeutsam hervorgehoben.

      Ein Höhepunkt in der Gītā ist im 11. Kapitel Arjunas Vision von Vishnu-Krishna als Allgott, in dessen Leib die ganze Welt mit ihren Göttern und Wesen vereinigt ist. Diese Erfahrung ist so überwältigend wie „das Licht von tausend Sonnen“ und Arjuna kann sie kaum ertragen.

      In ihrem philosophischen Weltbild integriert die Gītā eine Reihe von Grundgedanken der traditionellen vedischen Philosophie. Neben Āt­man und Brahman be­gegnen wir auch einem „Puru­shottama“, der als höchstes göttliches Wesen den Lauf der Welt letztlich lenkt.

      Einige der meistzitierten Verse aus der Gītā sind die folgenden: „Du hast ein Recht auf Werke, nicht jedoch auf deren Früchte.“ „Aus dem Yoga heraus tue deine Werke, ohne Anhaftung.“ „Wer mich überall sieht und alles in Mir, dem gehe ich nicht verloren, noch geht er mir verloren.“

      Viele bekannte indische Yogīs haben ihren Schülern die Lektüre der Gītā empfohlen. Auch bei einigen westlichen Dichtern und Denkern fand der Text Anklang, und er wurde in zahllosen Übersetzungen veröffentlicht.

      bhagavadgītā ist ein Kompositum aus bhagavat, der Erhabene, Göttliche, und gītā, Gesang. Aufgrund einer Lautregel wird bhagavat zu bhagavad.

      Siehe auch Mahābhārata.

      Bhagavān s.u. Bhagavat.

      Bhagavat adj und m der Erhabene, Göttliche, Selige. Von bhaga-vat: derjenige, der „bhaga“ hat, d.h. Würde, Schönheit, Wohlergehen, Majestät. Das Wort ist in dieser Form der Stamm, der Nominativ ist bhagavān. Letzteres wird manchmal Namen von großen Yogīs als Ehrentitel vorangestellt.

      Bhāgavata-Purāna [purāṇa] n Name eines heiligen Textes, der auch Shrī­mad­­bhaga­vatam genannt wird. Es ist das Purāna der Anhänger des Herrn (Bhā­gavata), der Vishnuiten, für die Bhakti oder Gottesliebe das prägende Element ihres spirituellen Weges ist.

      Der Text entstand wahrscheinlich im 10. Jh. und hatte einen großen Einfluss auf das religiöse Leben in Indien. 18 000 Verse von großer sprachlicher Schönheit beschreiben die Inkarnationen Vishnus auf Erden. Das zehnte von zwölf Büchern widmet sich ausführlich der Schilderung der vielfältigen Begegnungen von Krishna und den Gopīs, den Hirtenmädchen von Vrindāvan, die ihn voller Liebe verehren, aber auch den Schmerz vorübergehender Trennung erfahren.

      Bhagīratha m legendärer König von Ayodhyā, dessen intensive Askeseübungen zum Herabfluss des Ganges führten.

      Bhāgīrathī f der Fluss Ganges, benannt nach Bhagīratha.

      Bhairavāsana n die Bhairava-Haltung.

      bhairava – Name Shivas, wörtl. der Furchteinflößende; āsana – Haltung.

      Bhajan (Hindī), Bhajana (Sans­krit) n Anbetung Gottes (in der Regel Krishnas) ver­bun­den mit Gesang und Musik, wobei zumeist Trommeln und Zimbeln verwendet werden. Stark verankert in der indischen Tradition, sind die Bha­­jans für die Beteiligten oft ein tiefes emotionales Erlebnis.

      Bhajan, Yogi siehe Yogi Bhajan.

      Bhakta m Anbeter Gottes, jemand der Bhakti übt.

      Bhakti f Liebe, Verehrung, Anbetung; bezieht sich insbesondere auf tiefe Gottesliebe, wie sie von den Vishnuiten praktiziert wurde. Zum Teil werden verschiedene Formen und Intensitäten der Bhakti unterschieden, wie etwa Guru-Bhakti, die Liebe und Hingabe zum spirituellen Lehrer und Meister, oder Para-Bhakti, die höchste Liebe zu Gott, in der nichts außer Ihm existiert. Die Bhagavadgītā ebenso wie das Bhā­gavata-Purāna sind wichtige Quellentexte für ein Studium der vielfältigen Bedeutung und Praxis von Bhakti. Siehe auch Bhakti-Yoga.

      Bhaktivedanta Swami, Shrila Prabhupada [bhaktivedānta svāmī, śrīla prabhupāda] Gründer der ISCON, International Society for Krishna Consciousness, initiierte in den 1960er Jahren eine Renaissance des Vishnuismus besonders in Amerika und Europa.

      Shrila Prabhupada (1896-1977) kam 1965 in die USA und fand dort innerhalb kurzer Zeit viele Anhänger. Bald darauf zogen auch in Europa junge Menschen in indischer Kleidung durch die Städte und chan­teten das Hare-Krishna-Man­tra.

      Shrila Prabhupada gründete 100 Zentren und schrieb 60 Bücher, in denen er die vishnuitischen Sanskrit-Texte in Wort-für-Wort-Über­setzung und mit ausführlichen Kommentaren zugänglich machte, insbesondere das Bhāgavatapurā­na in einer Ausgabe von 15 Bänden. Er lehrte eine sehr intensive Form von Bhakti-Yoga.

      Bhakti-Yoga m der Yo­ga der Liebe und Hingabe. In der Bhagavadgītā Teil des dreifachen Weges der Werke, der Erkenntnis und Liebe. Das gesamte 12. Kapitel ist dem Bhakti-Yoga gewidmet und bezeichnet den Anbeter, der seine Gedanken beständig und voller Glauben auf Krishna richtet, als heraus­ra­genden Yogī.

      Das Bhāgavata-Purāna 3.29.14 be­­schreibt den weit fortgeschrittenen Bhak­ti-Yoga eines Anbeters, der sogar dem Wunsch entsagt, in Vishnus göttliche Welt einzugehen, da es sein einziges Verlangen ist, als Gottes Werkzeug nach seinem Willen zu wirken.

      In der Praxis sind Bhajan und Kīrtan wirksame Mittel der Inspiration, welche helfen, den Bhakti-Yoga innerlich auch in den Alltag hineinzutragen, indem alle Werke mit Liebe getan werden.

      Siehe auch Bhakti, Bhāva, Cai­tanya.

      Bharadvājāsana n die Bharad­vāja-Haltung.

      bharadvāja – Name eines vedischen Weisen; āsana – Haltung.

      Bharata m Name eines Königs und Heiligen im alten Indien. Seine Nachkommen hießen Bhā­­ratas, wonach das Epos Ma­hā­bhārata benannt wurde, und ebenso auch Indien, das heute den Namen Bhārata (Sanskrit) oder Bhārat (Hindī) trägt.

      „Bharata“ ist auch der Name eines Halbbruders von Rāma.

      Bharata-Nātyam n [bharata­­nāṭ­yam, Skrt.], Bharat-Nātya [Hin­­dī] „Bharatas Tanz“, einer der klassischen indischen Tanzstile, dessen Regeln von dem indischen Dramaturgen Bharata entwickelt wurden.

      Ursprünglich in Südindien ein Tempeltanz, der von Devadāsīs aufgeführt wurde, wird er in der Gegenwart in der Regel als Solotanz präsentiert. Man unterscheidet zwischen Nritta, dem rein rhythmischen Tanz, bei dem die Bewegungen dem Rhythmus und Rāga der Musik folgen, sowie dem Nritya, bei dem durch Körper­haltung und Mimik die Texte eines Liedes interpretiert werden, dessen Motive der Religion und Mythologie entnommen sind.

      Siehe auch Tanz.

      Bharata-Nātyashāstra, Bhāra­tī­ya-Nātyashāstra