(z. B. Rauchangriffen) hingewiesen sei. Stahl ist eben – wie alle unedlen Metalle – erst künstlich erschmolzen und dadurch aus seinem chemischen Gleichgewicht im Erz herausgerissen worden, dem es nun durch Sauerstoffaufnahme (Rosten) unaufhaltsam wieder zustrebt. Holz dagegen befindet sich mit seiner Umwelt normalerweise im chemischen Gleichgewicht. …
Der neue Stahlbau übernahm sehr bald den Fachwerkträgerbau, entwickelte ihn zielbewusst weiter, schuf planmäßig konstruktive Neuerungen. So gelang es ihm außerordentlich rasch, den sich kaum rührenden Holzbau fast völlig zum Erliegen zu bringen. Diese Abwärtsentwicklung wurde aber auch durch den Umstand begünstigt, dass mit wachsender Verkehrsdichte auch die Brückenbelastungen und damit die Stabkräfte immer mehr zunahmen, so dass ihnen die seinerzeit noch üblichen zimmermannsmäßigen Bauformen technisch nicht mehr gewachsen waren. …
Aber auch der vorübergehend entstandene Verlust an technischem und künstlerischem Wissen und Können in der rechten Behandlung und Konstruktion des Werkstoffes Holz sei hier erwähnt. Weil diese Kenntnisse nicht mehr gepflegt wurden, gerieten sie teilweise in Vergessenheit. Der Tiefstand war um die letzte Jahrhundertwende erreicht (Anm.: Gemeint ist hier 1899/1900). Holzbaumeister von Format gab es überhaupt nicht mehr.
Abb. 1.7 Knoten einer Landungsbrücke am Hudson River, Howe’scher Träger
(Quelle: Stefan Winter).
Einen neuen Aufschwung des Holzbaus brachte die Entwicklung vom handwerklichen zum Ingenieurholzbau durch neue Verbindungsmittel, die Erfindung der Holzleimbauweise, erste Fertighausfabriken oder neue Konstruktionsweisen. Sie ist stark von Deutschen gefördert worden. Es sollen die Namen Stephan, Tuscherer, Kübler, Christoph & Unmack, Cabröl, Greim, Zollinger, Hetzer und Meltzer ehrend genannt werden.
Mit der wissenschaftlichen Forschung ab der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts sind die Namen u. a. von Stoy, Graf, Fonrobert, Seidel, Gaber, Trysna, Egner, Sinn, Sahlberg, Kolb und Möhler eng verknüpft.
Die eigentliche Entwicklung des modernen Holzbaus setzt jedoch als Nagelbau, Dübelbau und Leimbau etwa gleichzeitig bereits um 1930 ein.
Von einem Ingenieurnagelbau kann man sprechen, seit dem Stoy mit seinen Versuchen über die Tragfähigkeit der Nägel (1928) die ersten amtlichen Angaben (1933) und endlich die Anerkennung des Nagels als tragendes Verbindungsmittel in [1.7] erreichte.
Vom Dübelbau kann gesprochen werden, seitdem Otto Graf 1930 die ersten Ergebnisse seiner Biegeversuche an verdübelten Holzbalken veröffentlichte und durch Runderlass des Reichsarbeitsministers vom 03.03.1939 bestimmt wurde, dass alle Dübelverbindungen an der Materialprüfungsanstalt Stuttgart nach einheitlichen Gesichtspunkten überprüft werden.
Obwohl das erste Patent zum Holzleimbau von Otto Hetzer aus dem Jahre 1906 stammt, kann von einem Ingenieurleimbau erst gesprochen werden, seitdem mit den u. a. von der BASF um 1930 entwickelten wasser- und schimmelfesten Kunststoffleimen wetterfeste Bauausführungen möglich wurden und durch die Einführung der Stoßausbildung der Lamellen als Schäftung 1943 und schließlich Keilzinkung 1959 eine praktisch endlose Fertigung der Lamellen für Brettschichtholz möglich wurde.
Bis in die Nachkriegsjahre hinein spielte der Holznagelbau eine überragende Rolle für die Massenfertigung von Brettbindern, Dachtragwerken, Dreigelenkhallenrahmen und anderem. Er wurde teilweise ergänzt durch den Dübelbau. In Reinform existieren beide Bauweisen heute nur noch sehr selten. Die Nagelbauweise wird manchmal noch in Form von Brettbindern, z. B. im landwirtschaftlichen Eigenbau, verwendet. Sie wurde durch die Nagelplattenbauweise abgelöst, die für Dachträger aller Bauformen (Dreiecksbinder, Pultdachbinder, parallelgurtige Binder) und für Zwei- oder Dreigelenkrahmen als sogenannte „Studiobinder“ im Fertigbau eingesetzt wird.
Die großen Ingenieurbauwerke wie Industriehallen, Überdachungen oder Sporthallen werden heute fast ausschließlich aus Brettschichtholz oder Furnierschichtholz errichtet.
Im Zusammenhang mit der Bemessung stabförmiger Verbindungsmittel muss der Däne K.W. Johansen besonders erwähnt werden, dessen Theorie zu den unterschiedlichen Tragmechanismen dieser Verbindungsmittel bis heute Gültigkeit besitzt und in der internationalen Normung zur Bemessung verwendet wird.
Aus heutiger Sicht können zur wissenschaftlichen Weiterentwicklung seit etwa den 1970er-Jahren insbesondere folgende Namen mit ihren Arbeitsschwerpunkten genannt werden:
Natterer (Brettstapelbauweise, weit gespannte Tragwerke), Ehlbeck (Holzleimbau, Verbindungen) Brüninghoff (Holzleimbau, Nagelplatten), Radovic (Klebstoffe, Holzwerkstoffe), Buchanan (Erdbeben, Brandschutz), Larsen (Holzleimbau, Normung), Blaß (Schraubenverbindungen), Kreuzinger (Mechanik, Schubanalogie) sowie Scheer und Meyer-Ottens (Brandschutz).
Die Entwicklung des modernen Ingenieurholzbaus wurde zusätzlich von Praktikern beeinflusst. Hier sind z. B. die Unternehmer und Erfinder Karl Moser (Brettsperrholz) und Hermann Blumer (Ingenieurbauwerke) zu nennen. Eine besondere Erwähnung gebührt einem Maschinenbauer und seinem Unternehmen.
Hans Hundegger begann zu Beginn der 1980er-Jahre die Entwicklung von vollautomatischen Abbundmaschinen. Inzwischen wurden über 5000 Maschinen in 42 Länder geliefert. Die moderne computergestützte Fertigung hat die Entwicklung des Holzbaus besonders unterstützt und führt heute zu einer nie dagewesenen Präzision, die anderen Baustoffen in den bauüblichen Abmessungen deutlich überlegen ist. Darüber hinaus wird dadurch die Herstellung dreidimensionaler, zimmermannsmäßiger Verbindungen kostengünstig ermöglicht.
In den Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Holzbau zunächst sehr stark und fast ausschließlich auf die Errichtung von Haus- und Hallendächern reduziert. Lediglich der Holztafelbau, wie er zum Beispiel von der Fertighausindustrie verwendet wurde und wird, bildete in Mitteleuropa, den nordischen Ländern und Nordamerika eine Ausnahme. Seine Anwendung blieb jedoch bis zur letzten Jahrtausendwende meist auf ein- oder zweigeschossige Ein- und Zweifamilienhäuser beschränkt.
Erst heute scheint es so, dass der Holzbau aus vielerlei Gründen eine neue Blütezeit erlebt. Getrieben durch die Nachhaltigkeitsdiskussion, Klimaschutzziele und eine allgemeine, holzbaufreundliche Grundstimmung der Gesellschaft kann das 21. Jahrhundert ein neues Jahrhundert des Holzbaus werden.
Denn es gibt eine Vielzahl von Vorteilen: Haltbarkeit und Lebensdauer von Holzbauten sind bei fachgerechter konstruktiver Ausbildung groß und mit anderen Baustoffen vergleichbar. Jahrhundertealte Brücken- und Dachkonstruktionen zeugen davon. Um- und Anbauten sind ohne Schwierigkeiten ausführbar. Die Unterhaltungskosten von Holz sind gering, die modernen Verbindungsmittel erlauben jeden Zusammenschluss fach- und materialgerecht auszubilden. Die Bearbeitung konnte früher schon in handwerklicher Ausführung leicht und präzise erfolgen. Heutige computergestützte Planungs- und Bearbeitungsmethoden heben den Vorteil der leichten Bearbeitbarkeit des Holzes und seine hohe Maßgenauigkeit hervor.
Grundvoraussetzung für guten und präzisen Holzbau war und ist die Beschränkung der Feuchteschwankungen im Holz. Schon immer hat es sich bewährt, trockenes Holz zu verwenden, also Holz mit einer Holzfeuchte von unter 20 %. Die in Deutschland in den Nachkriegsjahren aus Preisgründen und mangelnden Trocknungskapazitäten weitverbreitete Unsitte, nahezu saftfrisches Holz einzuschneiden und direkt weiter zu verbauen, wurde inzwischen durch die ausreichenden Kapazitäten zur technischen Trocknung von Vollholz, insbesondere repräsentiert durch das Produkt „Konstruktionsvollholz“ , und durch die verschiedenen geklebten Produkte vom Brettschichtholz über das Brettsperrholz bis hin zu Holzwerkstoffen wie Furnierschichtholz wieder überwunden. Mit den trockenen Holzbaustoffen werden heute hoch präzise und großformatige Elemente hergestellt, die aufgrund der geringen Maßänderungen auch bei Temperaturschwankungen die industrielle Vorfertigung von Holzbauwerken besonders unterstützen.