Andreas Kagermeier

Tourismus in Wirtschaft, Gesellschaft, Raum und Umwelt


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Regressionsanalyse berechnet wird (genau z. B. bei KAGERMEIER 2006).

      Für die Darstellung wird häufig das sog. Importance GridImportance Grid gewählt. Bei diesem werden die Bezüge zwischen expliziter und impliziter Wichtigkeit für die einzelnen Items in vier Quadranten dargestellt (vgl. Abb. 28). Für die Analyse werden die Ergebnisse für die einzelnen Items in die Quadranten eingetragen. Dabei bilden die beiden Mittelwerte aller Itemmittelwerte meist die Achsenschnittpunkte.

      Abb. 28:

      Importance Grid (Quelle: eigener Entwurf nach MATZLER 2000, S. 301)

      Eine beispielhafte Darstellung findet sich in Abbildung 29. Die dargestellten Werte stammen aus einer Erhebung in einer industriekulturtouristischen Einrichtung (Zeche Zollern in Dortmund). Festzuhalten ist an diesem Fallbeispiel, dass zum einen keine klaren Begeisterungsfaktoren identifiziert werden konnten. Die Leistungsfaktoren werden stark von der Art der museumsdidaktischen Aufbereitung („Architektur“, „übersichtliche Anordnung der Objekte“, „stimmige Atmosphäre“ und „in Vergangenheit zurückversetzen“) geprägt.

      Nicht weiter eingegangen werden soll an dieser Stelle auf den nächsten Analyseschritt, der in einer ähnlichen Darstellungsweise wie das Importance Grid die beiden Wertebereiche für die Zufriedenheit und die explizite Wichtigkeit darstellt und als „HandlungsrelevanzmatrixHandlungsrelevanzmatrix“ bezeichnet wird. Niedrige Zufriedenheiten und hohe Wichtigkeiten signalisieren bei dieser Darstellungsform die Aspekte mit hohem Handlungsbedarf (vgl. Abb. 107 in Kap. 6.4).

      Abb. 29:

      Beispiel für das Ergebnis eines Importance Grid (Quelle: KAGERMEIER 2006, S. 301)

      Neben den ausführlich dargestellten multiattributiven Verfahren zur Messung von Kundenzufriedenheit existieren eine Reihe weiterer Verfahren. Diese sind überblicksartig in Abbildung 30 wiedergegeben. Dabei wird grundsätzlich unterschieden zwischen den sog. „objektiven Messansätzenobjektive Messansätze, bei denen aus „Expertensicht“ – und damit vermeintlich objektiv – versucht wird, die Servicequalität zu erfassen. Neben strukturierten Beobachtungen kommt dabei oftmals auch das „Silent Shopping“ oder „Mystery Guest“ genannte Verfahren zum Einsatz. Bei diesem durchläuft ein Testbesucher den gesamten Kundenpfad und dokumentiert strukturiert Stärken und Schwächen an den einzelnen Kundenkontaktpunkten. Dieses Verfahren kommt auch bei Qualitätsmanagementansätzen zu Einsatz. So wird es (ab Stufe II) bei der Initiative „ServiceQualität Deutschland“ des Deutschen Tourismusverband (DTV 2015) eingesetzt, bei der im Zuge der Zertifizierung von touristischen Angeboten die dortige Servicequalität gemessen wird (vgl. Abb. 91 in Kap 6.2). Das in Deutschland eingesetzte Verfahren lehnt sich stark an das früher entwickelte „Qualitätsgütesiegel für den Schweizer Tourismus“ an, das vom „Schweizer Tourismusverband“ (STV/FST 2015) getragen wird.

      Hinsichtlich der Zahl der unterschiedlichen Verfahren und auch der Verbreitung bei der Analyse von Kundenzufriedenheit dominieren eindeutig die sog. „subjektiven Messansätzesubjektive Messansätze“. Diese setzen beim Kunden und dessen subjektiver Sichtweise an. Der hier ausführlicher behandelte und bei weitem am weitesten verbreitete Ansatz entspricht in der Systematik den „multiattributiven Modellen“ multiattributive Modelle in der Rubrik „merkmalsorientierte Verfahren“ der „subjektiven Messansätze“. Weitere subjektive Messansätze sind insbesondere die „ereignisorientierten Verfahren“,ereignisorientierte Verfahren bei denen der Fokus nicht auf einzelnen Eigenschaften (Items) der Servicequalität liegt, sondern im Wesentlichen dem Kundenpfad, d. h. den einzelnen Kontaktpunkten folgt. Dabei werden neben quantitativen Verfahren wie der (stark an den multiattributiven Modellen angelehnte, aber eben am Kundenpfad orientierten) „sequentiellen Ereignismethode“ oftmals qualitative Verfahren wie „Story Telling“ oder auch die „Critical Incident Technique“ eingesetzt. Bei diesen werden entweder frei die Erfahrungen sequentiell berichtet oder es wird gezielt auch nach Problemen und Schwachstellen gefragt. Ähnlich gehen die „problemorientierten Verfahren“ problemorientiere Verfahren vor, bei denen meist die Beschwerdeanalyse (sei es eingegangene Beschwerden oder auch aktiv abgerufene potentielle Beschwerdeanlässe) eingesetzt wird (genauer bei KAGERMEIER 2006).

      Abb. 30:

      Kundenorientierte Ansätze zur Messung von Zufriedenheit (Quelle: eigener Entwurf nach KAISER 2002, S. 106)

      Die Ansätze zur Erfassung der Kundenzufriedenheit sind insgesamt dadurch gekennzeichnet, dass diese nicht einfach oder direkt zu messen ist. Daher versuchen alle Ansätze, sich dem Konstrukt „Kundenzufriedenheit“ indirekt zu nähern. Insgesamt gesehen hat die Kundenzufriedenheitsforschung im Tourismus in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen, da sie eine zentrale Grundvoraussetzung für darauf aufbauende QualitätsmanagementansätzeQualitätsmanagement darstellt. Vor dem Hintergrund der steigenden und sich permanent verändernden Bedürfnisse der Reisenden sowie angesichts sich akzentuierender Wettbewerbskonstellationen wird deren Bedeutung sicherlich auch künftig noch zunehmen. Bis Ende des 20. Jahrhunderts kamen dabei vor allem multiattributive Modelle zum Einsatz. Da diese aber bezüglich der Möglichkeiten zur Erfassung der Detailliertheit und Differenziertheit von Kundenerfahrungen klare Grenzen aufweisen und oftmals nur stark generalisierte Befunde liefern, zeichnet sich inzwischen ab, dass künftig neben den sog. objektiven Messansätzen auch stärker ereignisorientierte und problemorientierte Verfahren zum Einsatz kommen werden, auch wenn diese oftmals zu keinen so klar standardisierten und quantifizierbaren Befunden führen.

       Zusammenfassung

       In diesem Kapitel wurde zunächst die quantitative Entwicklung der touristischen Nachfrage vorgestellt und die dafür relevanten Hintergrunddimensionen angesprochen.

       Gleichzeitig sollte ein Verständnis dafür geweckt werden, dass sich die touristische Nachfrage kontinuierlich ausdifferenziert und komplexer wird. Damit besteht für die Anbieterseite die Herausforderung darin, die Kundenwünsche nicht nur zu erfassen, sondern auch entsprechende Trends frühzeitig zu antizipieren.

       Entsprechend der Relevanz der Erfassung von Kundenzufriedenheit wurde im dritten Abschnitt des Kapitels auf Ansätze zur Messung von Kundenzufriedenheit eingegangen. Diese wurde als sozialpsychologisches Konstrukt eingeführt und exemplarisch die multiattributiven Ansätze zur Messung von Kundenzufriedenheit beim Subjekt des Kunden genauer besprochen.

       Weiterführende Lesetipps

      KAISER, Marc-Oliver (2002): Erfolgsfaktor Kundenzufriedenheit. Dimensionen und Messmöglichkeiten. Berlin

       Eine umfassende Einführung in die unterschiedlichen Konzepte und Ansätze zur Erfassung und Messung der Kundenzufriedenheit.

      Wichtige Datenquellen für grundlegende quantitative Angaben zur touristischen Nachfrage:

      FUR (= Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen): Reiseanalyse. Kiel

      Jährlich erscheinende Publikation mit Basisinformationen zur Struktur und Entwicklung des deutschen Urlaubsreisemarktes auf der Basis einer als repräsentativ geltenden Befragung bei der deutschen Wohnbevölkerung. Wichtigste Quelle für länger zurückreichende Zeitreihen zur touristischen Nachfrage. Erhebung zu Jahresbeginn retrospektiv für das zurückliegende Jahr. Erscheint im Herbst mit den Daten für das zurückliegende Jahr. Vorstellung erster Ergebnisse im März auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin (ITB) bzw. auf anderen Tourismusbörsen. www.fur.de

      UNWTO (United Nations World Tourism Organization): Yearbook of Tourism Statistics. Madrid

      Jahrbuch mit Angaben zu Einreisen und Übernachtungen weltweit und differenziert nach jedem Land. www.unwto.org

      Statistisches Bundesamt: Tourismus. Wiesbaden