Bernhard Kempen

Völkerrecht


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des Vertrages durch alle Vertragsparteien fehlen wird. Eine rechtlich unverbindliche Resolution der Generalversammlung erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

      Der IGH hat mehrmals die FRD zur Rechtserkenntnis herangezogen. Im Nicaragua-Fall (ICJ Rep. 1986, 14, Abs. 188, 191, 193, 202, 264; Nicaragua v. USA) hat der IGH sie zum Nachweis der opinio iuris für den Inhalt des universellen Gewaltverbots und des Interventionsverbots im Völkergewohnheitsrecht bemüht. Im Urteil Kongo v. Uganda (ICJ Rep. 2006, 168, Abs. 162, 300) hat der IGH einzelne in der FRD aufgeführte Grundsätze (bzw. Teile derselben) als deklaratorischen Ausdruck von Völkergewohnheitsrecht bezeichnet. In diesen Anwendungsmaßgaben spiegelt sich die Tatsache, dass gerade die FRD in der Praxis des Völkerrechts oftmals wie ein rechtlich allgemein verbindlicher Normtext angewendet wird. Eine nähere Begründung für dieses Vorgehen ist der IGH bisher allerdings schuldig geblieben bzw. lässt sich aus einzelnen Argumentationsfragmenten kaum erschließen. Letztlich wird man davon auszugehen haben, dass der FRD, soweit ihr Regelungsbereich betroffen ist, die tatsächliche Vermutung zugrunde liegt, geltendes Völkergewohnheitsrecht inhaltlich zutreffend wiederzugeben. Diese Vermutung steht allerdings der Widerlegung offen. Unter welchen Voraussetzungen im Hinblick auf den Abstimmungsmodus und die Mehrheitsverhältnisse sowie die inhaltliche Gestaltung der Resolution diese Vermutungsregel eingreift, ist aber nach wie vor ungeklärt.

      G Inhaltsverzeichnis

       Gebietserwerb, staatlicher

       Gebietshoheit

       Gegenmaßnahmen (Repressalien)

       Generalversammlung

       Gewaltverbot, universelles

       Gleichheitsprinzip

       Globale Staatengemeinschaftsräume

      G › Gebietserwerb, staatlicher (Marten Breuer)

       I. Allgemeines

       II. Gebietserwerbstitel

       1.Okkupation

       2.Zession

       3.Ersitzung

       4.Adjudikation

       5.Naturereignisse

       III. Nicht anerkannte Erwerbstitel

       1.Annexion

       2.Kontiguität

      Lit.:

      R. Lesaffer, Argument from Roman Law in Current International Law: Occupation and Acquisitive Prescription, EJIL 16 (2005), 25; A. Proelss/T. Müller, The Legal Regime of the Arctic Ocean, ZaöRV 68 (2008), 651.

      Das Territorium ist nach der Jellinekʼschen Drei-Elemente-Lehre (→ Staat) eine der drei Grundvoraussetzungen für Staatlichkeit überhaupt. Zudem markiert das Territorium denjenigen Raum, innerhalb dessen ein Staat zum Setzen von Hoheitsakten grds. befugt ist. Fragen des Erwerbs oder Verlusts von → Staatsgebiet sind daher völkerrechtlich von zentraler Bedeutung. Entsprechend zivilrechtlichen Grundsätzen ist zwischen originärem und derivativem Gebietserwerb zu unterscheiden. Der originäre Gebietserwerb betrifft die Erlangung territorialer → Souveränität hinsichtlich eines bislang herrenlosen Gebiets (terra nullius). Derartige Fälle kommen heutzutage allerdings nur noch ausgesprochen selten vor. Im Vordergrund steht daher heute der derivative, d. h. von einem vorherigen Souverän abgeleitete Gebietserwerb.

      Insgesamt kennt das Völkerrecht die folgenden Erwerbstatbestände:

      Bei der Okkupation erfolgt der Gebietserwerb durch die Inbesitznahme eines nicht zum Territorium eines anderen Staates gehörenden Landgebiets mit Aneignungswillen. Die Okkupation ist damit ein Fall originären Gebietserwerbs. Das anzueignende Gebiet muss herrenlos sein, d. h. es war bislang entweder unbekannt oder aber ist vom bisherigen Souverän aufgegeben worden (sog. Dereliktion). Eine Okkupation ist nur möglich hinsichtlich eines Landgebiets; der über einer Landmasse befindliche Luftraum, die dem Land vorgelagerten Küstengewässer sowie der Kontinentalschelf können nicht gesondert okkupiert werden, sondern folgen in ihrer Zuordnung dem jeweiligen Landgebiet. Teilweise ist vertreten worden, die Okkupation des Küstenstreifens erfasse automatisch auch das angrenzende Hinterland, allgemein durchgesetzt hat sich diese sog. Hinterland-Doktrin jedoch nicht. Einem Okkupationsverbot unterliegen staatsfreie Räume (res communis omnium), also die → Hohe See (Art. 89 SRÜ; Sart. II, Nr. 350) sowie der Weltraum einschließlich dortiger Himmelskörper (Art. II des Weltraumvertrags von 1967; Sart. II, Nr. 395) ( → Weltraumrecht); zu den Polargebieten s. III. 2.

      In objektiver Hinsicht verlangt die Okkupation die tatsächliche Ausübung von Hoheitsgewalt über ein bestimmtes Gebiet. Die Okkupation folgt damit dem → Effektivitätsprinzip. Die daran zu stellenden Anforderungen sind im Laufe der Jahrhunderte gestiegen. Zwar führte die bloße Entdeckung auch im 16. Jh. nicht als solche zum Gebietserwerb, ausreichend waren aber Akte eher symbolischer Art wie das Hissen einer Flagge oder das Verlesen einer Erklärung. Im Zeitalter des Kolonialismus führten hingegen konkurrierende Gebietsansprüche der Kolonialmächte dazu, dass die Anforderungen an die effektive Inbesitznahme stiegen. Dies kommt etwa