Tantra und Hatha-Yoga bedeutet Bindu oft „Samen“, dessen Verlust es zu vermeiden gilt durch Stabilisierung von Geist und Lebenskraft oder auch durch bestimmte Mudrās.
„Bindu“ hat in diesem Zusammenhang noch einen tieferen esoterischen Aspekt und bezeichnet feinstoffliche Essenzen im psychophysischen System. So wird von einem männlichen „weißen“ und einem weiblichen „roten“ Bindu gesprochen, die in der Kopfregion bzw. im Schoß lokalisiert sind und deren Vereinigung nur sehr schwer zu verwirklichen sei, dann aber zur höchsten Befreiung führe, wie es in der Goraksha-Paddhati heißt.
In der Hatha-Pradīpikā wird ausgeführt, dass die Vereinigung der beiden Bindus in der Vergöttlichung des Körpers resultiere.
Bodhi m der heilige Feigenbaum, Weisheitsbaum (siehe Ashvattha). Im Buddhismus steht der Begriff bodhi für das Erwachen, die Erkenntnis.
Bodhisattva m einer, dessen Wesen (sattva) Erkenntnis (bodhi) ist. Im Buddhismus ein Mensch, der nur noch eine Stufe (d.h. eine Geburt) vom Status eines höchsten Buddha und der Erlangung des Nirvāna entfernt ist.
Brahmā m der Schöpfergott, vereint mit Vishnu und Shiva in der bekannten Trinität des Hinduismus, in der er jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielt und bildlich nie im Zentrum dargestellt wurde. Auch gibt es gegenwärtig in Indien nur noch zwei Tempel, die ihm direkt gewidmet sind.
Einer Legende nach wurde er aus einem goldenen Ei geboren und schuf dann die Erde. Nach einem anderen, späteren Mythos ging er aus einem Lotus hervor, der Vishnus Nabel entspross.
Brahmā wird meist mit vier Gesichtern und Armen abgebildet, welche die vier Veden oder vier Yugas, Zeitalter, symbolisieren können. Sein Traggefährt ist Hamsa, die Wildgans.
Nicht zu verwechseln mit Brahman (Neutrum).
Brahmacārī m jemand, der Brahmacarya übt bzw. sich in diesem Lebensstadium befindet.
Brahmacari, Dhirendra ein indischer Yogī (1924-1994), der als Ratgeber und Vertrauter Indira Gandhis bekannt wurde. In den Jahren 1982-83 leitete er eine TV-Sendung mit populärem Yoga-Pogramm im staatlichen indischen Fernsehen.
Nach Indira Gandhis Ermordung im Jahr 1994 verlor er jedoch an Bedeutung und wurde aufgrund von verschiedenen geschäftlichen Aktivitäten zunehmend zu einer umstrittenen Persönlichkeit. Dhirendra Brahmacari starb 1994 beim Absturz seines Privatflugzeugs.
Brahmacarya n wörtl. das Wandeln (carya) im Brahman; bedeutet Enthaltsamkeit, Keuschheit, Ehelosigkeit, und ist im Rāja-Yoga eine der fünf ethischen Leitlinien der ersten Stufe (Yama).
Zweck der Enthaltsamkeit ist es, kostbare feinstoffliche Energien, die hinter der sexuellen Kraft stehen, für spirituelle Zwecke zu sublimieren und damit auch eine höhere Form der Freude, Ānanda, zu ermöglichen. Die diesbezüglichen strikten Anweisungen in einigen heiligen Schriften waren zumeist für Mönche, Einsiedler oder Menschen bestimmt, die sehr intensiv Yoga übten.
Der Begriff Brahmacarya wird zum Teil, insbesondere von westlichen Yoga-Lehrenden, allgemeiner und liberaler interpretiert, etwa als „reiner Lebenswandel“, als bewusster und verantwortungsvoller Umgang mit den eigenen Energien, die nicht wahllos zur Erfüllung der Wünsche verbraucht werden sollten.
Diese innere Einstellung könne letztlich auch zu einer vertieften Partnerschaft führen. Tatsächlich haben viele bekannte indische Yogīs der Neuzeit nicht zölibatär, sondern in Ehe gelebt.
Brahmacārya steht ebenfalls für die erste von vier Lebensstufen oder Āshramas. Es ist die Zeit der Schülerschaft, wo weltliches und religiöses Wissen aufgenommen und die erste Grundlage für ein späteres spirituelles Leben gelegt wird.
Brahmacaryāsana n die Enthaltsamkeitshaltung.
brahmacarya – Enthaltsamkeit; āsana – Haltung.
Brahmadvāra n der „Eingang (dvāra) zum Absoluten“, liegt an der Basis der Wirbelsäule und ist Ausgangspunkt des feinstofflichen Kanals Sushumnā. Dieser Eingang ist zunächst blockiert und kann durch die Techniken des Hatha-Yoga geöffnet werden. Er wird auch Brahma-Granthi (s.u.) genannt.
Brahma-Granthi m der „brahmische Knoten“. Der unterste Granthi im menschlichen Körper, der den Fluss des Prāna, der Lebenskraft, in der Sushumnā, dem zentralen feinstofflichen Energiekanal, blockiert.
Brahmaloka m die himmlische Wohnstätte Brahmās, eine Region jenseits der Wiedergeburt, auch Satyaloka genannt.
Siehe auch Loka.
Brahmamuhūrta m „die Stunde Brahmans“. Die Zeit der Morgendämmerung, wenn nach der Lehre der Yogīs die Zeit für die Meditation am günstigsten ist.
Es wird die Zeit von 3-4 oder auch 3-6 Uhr genannt.
Brahman n abgeleitet von der Wurzel bṛh, wachsen, sich weiten, bedeutet Brahman im Vedānta das Weite, Unendliche, Absolute. Es ist das höchste Wesen, das über und hinter allen Dingen steht, auch den Göttern; der universelle Geist, zugleich Ursache des Weltalls und alles erfüllend.
Im Veda bedeutet Brahman jedoch das heilige, inspirierte Wort, Mantra.
Die Mundaka-Upanishad II.1.2 erklärt zum unendlichen Brahman: „Selbstleuchtend ist jenes Wesen und formlos. Er wohnt in allem und außerhalb von allem, er ist ungeboren, rein, größer als das Größte, ohne Atem und Denken.“
Ein bekannter Erkenntnisspruch der Chāndogya-Upanishad (II. 14.1) lautet: sarvam khalvidam brahma – „wahrlich, alles ist Brahman“: Diese ganze Schöpfung mit ihren unzähligen Manifestationen und ihrem endlosen Werden ist das höchste göttliche Wesen. Es ist „das Eine ohne ein Zweites“, ekam advitīyam, aber nur schwer können Worte es überhaupt erfassen oder beschreiben, weshalb die Seher bisweilen nur wiederholen, neti, neti: es ist nicht dies, nicht jenes, es ist unsagbar und unfassbar.
Brāhmana (1) [brāhmaṇa] n alte vedische Texte, die eine Anleitung zum praktischen Gebrauch der Verse und Sprüche in den Samhitās enthalten, zudem auch viele weitere Erklärungen und Erläuterungen zu rituellen Opfern etc.
Brāhmana (2) [brāhmaṇa] m ein Brahmane, Veda-Gelehrter; Angehöriger des Standes der Priester und Gelehrten.
Brahmana (3) oft in Verbindung mit Langhana genannt in der Bedeutung stärkend, kräftigend, Einatmung. Siehe Brimhana.
Brahmanādī f der Kanal (nāḍī) zum Brahman; ein feinstofflicher Kanal in dem Energiekanal Sushumnā, worin die Kundalinī, die verborgene Schlangenkraft, aufsteigt.
Brahmanaspati [brahmaṇaspati] m der Herr und Schöpfer des göttlichen Wortes (Brahman); ein Name Brihaspatis.
Brahmānda [brahmāṇḍa] n das Ei Brahmās, aus dem alles geworden ist, die Welt, das Universum.
Brahmāndapurāna [brahmāṇḍapurāṇa] n eines der 18 Purānas, enthält einen Bericht über das Brahmānda und die künftigen Weltzeitalter, Kalpas.
Brahmane siehe Brāhmana (2).
Brahmanirvāna [nirvāṇa] n das völlige Aufgehen und Erlöschen im Brahman. Eine transzendente Realisation, die der Teilhabe am Irdischen ein Ende setzt.
Brahmapurāna, Brāhmapurāna [brahmapurāṇa] n eines der 18 Purānas, auch Ādipurāna genannt. Es wurde von Brahmā dem Daksha offenbart und enthält viele vishnuitische Elemente der Krishna-Verehrung.
Brahmaputra m der Sohn (putra) eines Brahmanen; ein Sohn Brahmās (wie z.B. Sanatkumāra). Name eines Flusses, der in Tibet entspringt und in das bengalische Meer mündet.
Brahmarandhra n und m eine feinstoffliche Öffnung (randhra) zum Brahman: der Scheitelpunkt des Kopfes, durch den das Bewusstsein im Verlaufe bestimmter Yoga-Praktiken zu höheren Ebenen aufsteigen kann.
Siehe auch Kundalinī.
Brahmarshi [brahmarṣi] m ein großer Seher oder Weiser. Ein Rishi, der fest im Brahman ruht.
Brahmasākshātkāra [brahmasākṣātkāra] m die direkte Offenbarung